Der neue Lehrplan setzt auf Kompetenzen

Der neue Lehrplan setzt auf Kompetenzen

Per Schul­jahr 2019/2020 soll der neue Lehrplan für Reli­gion­sun­ter­richt und Kat­e­ch­ese «LeRU­Ka» im Aar­gau in Kraft treten. Struk­turell ori­en­tiert er sich am Lehrplan 21 der Volkss­chule. Dies hat auch tak­tis­che Gründe.Das Doku­ment «Ori­en­tierung Reli­gion» hat aus­ge­di­ent. Spätestens in zwei Jahren wan­dert es ins Archiv. Im August wurde den Kan­to­nen ein neuer Lehrplan zur Ein­führung übergeben. Ab dem Schul­jahr 2019/2020 wird es für den katholis­chen Reli­gion­sun­ter­richt nur noch einen Lehrplan geben. Sein Name: «Kon­fes­sioneller Reli­gion­sun­ter­richt und Kat­e­ch­ese. Lehrplan für die Katholis­che Kirche in der Deutschschweiz.» Erar­beit­et wurde er vom Net­zw­erk Kat­e­ch­ese im Auf­trag der Deutschschweiz­erischen Ordi­nar­ienkon­ferenz. Das Pro­jekt unter dem Namen «LeRU­Ka» (Lehrplan Reli­gion­sun­ter­richt und Kat­e­ch­ese) endete mit der Fer­tig­stel­lung des Lehrplans und dessen Ein­set­zung durch die Bis­chöfe. Zuständig für die Ein­führung sind die kan­tonalen Fach­stellen in Absprache mit dem jew­eili­gen Bis­tum.

Mammutaufgabe für die Steuerungsgruppe

Moni Egger ist Lei­t­erin der Fach­stelle Katechese–Medien der Aar­gauer Lan­deskirche. Sie arbeit­et in der Steuerungs­gruppe mit, die den neuen Lehrplan LeRU­Ka im Aar­gau ein­führen soll. Der Zeit­plan sieht vor, dass der LeRU­Ka im Kan­ton in zwei Jahren, aufs Schul­jahr 2019/2020 hin, in Kraft tritt. Vorher wartet noch viel Arbeit auf Moni Egger, das Fach­stel­len­team und die Kat­e­chetis­che Kom­mis­sion. In den kom­menden zwei Jahren wer­den sie Gemein­delei­t­ende, Pas­toral­raum­leitun­gen und Schul­be­hör­den informieren, Weit­er­bil­dun­gen für Kat­e­chetinnen organ­isieren und an allen möglichen Ver­anstal­tun­gen den Mehrw­ert des neuen Lehrplans erk­lären. Die Mam­mu­tauf­gabe sei nötig und lohne sich, ist Moni Egger überzeugt. Erstens müsse ein Lehrplan sowieso alle zehn bis fün­fzehn Jahre über­ar­beit­et wer­den — der bish­erige «Ori­en­tierung Reli­gion» stammt aus dem Jahr 2002. Und zweit­ens bringe der LeRU­Ka eine zen­trale Neuerung: Der neue Reli­gions-Lehrplan enthält so genan­nte «Kom­pe­ten­zen», welche die Schüler erwer­ben sollen.

Kirche muss ihr Angebot positionieren

Mit der Kom­pe­ten­zori­en­tierung übern­immt der LeRU­Ka die Struk­tur des «Lehrplan 21», der für die Volkss­chule beschlossen und in Umset­zung begrif­f­en ist. «Das erle­ichtert die Kom­mu­nika­tion und trägt zur Klärung in Zusam­me­nar­beit mit der Schule bei.», sagt Moni Egger. Auch David Wake­field, Aus­bild­ner an der Fach­stelle für Reli­gion­späd­a­gogik des Kan­tons Zürich und LeRU­Ka-Pro­jek­tleit­er, betont im Inter­view mit kath.ch: «Die Kon­ferenz Net­zw­erk Kat­e­ch­ese wollte einen Lehrplan, der kom­pat­i­bel ist mit dem Lehrplan 21.» Damit sei ein­er­seits die Zusam­me­nar­beit mit dem staatlichen Ange­bot möglich, ander­er­seits könne sich das kirch­liche Ange­bot durch einen zeit­gemässen Lehrplan im Schul­be­trieb pro­fil­ieren. Damit gibt der Pro­jek­tleit­er zu ver­ste­hen, dass der LeRU­Ka dur­chaus tak­tis­che Funk­tion erfüllt. Mit dem Lehrplan 21 kommt näm­lich das Fach «Ethik, Reli­gion, Gemein­schaft», das nicht an eine Kon­fes­sion gebun­den und für alle Schüler oblig­a­torisch ist. Das bringt den kon­fes­sionellen Reli­gion­sun­ter­richt an der Volkss­chule zusät­zlich unter Druck. David Wake­field for­mulierte es gegenüber kath.ch so: «Das hat die Frage aufge­wor­fen, wie sich die Kirche mit ihren Ange­boten – dem kon­fes­sionellen Reli­gion­sun­ter­richt und der Kat­e­ch­ese – posi­tion­iert.»

Zwei verschiedene Lernorte

Die Antwort soll nun der LeRU­Ka geben. Zunächst hält er aber fest, dass in der Schweiz grosse Unein­heitlichkeit beste­ht: «Zu den reli­gion­späd­a­gogis­chen Entwick­lun­gen in der Deutschschweiz gehört auch die Tat­sache, dass die Tren­nung der Ler­norte Schule und Pfar­rei konzep­tionell nie deut­lich vol­l­zo­gen wurde.» Und weit­er unten: «In den meis­ten Kan­to­nen find­et keine ide­al­typ­is­che Aufteilung von kon­fes­sionellem Reli­gion­sun­ter­richt und Kat­e­ch­ese auf die Ler­norte Schule und Pfar­rei statt. In eini­gen Kan­to­nen sind die Übergänge fliessend, in anderen Kan­to­nen find­en kirch­lich ver­ant­wortete Ange­bote fast auss­chliesslich in der Schule, beziehungsweise Pfar­rei statt.»

LeRUKa strebt eine Klärung an

Der LeRU­KA strebt hier eine Klärung an: «So wie eine Pro­fil­ierung des kon­fes­sionellen Reli­gion­sun­ter­richts im Hin­blick auf den beken­nt­nisun­ab­hängi­gen Reli­gion­sun­ter­richt nötig ist, so gilt es, auch kat­e­chetis­che Gefässe von denen des kon­fes­sionellen Reli­gion­sun­ter­richts zu unter­schei­den. Find­en kat­e­chetis­che Ange­bote an der Schule statt, so müssen diese als solche ken­ntlich gemacht und in ihrer Frei­willigkeit betont wer­den. Zudem soll­ten kat­e­chetis­che Ange­bote nicht die Chan­cen ver­tun, die sich durch zeitliche, örtliche, inhaltliche und per­son­elle Flex­i­bil­ität jen­seits der Schule ergeben.» Der neue Lehrplan dif­feren­ziert genau zwis­chen den Ler­norten Schule und Pfar­rei sowie zwis­chen kon­fes­sionellem Unter­richt und Kat­e­ch­ese. Kon­fes­sioneller Reli­gion­sun­ter­richt am Ler­nort Schule wird als Wis­sens­fach ver­standen, dessen Ziel die Religiöse Bil­dung ist. Die Kat­e­ch­ese hinge­gen nen­nt als Ziele Begleitung und Beheimatung und soll den Kindern ermöglichen, ihren Glauben zu erleben und zu leben.

Ziel ist die Bewusstmachung

Falls Kat­e­ch­ese, also Glaubensver­mit­tlung, am Ler­nort Schule stat­tfinde, müsse dies klar deklar­i­ert wer­den, find­et die The­olo­gin Dorothee Fis­ch­er. Sie ist als Seel­sorg­erin im Pas­toral­raum Region Brugg-Windisch tätig und prä­si­diert die Kat­e­chetis­che Kom­mis­sion als Kirchen­rätin der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche im Aar­gau. Damit arbeit­et sie an der Ein­führung des LeRU­Ka mit. Ziel des neuen Lehrplans sei aber nicht die Vere­in­heitlichung der Ler­norte, son­dern die Bewusst­machung. Denn Dorothee Fis­ch­er weiss, dass die Prax­is inner­halb der Schweiz – und eben auch im Kan­ton Aar­gau – extrem vielfältig ist.

Strikte Trennung ergibt keinen Sinn

Jean­nette Näf aus Wölflinswil, Kat­e­chetin und eben­falls Mit­glied in der Kat­e­chetis­chen Kom­mis­sion, hat in der Prax­is erfahren, dass es nicht immer ein­fach ist, Wis­sensver­mit­tlung und Kat­e­ch­ese räum­lich zu tren­nen. Mit ihren Schü­lerin­nen und Schülern arbeit­et sie momen­tan zum The­ma Erntedank. Das anschliessende Feiern des Gottes­di­en­stes gehört klar zur Kat­e­ch­ese, ein­ge­laden sind aber auch kon­fes­sion­slose Kinder, die zum Teil auch den Reli­gion­sun­ter­richt besuchen und den Gottes­di­enst mit vor­bere­it­en. Eine strik­te Tren­nung von Wis­sensver­mit­tlung und Kat­e­ch­ese nach Ler­norten find­et Clau­dia Rüegseg­ger, Aus­bil­dungslei­t­erin bei der Fach­stelle Katechese–Medien, nicht in jedem Fall sin­nvoll. Jedoch ver­lange das der neue Lehrplan auch nicht zwin­gend. Der LeRU­Ka helfe aber dabei, sich neu bewusst zu wer­den, welche Inhalte man den Kindern an welchem Ort ver­mit­tle, find­et die Kat­e­chetin. Im Aar­gau, wo die Zusam­me­nar­beit zwis­chen Schulen und Lan­deskirche so geregelt ist, dass die Reli­gion­slehrper­son gemäss kirch­lichem Lehrplan über den Unter­richtsin­halt bes­timmt, kön­nen ihrer Ansicht nach auch kat­e­chetis­che Ele­mente am Ler­nort Schule ver­mit­telt wer­den.

Überdenken statt über den Haufen werfen

Die grösste Her­aus­forderung bei der Ein­führung des neuen Lehrplans sieht Jean­nette Näf darin, die Unter­rich­t­en­den an der Basis für die Idee zu begeis­tern. Denn die geforderte Dif­feren­zierung zwis­chen den Ler­norten und die klarere Pro­fil­ierung von kon­fes­sionellem Unter­richt und Kat­e­ch­ese kön­nen eine Neuor­gan­i­sa­tion des Unter­richts nötig machen. «Das gibt Arbeit, lohnt sich aber.», find­et Jean­nette Näf. Auch Dorothee Fis­ch­er sagt: «Die Unter­rich­t­en­den wer­den sich neu bewusst wer­den müssen „Was tue ich? Und wo ist dafür der geeignete Ort?“». Ähn­lich klingt es auch bei Moni Egger: «Es gibt sich­er Orte, wo man für den neuen Lehrplan nicht viel umstellen muss. Jedoch wäre die Ein­führung des LeRU­Ka eine gute Gele­gen­heit, Altherge­bracht­es ein­mal zu über­denken.»

Zwei Jahre Zeit zum Kennenlernen

Falls jemand sich der Anwen­dung des neuen Lehrplans wider­set­zt, sind Argu­mente gefragt. Kon­trollen und Diszi­pli­n­ar­möglichkeit­en gibt es nicht. Die kom­menden zwei Jahre wer­den mit Infover­anstal­tun­gen und Weit­er­bil­dun­gen beim Umstellen helfen. Und die Pla­nung­shil­fe wird eben­falls auf den Aar­gau angepasst, so dass die tra­di­tionellen Schw­er­punk­t­the­men beibehal­ten wer­den kön­nen. Sollte den­noch jemand Schwierigkeit­en mit dem LeRU­Ka bekun­den, werde man sich­er nach­fra­gen und das Gespräch suchen, sagen die befragten Mit­glieder der Steuerungs­gruppe übere­in­stim­mend. Den Lehrplan find­en Sie hier.Hier eine Über­sicht über den Ein­führung­sprozess, wie er im Moment für den Aar­gau geplant ist.    
Marie-Christine Andres Schürch
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