Kleine Feier mit grosser Wirkung

Kleine Feier mit grosser Wirkung

Ein­mal im Monat ver­schwinden im Gemein­de­gottes­di­enst in Möh­lin kleine Kinder. Schwup­ps, sind sie fort! Aus der Kirche hin­aus­geschlüpft lan­den sie in ein­er anderen Welt, ein­er Welt voller Geschicht­en und Bilder, Musik und Farbe. «Son­ntags­fen­ster» heisst die Feier für Kinder von null bis fünf Jahren.Nach der all­ge­meinen Begrüs­sung und einem Lied begleit­en Min­is­tran­ten die Kinder in ein­er kleinen Prozes­sion zu einem sep­a­rat­en Raum, wo sie unter Anleitung ein­er ehre­namtlichen Müt­ter­crew ihre eigene Feier erleben — ori­en­tiert am Son­ntag­se­van­geli­um. Nach dem Kom­mu­nion­gang holen die Min­is die Kinder zurück. Das «Fen­ster» in Gottes wun­der­same Welt schliesst sich wieder und die Kleinen feiern den Abschluss des Gottes­di­en­stes gemein­sam mit den Erwach­se­nen. Bunte Mis­chun­gen Das Son­ntags­fen­ster in Möh­lin ist eines von vie­len Ange­boten für kleine Kinder im Kirchenaar­gau. Ein Blick über die Aar­gauer Pfar­reien zeigt eine bunte Mis­chung aus «Krabbel­gottes­di­en­sten», «Chin­der­fi­ire» oder «Fiire mit de Chli­ine», die mal son­ntags, mal unter der Woche, in Kirchen, im Wald oder in Pfar­reizen­tren gefeiert wer­den. «Es gibt viele wun­der­bare Ange­bote und es steck­en viele Men­schen dahin­ter, die sich mit Herzblut ein­set­zen», sagt Car­o­line Küng. Die Reli­gion­späd­a­gogin leit­et zusam­men mit ihrem Mann die Frick­taler Pfar­rei Wit­tnau und engagiert sich seit vie­len Jahren für die Kleinkinder­feiern. «Auch für ganz kleine Kinder ist es schön, gemein­sam zu sin­gen und zu beten und zu erfahren, dass eine grössere Kraft existiert und wir Men­schen nicht allein sind.» Eine Leben­shil­fe soll der Glaube den Kindern sein. Dabei geht es nicht darum, nur in Krisen­si­t­u­a­tio­nen zu beten, son­dern rund ums Jahr zusam­men zu sein, zu staunen und zu danken – ein­fach das Leben in all seinen Facetten zu feiern. 

Reformierte Unter­stützung Weil bei der reformierten Lan­deskirche die Kleinkinder­feiern ein Teil des reli­gion­späd­a­gogis­chen Konzepts sind, gibt es auf reformiert­er Seite ein gutes Ange­bot an Beratung und Bil­dung. Jut­ta Bossard führt die Pro­jek­t­stelle PH1 / KiK (Kinder in der Kirche) im Auf­trag der reformierten Lan­deskirche. Zu ihren Haup­tauf­gaben gehören Kur­sange­bote und Ideen­börsen für frei­willige Mitar­bei­t­ende im Bere­ich Kinder im Vorschu­lal­ter mit ihren Bezugsper­so­n­en. Gut ein Drit­tel der Teil­nehmer in ihren Kursen ist jew­eils katholisch. Ein Blick in die Pfar­reien zeigt, dass etwa drei Vier­tel aller Grup­pen im Aar­gau das Ange­bot für die Kle­in­sten öku­menisch gestal­ten. Die Katho­liken stützen sich auf die Struk­turen der reformierten Mitchris­ten, denn auf katholis­ch­er Seite liegt die Ver­ant­wor­tung im Vorschul­bere­ich bei den einzel­nen Pfar­reien. Ob also Kleinkinder­feiern ange­boten wer­den, ist abhängig vom Inter­esse und Engage­ment der Seel­sor­gen­den vor Ort. Die Fam­i­lien­pas­toral ist inner­halb der katholis­chen Kirche im Aar­gau nicht durch eine Per­son beset­zt. Bei konkreten Gele­gen­heit­en arbeit­en die Fach­stelle Kat­e­ch­ese-Medi­en und andere Stellen mit den Reformierten auch im Vorschul­bere­ich zusam­men und sind dankbar, dass die reformierte Kirche das Ange­bot «Fiire mit de Chline» für katholis­che Inter­essierte offen hält. 

Keine Kon­trol­linstanz, son­dern Begleitung Car­o­line Küng gibt Kurse für Frauen – nur sel­ten ist ein Mann dabei — die in der Kinder­l­i­turgie mit­gestal­ten und sieht immer wieder, mit wie viel Elan und Ideen die Men­schen an der Basis arbeit­en. Im Gespräch mit Kursteil­nehmerin­nen erlebt sie aber auch oft, dass diese Frauen­grup­pen wenig bis gar nicht getra­gen wer­den von den Seel­sor­geteams oder Kirchge­mein­den, dass sie wenig Wertschätzung und finanzielle Unter­stützung erfahren und dass diese Arbeit und das Feiern mit den Kle­in­sten nicht gross gewichtet wer­den. Car­o­line Küng ist überzeugt: «Es ist ganz wichtig, dass diese Teams von Seit­en der Pfar­rei begleit­et wer­den, ger­ade auch in der Vor­bere­itung. Pfar­rer oder Pas­toralas­sis­tentin­nen sollen dabei keine Kon­trol­linstanzen sein, son­dern Impulse geben und die Verbindung der Kleinkinder­feiern zum son­sti­gen Pfar­reileben schaf­fen.» Fra­gen stellen Jut­ta Bossard gestal­tet sel­ber auch Kleinkinder­feiern mit und ist seit 16 Jahren Hauptver­ant­wortliche für das öku­menis­che Ange­bot der «Chin­der­chile» in Erlins­bach. Die öku­menis­che Zusam­me­nar­beit funk­tion­iere an der Basis sehr gut, sagt sie. Und das Miteinan­der von katholisch und reformiert im Vorschul­bere­ich sei auch ein Gewinn: «Den Fam­i­lien mit einem katholis­chen und einem reformierten Eltern­teil fällt es so leichter, eine Kleinkinder­feier zu besuchen.» Für manche Eltern ist der Besuch ein­er solchen Feier der erste Schritt auf dem Weg zurück zur Kirche. Auch Car­o­line Küng hat diese Erfahrung gemacht: «Oft ist der Aus­lös­er für den Gottes­di­en­st­be­such, dass ein Kind im Alter von drei, vier Jahren begin­nt Fra­gen zu stellen.» Für Jut­ta Bossard sind Eltern, Grossel­tern oder Pat­en wichtiger Bestandteil der Kleinkinder­feiern. «Es ist uns wichtig, auch die Erwach­se­nen zu stärken und ihnen – etwa mit einem Lied­blatt, einem Gebet, einem Segen – Anre­gun­gen für den Umgang mit religiösen The­men auch zu Hause zu geben.» Auf­bauende Wirkung Die Feiern für die Kle­in­sten dauern meis­tens etwa eine halbe Stunde, fes­ter Bestandteil ist eine Geschichte, meist basteln oder zeich­nen die Kinder etwas zum The­ma. Jut­ta Bossard plädiert dafür, dass eine Kleinkinder­feier grundle­gend die gle­ichen litur­gis­chen Bausteine aufweist wie ein Gottes­di­enst für Erwach­sene. «Besuchen die Kinder später einen Gottes­di­enst, gibt ihnen die bekan­nte Struk­tur Sicher­heit und Halt.» Die 60-jährige zweifache Mut­ter und Gross­mut­ter weiss, wie wichtig das Feiern mit den Kle­in­sten ist: «In diesen Feiern wird der Samen für eine tragfähige Beziehung zu Gott und der Kirche gelegt.» Kleinkinder­feiern haben im besten Sinne auf­bauende Wirkung. Oder, wie Jut­ta Bossard auf einem Fly­er for­muliert: «Das Fiire mit de Chli­ine ist ein Gewinn für Kinder, Eltern und Kirchge­mein­den.» So erlebt Car­o­line Küng, selb­st vier­fache Mut­ter, dass es immer wieder Müt­ter gibt, die sich, nach­dem die Kinder aus dem Kleinkin­dal­ter her­aus­gewach­sen sind, in ein­er anderen kirch­lichen Gruppe ein­set­zen, zum Beispiel im Frauen­bund oder im Pfar­reirat. Ver­bun­den­heit Car­o­line Küng find­et in ihren Kursen neben der Wis­sensver­mit­tlung vor allem den Aus­tausch wichtig. «In den Kursen erk­läre ich, wie eine Kleinkinder­feier aufge­baut sein kann, welche Lieder und Geschicht­en geeignet sind.» Wertvoll für die Teil­nehmerin­nen ist der Aus­tausch mit den anderen. Wo und wann feiert ihr? Wie kön­nen und dür­fen wir Wer­bung für unsere Feier machen? Wie find­et ihr Leute, die bere­it sind, sich zu engagieren? Car­o­line Küng freut sich darüber, dass es immer wieder junge Frauen gibt, die den Kindern ihren Glauben weit­ergeben wollen. Und es tut gut zu sehen, dass die Botschaft bei den Kleinen ankommt: «Es ist eine Freude, mitzuer­leben, dass zusam­men mit den Kle­in­sten im Gebet grosse Ver­bun­den­heit mit Gott und den Men­schen erfahrbar wird.»Marie-Chris­tine Andres         
Redaktion Lichtblick
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