Der Sami­ch­laus gibt der Lie­be Got­tes ein Gesicht

  • Am ver­gan­ge­nen Sams­tag, 4. Novem­ber, tra­fen sich Sami­ch­läu­se und Schmutz­li aus der gan­zen Schweiz zur Sami­ch­laus-Syn­ode in Wislikofen.
  • Unter dem Mot­to «Der Mann hin­ter dem Bart» tausch­ten sich die frei­wil­lig Enga­gier­ten aus zu Fra­gen rund um das Samichlausbrauchtum.
  • Der Tag bot auch die Gele­gen­heit zu erken­nen, was den Mann hin­ter dem Bart ausmacht.

Bepackt mit Kisten, Kof­fern und Klei­der­bü­geln betra­ten 40 Män­ner und eini­ge Frau­en am frü­hen Sams­tag­mor­gen die Prop­stei in Wis­li­kofen. Aus den Gepäck­stücken zogen sie fei­ne Unter­ge­wän­der, Gür­tel und Män­tel, wickel­ten Bär­te aus und stri­chen sie glatt, schraub­ten Hir­ten­stä­be zusam­men. Punkt 10 Uhr war die Ver­wand­lung abge­schlos­sen: 29 Sami­ch­läu­se in vol­lem Ornat, mit Bischofs­stab und per­fekt fri­sier­tem Bart tra­ten auf den Vor­platz der Kirche.

Der Mann hin­ter dem Bart ist stolz, ein Sami­ch­laus oder Schmutz­li zu sein, und er übt sei­ne Auf­ga­be mit gros­ser Ernst­haf­tig­keit aus.

Einen Monat bevor sie als Sami­ch­läu­se, Schmutz­li oder Schmin­ke­rin zum Ein­satz kom­men, tra­fen sich Frei­wil­li­ge aus Sami­ch­laus­ver­ei­nen der gan­zen Schweiz zum Aus­tausch und zur Wei­ter­bil­dung in der Prop­stei Wis­li­kofen. Auch Sami­ch­läu­se aus Deutsch­land, Bel­gi­en und Hol­land waren extra für die Sami­ch­laus-Syn­ode angereist.

«Heu­te sind wir Bischöfe»

Nach­dem die Sami­ch­läu­se in der Kir­che Platz genom­men hat­ten, liess Bischofs­vi­kar Valen­ti­ne Kole­doye sei­nen Blick über die Bank­rei­hen wan­dern und sag­te: «Eine Syn­ode ist ein Tref­fen von Bischö­fen. Und nach einer kur­zen Pau­se füg­te er an: «Heu­te sind wir Bischö­fe. Ich erklä­re die fünf­te Sami­ch­laus-Syn­ode für eröff­net.» Clau­dia Men­nen, Lei­te­rin der Fach­stel­le Bil­dung und Prop­stei, wand­te sich an die Sami­ch­läu­se: «Ihr gebt dem Sami­ch­laus Ohren, ihr gebt ihm Augen, Mund und Hän­de.» Sie wür­dig­te das frei­wil­li­ge Enga­ge­ment der Chläu­se, Schmutz­li und der Hel­fe­rin­nen im Hin­ter­grund zugun­sten der Kin­der, Fami­li­en und des Brauch­tums. [esf_wordpressimage id=46929 width=half float=left][/esf_wordpressimage]

Der Mann hin­ter dem Bart gibt der Lie­be Got­tes ein Gesicht.

Der Chlaus schimpft nicht 

Wie­der in Zivil­klei­dung tra­fen sich die Syn­oden­teil­neh­men­den nach der Fei­er in ver­schie­de­nen Ate­liers, um eini­ge The­men zu ver­tie­fen. Eines der Ate­liers lei­te­te Hans Peter Rust. Er gilt in der Schweiz und dar­über hin­aus als Exper­te in Sachen Niko­laus­brauch­tum und ist Autor meh­re­rer Bücher zum The­ma. Rust erör­ter­te mit sei­nen Ate­lier­teil­neh­mern die Fra­ge, wie Sami­ch­laus­ver­ei­ne ihre Bekannt­heit und den Stel­len­wert ihres Brauch­tums stei­gern kön­nen. Die Dis­kus­si­on zeigte:

Niko­laus von Myra

Niko­laus von Myra wur­de um 260 – 270 in Pata­ra, Lyki­en / Byzanz im ost­rö­mi­schen Reich gebo­ren. Den heu­ti­gen Staat Tür­kei gab es damals noch nicht. Niko­laus war Bischof in Myra. Er kämpf­te gegen das Hei­den­tum. Heu­te gilt er als Erret­ter aus allen Not­si­tua­tio­nen. Gestor­ben ist Niko­laus am 6. Dezem­ber 336 oder 337. Im Jahr 1087 erfolg­te die Trans­la­ti­on sei­ner Gebei­ne nach Bari. Das Grab des Hei­li­gen in der Basi­li­ca San Nico­la ist ein popu­lä­rer Wall­fahrts­ort. Niko­laus gilt als Patron der See­fah­rer, Schü­ler, Stu­den­ten und der Kinder.

Der Mann hin­ter dem Bart macht sich Gedan­ken, wie er die Men­schen errei­chen kann und er pro­biert auch ein­mal etwas Neu­es aus.

.[esf_wordpressimage id=46921 width=half float=left][/esf_wordpressimage]«Nicht tadeln, dro­hen oder schimp­fen, son­dern gera­de­wegs aus dem Her­zen zu den Kin­dern spre­chen ist mein Rezept», sag­te ein Sami­ch­laus aus der Ost­schweiz. «Sün­den­re­gi­ster, Rüge und Tadel sind aus dem Wort­schatz des Sami­ch­laus‘ zu strei­chen», erklär­te auch Rust, «Der Niko­laus droht nicht. Und auch die Eltern soll­ten nicht mit dem Sami­ch­laus drohen.» 

Dem Mann hin­ter dem Bart lie­gen die Kin­der und Fami­li­en am Her­zen, er will ihnen ein stär­ken­des Erleb­nis bieten.

Wich­tig sei­en für einen Chlaus auch per­fek­te, sau­be­re Klei­dung und Uten­si­li­en, beton­te Hans Peter Rust. Die­se ver­lie­hen einem Sami­ch­laus sei­ne Aura von Wür­de und Freund­lich­keit, die ent­schei­dend ist. Wich­tig sei aber auch, dass Sami­ch­läu­se und Schmutz­li ihr Brauch­tum erklä­ren kön­nen: «Wenn von Kin­dern und Erwach­se­nen Fra­gen kom­men, muss der Sami­ch­laus parat sein», erklär­te der Experte.

Die Run­de bewies: Der Mann hin­ter dem Bart kennt die Legen­de vom hei­li­gen Niko­laus und erzählt sie ger­ne weiter.

Die Situa­ti­on anneh­men, wie sie ist

[esf_wordpressimage id=46928 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Unterdessen hüpf­ten einen Stock tie­fer zwölf Män­ner fröh­lich durch die Alte Sakri­stei. Die Stüh­le hat­ten sie bei­sei­te­ge­scho­ben, die Ärmel hoch­ge­krem­pelt. Im Ate­lier von This Wach­ter vom Impro­vi­sa­ti­ons-Thea­ter-Ensem­ble «impro­phil» ging es dar­um, in die Rol­le des Sami­ch­laus zu fin­den. Mit ein­fa­chen Übun­gen weck­te der Ate­lier­lei­ter die Lust am Rol­len­spiel. Ziel sei, «den Sami­ch­laus in den Kör­per zu brin­gen», erklär­te This Wach­ter den Anwe­sen­den. Die­se lies­sen sich auf die Her­aus­for­de­rung ein und schli­chen wie Ein­bre­cher, schweb­ten wie Gespen­ster oder eil­ten wie ein gehetz­ter Ban­ker durch den Raum. This Wach­ter gab Tipps, die dem Sami­ch­laus in uner­war­te­ten Situa­tio­nen hel­fen, in sei­ner Rol­le zu blei­ben. Der wich­tig­ste Tipp: Nicht stres­sen las­sen, die Situa­ti­on anneh­men, wie sie ist und «mit­spie­len». Die spon­ta­ne Spiel­freu­de der Sami­ch­läu­se und Schmutz­li brach­te die lie­bens­wer­te­ste Eigen­schaft des Man­nes hin­ter dem Bart zum Vorschein:

Der Mann hin­ter dem Bart ist inner­lich Kind geblieben.

Marie-Christine Andres Schürch
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