Zwei Brücken mit Geschichte

Zwei Brücken mit Geschichte

  • Zwei Brück­en führen auf die Kloster­hal­binsel Wet­tin­gen, die ab 2022 Teil von «Muse­um Aar­gau» wird.
  • Bei­de Brück­en haben eine bewegte Geschichte und wer­den aktuell umfassend ren­oviert.
  • Die teil­weise knif­fli­gen Sanierungsar­beit­en bracht­en undichte Stellen, faule Balken und alte Handw­erk­skun­st zum Vorschein.


Die Kloster­hal­binsel Wet­tin­gen wird durch eine Schleife der Lim­mat geformt. Steigt man von den Gebäu­den des ehe­ma­li­gen Klosters hinab zur alten Spin­nerei, so gelangt man an den Fluss, über den an dieser Stelle auch die soge­nan­nte Gwag­glibrugg führt. Fol­gt man von dort aus flus­saufwärts dem geschot­terten Zoll­hausweg, taucht wenig später eine zweite Brücke auf.

Die alte Holzbrücke verbindet, eben­so wie die Gwag­glibrugg, die Kloster­hal­binsel mit der Gemeinde Neuen­hof auf der anderen Fluss­seite. Sind die Schleusen des ober­halb der Holzbrücke liegen­den Stauwehrs nach einem regen­re­ichen Tag geöffnet, fliesst das Wass­er mit hoher Geschwindigkeit sprudel­nd und gluck­send unter der Holzbrücke durch.

«Gwagglibrugg» statt Fähre


Sowohl die alte Holzbrücke als auch die Gwag­glibrugg befind­en sich in einem sanierungs­bedürfti­gen Zus­tand. Während die Ren­ovierungsar­beit­en an der Holzbrücke im Moment schon in vollem Gange sind, befind­en sich die Arbeit­en an der Gwag­glibrugg noch in der Pla­nungsphase.

Die Gwag­glibrugg ist eine der ältesten Draht­seil­hänge­brück­en der Schweiz und wurde im Jahre 1863 erbaut. Zuvor existierte dort schon eine Fährverbindung. Johann Wild, Mit­be­grün­der der alten Spin­nerei, ini­ti­ierte den Bau der Brücke, um seinen Arbeit­ern den Weg zum auf der anderen Seite gele­ge­nen Kosthaus und den Woh­nun­gen zu erle­ichtern. 

Ehemaliger Neuenhofer Gemeindeamman «rettete» die Brücke


[esf_wordpressimage id=33389 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Zu Beginn der 1980er-Jahre musste die Brücke ren­oviert wer­den, da sie in schlechtem Zus­tand und nicht mehr sich­er war. Nach der Sanierung durch die Gemein­den Wet­tin­gen und Neuen­hof wurde die Brücke, die ursprünglich den Namen Gwag­glibrugg trug, da sie beim Über­queren leicht schwankt, in «Paul-Fis­ch­er-Brücke» umbe­nan­nt. Denn Paul Fis­ch­er, ehe­ma­liger Gemein­deam­mann von Neuen­hof, hat­te mass­ge­blich dazu beige­tra­gen, dass die Brücke über­haupt erneuert und nicht abgeris­sen wurde.

Berühmte Baumeisterfamilie


Die his­torische Holzbrücke hinge­gen, die seit 1971 unter Denkmalschutz ste­ht, wurde im Jahre 1764 vom Abt des Klosters in Auf­trag gegeben und vom Teufen­er Baumeis­ter Hans Ulrich Gruben­mann kon­stru­iert. Gruben­mann, der mit seinen Brüdern zusam­me­nar­beit­ete und mit seinem Brud­er Jakob Gruben­mann auch Kirchen baute, wurde durch seine weit­ges­pan­nten Holzbrück­en­baut­en in ganz Europa bekan­nt.

Bei der Holzbrücke in Wet­tin­gen han­delt es sich um eine Bogen­brücke. Sie gilt als ein Höhep­unkt von Gruben­manns Schaf­fen.

Fachwerk und Bogen erfunden


Beson­ders am frühen Holzbrück­en­bau ist, dass Zim­mer­leute und Baumeis­ter bis im 19. Jahrhun­dert ihre Holz­tragew­erke ohne detail­lierte sta­tis­che Ken­nt­nisse planten und ihre Baut­en auf der Grund­lage von Erfahrun­gen kon­stru­ierten. Auch Hans Ulrich Gruben­mann arbeit­ete auf diese Art und aus dem Wirken der Brüder Gruben­mann gin­gen sog­ar neue Trag­w­erke, das Fach­w­erk und der Bogen, her­vor.

Die Wet­tinger Holzbrücke wurde jedoch 1799 von napoleonis­chen Trup­pen zer­stört und im Jahre 1818 von Bla­sius Bal­teschwiler neu erbaut. Bis zum Bau der Hochbrücke etwas weit­er flus­saufwärts diente diese auch dem motorisierten Verkehr.

Knifflige Abläufe


Die Ren­ovierungsar­beit­en an der his­torischen Holzbrücke began­nen im Früh­ling let­zten Jahres. Vorher war sie auf­grund ungek­lärter Eigen­tumsver­hält­nisse immer nur pro­vi­sorisch geflickt wor­den und war mit­tler­weile so mar­o­de, dass sie unbe­d­ingt ren­oviert wer­den musste. Nun hat der Kan­ton die Brücke den Gemein­den Wet­tin­gen und Neuen­hof übergeben, die sich die Kosten der Sanierung teilen wer­den.

Man fing an, die Holzbrücke zu ren­ovieren, musste dann aber zunächst die davorgele­gene Eisen­brücke ent­fer­nen, deren einzelne Teile in ein­er Halle von einem Stahlbauer geflickt und impräg­niert wer­den. Ist die Eisen­brücke wieder an die Holzbrücke mon­tiert, so kann an dieser die Ren­ovierungsar­beit wieder aufgenom­men wer­den.

Aus Schweizer Holz


[esf_wordpressimage id=33391 width=half float=right][/esf_wordpressimage]An den Arbeit­en an der Wet­tinger Holzbrücke ist auch der Zim­mer­mann Chris­t­ian Früh beteiligt. Er erk­lärt, dass das Dach der Brücke undicht gewe­sen sei, sodass die Balken und der Boden der Brücke fault­en. Für die Ren­o­va­tion wur­den grosse Balken aus Schweiz­er Holz ver­wen­det. Das Holz wurde direkt auf der Brücke zugeschnit­ten und die alten Balken mit ein­er Sch­ablone abgenom­men, sodass die Masse für die neuen Balken über­tra­gen wer­den kon­nten.

Da die Brücke nur von zwei schrä­gen Pfeil­ern getra­gen wird, musste sie auseinan­derge­drückt wer­den, um die Teile in der Mitte erset­zen zu kön­nen. Eine weit­ere Schwierigkeit war das Anheben der Balken, für das nur leichte Anhängerkräne einge­set­zt wer­den kon­nten, weil die Brücke nicht viel Gewicht tra­gen kann.

Wie eine Zeitreise


Für die Sanierung ist zudem eine Vielzahl ver­schieden­er Fachkräfte wie Mau­r­er, Maler, Spen­gler, Zim­mer­män­ner oder Elek­trik­er von­nöten. Zur Her­aus­forderung wur­den die Aufla­gen des Denkmalschutzes, auf­grund der­er beispiel­sweise Schin­deln, Fen­ster und Dachschmuck exakt wie vorher ausse­hen mussten. Auch das gle­iche Holz, welch­es wed­er ver­leimt noch impräg­niert wer­den darf, musste ver­wen­det wer­den.

Für Chris­t­ian Früh war es beson­ders span­nend, die alte Brücke auseinan­der zu bauen. Nahm er beispiel­sweise Holzverbindun­gen auseinan­der, so sah er, dass darin noch Zapfen waren, die beim Bau vor rund 200 Jahren einge­set­zt wor­den waren. So kon­nte der Zim­mer­mann im Ver­lauf der Sanierungsar­beit­en erleben, wie in früheren Zeit­en gebaut wor­den war.


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Marie-Christine Andres Schürch
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