Wenn die Skepsis überwiegt.

Wenn die Skepsis überwiegt.

Bish­er bere­it­en auch Laien Eltern auf die Taufe ihrer Kinder vor und spenden das Sakra­ment. Auf­grund der Pas­toral­raum­bil­dung will das Bis­tum nun die pas­toralen Möglichkeit­en neu auss­chöpfen. Zu diesem Zweck legte es zum Okto­ber 2013 ein fün­f­seit­iges Papi­er «Tauf­pas­toral im Pas­toral­raum – Richtlin­ien und Arbeit­shil­fen» vor. Der Leit­faden stösst nicht auf uneingeschränk­te Zus­tim­mung. Im Inter­view erk­lärt Beat Nieder­berg­er, Gemein­deleit­er in der Pfar­rei Schöft­land seine Vor­be­halte.Herr Nieder­berg­er, was ist Ihr Ein­druck von dem Bis­tums-Papi­er? Beat Nieder­berg­er: Ich sehe die Grund­prob­lematik des Papiers darin, dass es den Schw­er­punkt auf den Amt­sträger legt. Zu Beginn wird zwar sehr bre­it die Wichtigkeit der Beziehungsar­beit aus­ge­führt. Let­ztlich geht es dann aber darum, dass ordentlich­er Spender nur der Bischof, ein Priester oder Diakon sein kann.Kirchen­rechtlich ist das nichts Neues. Alle Spender abge­se­hen von Bischof, Priester oder Diakon sind soge­nan­nte ausseror­dentliche Spender. Das katholis­che Kirchen­recht ist da eine geniale Sache. Vieles wird über den Not­fall geregelt.Und der Not­fall funk­tion­iert ein­fach zu gut? Nein, die Men­schen nehmen den Not­fall nicht mehr als solchen wahr. Es ist für sie ein Nor­malzu­s­tand gewor­den, dass Pas­toralas­sis­ten­ten taufen. Das Bis­tum Basel ist eine Kün­st­lerin darin, das Kirchen­recht bre­it auszule­gen. Und da ist vielle­icht eine Angst in Solothurn, zu sehen, dass die bish­erige bre­ite Ausle­gung dazu führt, dass die Pfar­reien auch gut ohne Priester funk­tion­ieren.Ist die Beto­nung des Amtes das einzig prob­lema­tis­che an dem Leit­faden? Nein. Ich finde auch die Idee der kollek­tiv­en Vor­bere­itung auf die Taufe frag­würdig. Allein für eine Fam­i­lie einen Taufter­min zu find­en, ist organ­isatorisch aufwändig. Dazu kom­men – folge ich dem Papi­er – Fam­i­lienbe­suche, grup­pen­weise Kat­e­ch­ese und schliesslich der Tauf­son­ntag. Und darin sind Kat­e­cheten, der Ortsseel­sorg­er und die Amtsper­son mit ein­be­zo­gen. Das ist eine gewaltige Übung, wenn ich für unseren Pas­toral­raum von 100 bis 250 Taufen im Jahr aus­ge­he. Ich sehe nicht, wie wir das leis­ten kön­nen. Zudem schätze ich es so ein, dass die Eltern nicht bere­it sein wer­den, diese unzäh­li­gen Ter­mine mitzu­tra­gen.Die Idee des Bis­tums ist also: ordentliche Tauf­spender taufen grosse Grup­pen von Kindern an eige­nen Tauf­son­nta­gen, nach­dem die per­sön­liche Begleitung durch die Beruf­s­grup­pen in den Pfar­reien vor Ort erfol­gt ist. Ja. Und das wider­spricht mein­er Mei­n­ung nach der per­sön­lichen Betreu­ung und indi­vidu­ellen Begleitung, auf die im Papi­er zu Beginn so gross­er Wert gelegt wird. Wenn ich nach­her einen Gottes­di­enst mit fün­fzehn oder mehr Tauf­fam­i­lien habe, ist dort kein Raum mehr für Indi­vid­u­al­ität. Die Beto­nung der Wichtigkeit des Amtes heisst für mich, dass hier ein Kon­flikt im Rah­men der Amt­s­the­olo­gie auf dem Rück­en der Eltern aus­ge­tra­gen wird.Das ist die organ­isatorische Ebene. Wie sieht es mit den inhaltlichen Aspek­ten aus? Mit der Ver­mit­tlung, dass die Taufe das Ein­trittssakra­ment in die Kirche ist? Auch da empfinde ich es so, dass das Papi­er vor allem über die Struk­tur an das The­ma her­antritt. Ich halte es für wichtig, dass ich den Men­schen helfe ihre Lebenssi­t­u­a­tio­nen und Leben­sübergän­gen zu bewälti­gen. Den Eltern geht es bei der Taufe nicht in erster Lin­ie um die Eingliederung in die kirch­liche Gemein­schaft. Die Taufe ist ein Fest, an dem die Eltern die Geburt des Kinders über den reinen Fam­i­lien­rah­men hin­aus feiern wollen, weil sie die Geburt eines Kindes exis­ten­tiell bet­rifft. Dort kom­men die Eltern plöt­zlich in einen religiösen Zusam­men­hang, auch wenn sie vielle­icht son­st dis­tanziert sind.Wäre es dann nicht sin­nvoller, im Zweifel eine Segens­feier statt ein­er Taufe anzu­bi­eten, wie es das Papi­er vorschlägt? Und die Entschei­dung über die Taufe als Eingliederung in die katholis­che Kirche zu einem späteren Zeit­punkt zu tre­f­fen? Ich bin mir nicht sich­er. Es ist hier ähn­lich wie bei der Unter­schei­dung zwis­chen Wort­gottes­feier mit Kom­mu­nionausteilung und Eucharistie. Für die meis­ten Gläu­bi­gen ist es unwichtig, ob es da einen Unter­schied gibt. Sie haben kein Prob­lem damit. Wenn ich nun den Taufel­tern erk­läre, sie sollen lieber eine Segens­feier anstatt ein­er Taufe durch­führen lassen, wer­den die mich zu Recht fra­gen, ob ich ein Prob­lem habe. Nochmals: wenn ich die Eltern und ihre Kinder über eine gewisse Zeit bis zur Erstkom­mu­nion hin­weg gut begleit­en kann tue ich das.Kön­nen Sie dem Leit­faden auch etwas Gutes abgewin­nen? Ich kann mir vorstellen, dass es gut sein kann, ver­schiedene Tauf­fam­i­lien im Rah­men der Begleitung zusam­men­zubrin­gen. Doch ist das eben­falls etwas, was aus der Lebens­be­gleitung her­aus erwächst und nicht aus der Struk­tur her­aus.Das Papi­er stösst nicht nur bei Ihnen auf Skep­sis, auch andere Seel­sorg­er hin­ter­fra­gen den Leit­faden. Wie nehmen Sie das wahr? Ich habe den Ein­druck, dass das Papi­er nicht nur von vie­len Pas­toralas­sis­ten­ten, son­dern auch von den Priestern nicht ohne weit­eres akzep­tiert wird. Die Frage ist, wie es in der Folge umge­set­zt wird. Ob Seel­sorg­ern die Taufer­laub­nis ent­zo­gen wird oder ob ein­fach keine neuen mehr aus­gestellt wer­den. Darüber hin­aus stellt sich die Frage, ob Priester nicht zunehmend zu Sakra­menten­reisenden wer­den.
Redaktion Lichtblick
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