Frauenwege zur Gleichberechtigung

Frauenwege zur Gleichberechtigung

Die Preisträgerin­nen und Preisträger des diesjähri­gen Her­bert-Haag-Preis­es haben ein­drück­lich gezeigt, wie ver­schieden die Wege zu einem Ziel sein kön­nen. Das lautet grob umris­sen: Das «Heute» in die Kirche zu holen. Zum «Heute» gehören die Frauen und ihr Engage­ment.Hilde­gard Aepli, Mitini­tiantin des Pil­ger­pro­jek­tes «für eine Kirche mit* den Frauen», welch­es mit dem Her­bert-Haag-Preis aus­geze­ich­net wurde, dif­feren­ziert die ver­schiede­nen Wege aus: «Zunächst wur­den die Ordens­frauen Jad­ran­ka Rebe­ka Anić  und Mer­cedes Navar­ro Puer­to geehrt, die als Frauen in der wis­senschaftlichen, the­ol­o­gis­chen Forschung tätig sind, grundle­gend und dif­feren­ziert nach­denken und damit öffentlich auftreten. Dann die Basler Ini­tiantinnen und Ini­tianten der Kirch­lichen Gle­ich­stel­lungsini­tia­tive. Hier wur­den  Chan­cen und Gren­zen des Schweiz­er dualen Sys­tems deut­lich. Chan­cen, weil die Gle­ich­stel­lungsini­tia­tive grosse Unter­stützung hat­te; Gren­zen, weil im kirch­lichen Selb­stver­ständ­nis kirch­lich­es Recht nach wie vor über staatskirch­lichem Recht ste­ht. Die Ehrung der «Kirche mit* den Frauen» schliesslich, drück­te aus, dass das spir­ituelle Unter­wegs­sein ein Fun­da­ment ist, auf dem wir unser Anliegen for­mulieren».

Forschung, Politik und Dialog

Der Her­ber-Haag-Preis ging 2017 also an zwei einzelne Frauen, die sich im Rah­men wis­senschaftlich­er Forschung mit Gen­derthe­men und fem­i­nis­tis­ch­er The­olo­gie beschäfti­gen und auch den Kon­flikt mit der katholis­chen Kirche in Kauf nehmen; ausser­dem an eine Basisini­tia­tive, die den poli­tisch-rechtlichen Weg ver­fol­gt und per Urnen­gang den Ver­fas­sun­gen der kan­ton­alkirch­lichen Kör­per­schaften von Basel-Stadt und Basel-Land­schaft die bleibende Verpflich­tung ein­schreibt, «den zuständi­gen kirch­lichen Amt­strägern das Anliegen der gle­ich­berechtigten Zulas­sung zum Priester­amt, unab­hängig von Zivil­stand und Geschlecht, zu unter­bre­it­en».Die zweite aus­geze­ich­nete Basis­be­we­gung, «Kirche mit* den Frauen», hat­te im Gegen­satz zur Gle­ich­stel­lungsini­tia­tive von Beginn weg davon abge­se­hen, konkrete Forderun­gen zu stellen, auch nicht die nach dem Frauen­priester­tum. «Wir verzicht­en darauf zu wis­sen, welch­es der näch­ste Schritt ist. Dieser Schritt zeigt sich aus dem Dia­log. Wir ste­hen für Dia­log auf allen Ebe­nen ein, pos­tulieren ihn, stellen uns zur Ver­fü­gung», erk­lärt Hilde­gard Aepli weit­er.

Ein weiterer Weg

Das Frauen­priester­tum ist aber genau das, was die junge The­olo­gin Jacque­line Straub anstrebt. Sie wün­scht sich die Wei­he zur ersten katholis­chen Pries­terin. Sie wählt mit ihrem offe­nen und öffentlichen Auftreten einen weit­eren möglichen und sehr indi­vidu­ellen Weg: Sie packt den Sti­er bei den Hörn­ern. «Der Weg von «Kirche mit* den Frauen» ist wichtig und darum habe ich dafür auch Wer­bung gemacht in meinem Umfeld, doch es ist ein ander­er Weg als mein­er», sagt Jacque­line Straub im Gespräch.Dass die Wei­he zur Pries­terin in der Römisch-Katholis­chen Kirche nahezu unwahrschein­lich, der Sti­er also unbezwing­bar ist, schreckt Jacque­line Straub nicht ab. Wed­er Kon­ver­sion in eine andere Kon­fes­sion oder der Ein­tritt in einen Orden seien für sie eine Option, erk­lärt sie und betont: «Ich spüre diese Beru­fung zur Pries­terin als römisch-katholis­che Christin und bleibe in mein­er Kirche».

Bücher und ein Dok

Über ihren Weg, der lan­gen Atem braucht, hat Jacque­line Straub mit­tler­weile zwei Büch­er ver­fasst. Das zweite, «Endlich Pries­terin sein» erschien Anfang 2017. Die 26-jährige The­olo­gin arbeit­et momen­tan als Kat­e­chetin sowie freie Jour­nal­istin und betreibt neben­her im Ehre­namt und in öku­menis­ch­er Zusam­me­nar­beit ein Web­por­tal (www.preachers.ch). Darüber hin­aus hält sie Vorträge.Ein­er dieser Anlässe beschäftigt sich mit der Doku­men­ta­tion «Jesus und die ver­schwun­de­nen Frauen. Vergessene Säulen des Chris­ten­tums », die im Jahre 2013 im Zweit­en Deutschen Fernse­hen (ZDF) erstaus­ges­trahlt wurde und in dem Jacque­line Straub eben­falls befragt wurde. Der Film legt auf span­nende und ein­drück­liche Weise dar, wie wichtig Frauen in den Anfän­gen des Chris­ten­tums waren und wie wenig diese Wichtigkeit Beach­tung fand.

Von der Realität überholt

Die ZDF-Doku­men­ta­tion ist – und das ist für ein­mal ein gutes Zeichen – in einem Punkt nicht mehr «up to date». Eine der ver­schwun­de­nen Frauen, Junia, ist näm­lich wieder aufge­taucht. Diese Frau, eine Apos­telin, ist in der umfassend über­ar­beit­eten und im Feb­ru­ar 2017 veröf­fentlicht­en neuen Katholis­chen Ein­heit­süber­set­zung wieder aufge­taucht. Gemein­sam mit ihrem Mann Andronikus ragt Junia her­aus unter den Apos­teln (Röm 16, 7).Langsam, sehr langsam, bewegt sich also etwas. Dass sich bei diesem Sch­neck­en­tem­po ihr Wun­sch vielle­icht nie erfüllt, hält Jacque­line Straub nicht ab: «Wenn ich auf dem Ster­be­bett läge und nicht Pries­terin wäre, wäre ich den­noch nicht ver­bit­tert. Ich wüsste, dass ich in ein­er lan­gen Rei­he von Frauen gekämpft habe, die sich für die Gle­ich­berech­ti­gung auch bei den Ämtern in der Kirche stark gemacht haben».Die Stel­lung der Frau in der katholis­chen Kirche — Vor­tragsabend
Anne Burgmer
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