Was alles in der Fami­li­en­ge­schich­te steckt

Was alles in der Fami­li­en­ge­schich­te steckt

Psalm 132,11.13–14.17–18Der Herr hat David Treue geschwo­ren, nicht wird er von ihr las­sen: Einen Spross dei­nes Lei­bes will ich set­zen auf dei­nen Thron. Denn der Herr hat den Zion erwählt, ihn begehrt zu sei­nem Wohn­sitz: Das ist für immer der Ort mei­ner Ruhe, hier will ich woh­nen, ich hab ihn begehrt. Dort brin­ge ich Davids Macht zum Spries­sen und stel­le eine Leuch­te auf für mei­nen Gesalb­ten. Ich klei­de sei­ne Fein­de in Schan­de; doch auf ihm wird sei­ne Kro­ne erglänzen.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Was alles in der Fami­li­en­ge­schich­te steckt

Kürz­lich über­reich­te mir mein Onkel ein selbst­er­stell­tes Buch über unse­re Fami­li­en­ge­schich­te. Wich­ti­ge Ereig­nis­se und Per­so­nen wur­den dar­in genannt und vie­les kann­te ich schon vom Hören­sa­gen. Jetzt noch mit pas­sen­dem Bild­ma­te­ri­al illu­striert, wur­den die­se recht anschau­lich. Mit einem gewis­sen Stolz zeig­te ich es mei­nen Kin­dern und erzähl­te pathe­tisch von den frü­he­ren Zei­ten.Dabei muss­te ich mich dar­an erin­nern, wie unse­re Kin­der bereits vor Jah­ren immer mal wie­der von unse­ren Vor­fah­ren hören woll­ten, von der Fami­lie mei­ner Frau, die in Deutsch­land den Krieg haut­nah erlebt hat, oder von mei­nen bei­den Gross­vä­tern, die man durch­aus als Ori­gi­na­le bezeich­nen konn­te. Gebannt hän­gen sie auch an den Lip­pen ihres 94-jäh­ri­gen Urgross­va­ters, wenn er ihnen von frü­her erzählt.Alle unse­re Erzäh­lun­gen rei­chen jedoch maxi­mal zwei Gene­ra­tio­nen zurück, im besten Fall hun­dert Jah­re. Danach ver­blas­sen sie und wer­den immer weni­ger aus­sa­ge­kräf­tig. Besten­falls ken­nen wir noch die Namen. Bil­der gibt es mei­stens kei­ne.Ähn­lich wird es mit den Geschich­ten über die Vor­fah­ren Jesu gewe­sen sein. Gute zwei­hun­dert Jah­re lang wur­den sie münd­lich wei­ter­ge­ge­ben, bevor jemand die Namen von Mari­as Eltern Anna und Joa­chim schrift­lich erwähnt hat.Dabei wur­den im Rah­men der Mari­en­ver­eh­rung gewis­se Absich­ten ver­folgt. Ähn­lich wie im Stamm­baum Jesu, der zum Beginn des Mat­thä­us­evan­ge­li­ums auf­ge­li­stet ist, wird auch bei Maria ver­sucht, zwi­schen der histo­ri­schen Maria und der «Heils­ge­schich­te», der Geschich­te Got­tes mit dem Volk Isra­el also, eine Ver­bin­dung her­zu­stel­len.Wie es im Juden­tum üblich ist, wird die reli­giö­se Zuge­hö­rig­keit über die Mut­ter wei­ter­ge­ge­ben. So wird die Lebens­ge­schich­te der hei­li­gen Anna, die übri­gens erst seit dem Mit­tel­al­ter als Hei­li­ge bezeich­net wird, der alt­te­sta­ment­li­chen Han­nah und ihrem Sohn Samu­el nach­ge­zeich­net.Dar­in zeigt sich die Absicht, dass schliess­lich auch Maria, die Mut­ter Jesu, in die gros­se Geschich­te Got­tes mit sei­nem erwähl­ten Volk Isra­el mit­ein­ge­bun­den wird. Das Volk Isra­el erlebt mit sei­nem Gott Höhen und Tie­fen, Auf­stieg und Nie­der­gang, Treue und Ver­rat, Lie­be und Hass. Die Prot­ago­ni­sten der Bibel wie Abra­ham, Mose, David und eben auch Joa­chim, Anna, Maria und Josef sind dabei Pro­to­ty­pen und Vor­bil­der von Men­schen, die sich auf Gott ein­ge­las­sen haben und sich von ihm anspre­chen lies­sen.Und wie steht es nun mit uns, wenn wir unse­re Fami­li­en­al­ben anschau­en und mit unse­ren Kin­dern über unse­re Vor­fah­ren reden? Sind wir uns bewusst, dass auch wir mög­li­cher­wei­se in die­se Geschich­te von Gott mit den Men­schen mit­ein­ge­bun­den sind? Ich bin über­zeugt, dass dem so ist. Mit allen Höhen und Tie­fen, die wir im Leben erle­ben, gehö­ren auch wir zu die­ser Geschich­te, die seit Jahr­tau­sen­den über­lie­fert und erlebt wird. Wie im heu­ti­gen Psalm­wort zum Aus­druck kommt, ist Gott es, der den Men­schen erwählt. Oft sind wir uns des­sen nicht bewusst, aber ich den­ke, dass wir in der inne­hal­ten­den Rück­schau ent­decken kön­nen, wel­che Auf­ga­be wir haben und wel­chen Sinn unser Leben dadurch bekommt.Mathi­as Jäg­gi, Theo­lo­ge und Sozi­al­ar­bei­ter, arbei­tet als Berufsschullehrer
Regula Vogt-Kohler
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