Wann wird man je verstehn?

Wann wird man je verstehn?

2 Chro­nik 36,14–16.19–23Die Chaldä­er ver­brann­ten das Haus Got­tes, ris­sen die Mau­ern Jeru­sa­lems nie­der, leg­ten Feu­er an alle sei­ne Palä­ste und zer­stör­ten alle wert­vol­len Gerä­te. Alle, die dem Schwert ent­gan­gen waren, führ­te Nebu­kad­nez­zar in die Ver­ban­nung nach Babel … bis das Reich der Per­ser zur Herr­schaft kam. … Im ersten Jahr des Königs Kyrus von Per­si­en soll­te sich erfül­len, was der Herr durch Jere­mia gespro­chen hat­te. Dar­um erweck­te der Herr den Geist des Königs Kyrus von Per­si­en und Kyrus liess in sei­nem gan­zen Reich münd­lich und schrift­lich den Befehl ver­kün­den: «So spricht Kyrus, der König von Per­si­en: Der Herr, der Gott des Him­mels, hat mir alle Rei­che der Erde ver­lie­hen. Er selbst hat mir auf­ge­tra­gen, ihm in Jeru­sa­lem in Juda ein Haus zu bau­en. Jeder unter euch, der zu sei­nem Volk gehört – der Herr, sein Gott, sei mit ihm –, der soll hinaufziehen.»Ein­heits­über­set­zung 

Wann wird man je verstehn?

Ein Tipp: Suchen Sie im Anhang Ihrer Bibel die «Zeit­ta­fel» und dort in der Kolon­ne «Aus­serbiblische Daten» die Jah­res­zahl 550–330. Hier fin­den Sie ver­mut­lich den Hin­weis «Per­si­sche Zeit» und gleich dar­un­ter die Anga­be «538–530: Kyrus von Per­si­en erobert Babel und grün­det das per­si­sche Welt­reich unter der Dyna­stie der Achä­men­i­den».Die­ser Kyrus erliess zu Beginn sei­ner Herr­schaft ein Edikt. Die­ses erlaub­te den Juden, die 50 und 60 Jah­re zuvor von den Chaldä­ern depor­tiert wor­den waren, heim­zu­keh­ren in ihr Land, mit dem Auf­trag, die vom baby­lo­ni­schen König Nebu­kad­nez­zar in Schutt und Asche geleg­te Stadt Jeru­sa­lem und den zer­stö­ren Tem­pel Salo­mos wie­der­auf­zu­bau­en. Das theo­lo­gisch gepräg­te jüdi­sche Geschichts­ver­ständ­nis (das Buch der Chro­nik ist hier­für ein schö­nes Bei­spiel) deu­te­te die über­ra­schen­de Ver­fü­gung des Per­ser­kö­nigs als wun­der­ba­ren Ein­griff Got­tes in die Geschich­te Isra­els, ein Ereig­nis von epo­cha­ler Bedeu­tung für die Ent­wick­lung der hebräi­schen Reli­gi­on und des jüdi­schen Got­tes­bil­des. Um sei­nem Volk Recht wider­fah­ren zu las­sen und den mit ihm geschlos­se­nen Bund zu akti­vie­ren, wird Gott alle Hebel in Bewe­gung set­zen; dar­um «erweck­te der Herr den Geist des Königs Kyrus von Per­si­en».Im Nach­hin­ein zeigt sich im Wirr­warr der Geschich­te ein roter Faden, viel­leicht, es wer­den Zusam­men­hän­ge sicht­bar, die Wor­te des Pro­phe­ten Jere­mia, die 70 Jah­re zuvor Auf­ruhr und hef­ti­gen Wider­stand pro­vo­ziert hat­ten, erwei­sen sich als wahr­haft pro­phe­tisch. Ursa­che und Wir­kung fügen sich in der Rück­schau zu einem Gesamt­werk, und der Glau­be kommt zum Stau­nen nicht her­aus: Got­tes Treue ist phä­no­me­nal, und gren­zen­los gedul­dig sei­ne Hart­näckig­keit, wenn es dar­um geht, das Ziel zu errei­chen: das Heil sei­nes Vol­kes, die Ret­tung der Welt, die Voll­endung für jeden Men­schen. Wann wird man je ver­stehn?Machen wir einen Sprung. Im Jahr 1971 lud der Nach­kom­me der Achä­men­i­den, Schah Reza Pahl­avi, Kai­ser von Per­si­en, die Schicke­ria der Welt, die Schö­nen und Mäch­ti­gen, zur gröss­ten Par­ty aller Zei­ten nach Per­se­po­lis ein, die Rui­nen­stadt, die vor 2500 Jah­ren unter König Dari­us, dem Nach­fol­ger des Kyrus, Haupt­stadt des Per­ser­rei­ches wur­de. Die 10-tägi­ge Jubi­lä­ums­fe­te mit­ten in der Wüste, Aus­ge­burt des Grös­sen­wahns, war mit ein Grund, war­um sich ein paar Jah­re spä­ter Aya­tol­lah Kho­mei­ni und die ira­ni­schen Mul­las in der isla­mi­schen Revo­lu­ti­on an die Macht putsch­ten und den Schah zum Teu­fel jag­ten, ein Gesche­hen von histo­ri­scher Trag­wei­te, wie wir heu­te wis­sen. Nur dass dar­über nichts in der Bibel steht.Aus­ser wir zie­hen das jüdi­sche Erklä­rungs­mu­ster zu Rate und gehen davon aus, dass Isra­el und Per­si­en auch heu­te gegen allen Anschein eine gott­ge­woll­te Schick­sals­ge­mein­schaft bil­den, dass das Gan­ze einen Sinn hat, mag es in unse­rer gros­sen und in mei­ner klei­nen Welt drun­ter und drü­ber gehen, mag per­ma­nent das Cha­os aus­bre­chen, der Welt­un­ter­gang dro­hen, der Grös­sen­wahn der Mäch­ti­gen sich ins Mass­lo­se stei­gern und der Men­schen Bos­heit so gross wer­den, dass es kei­ne Hei­lung mehr gibt (auch dies eine Erfah­rung Isra­els). Wann wird man je ver­stehn?Peter von Sury, Abt des Bene­dik­ti­ner­klo­sters Mariastein
Redaktion Lichtblick
mehr zum Autor
nach
soben