US-Kirche in Sklavenhandel verstrickt

US-Kirche in Sklavenhandel verstrickt

Auch die US-Kirche war in den Sklavenhandel verstrickt

Mit der Abschaffung der Sklaverei waren Schwarze noch lange nicht gleichberechtigt

Die Sklaverei gilt als die Ursünde Amerikas. Ihre Fol­gen vergiften noch heute das Miteinan­der. Auch Priester, Bis­chöfe und Ordens­ge­mein­schaften haben sich schuldig gemacht.

Son­ntag­mor­gen, elf Uhr – in dieser Stunde man­i­festiere sich die grösste Tren­nung des christlichen Ameri­ka. Das beobachtete Anfang der 1960er-Jahre US-Bürg­er­rechtler Mar­tin Luther King Jr. Denn um diese Uhrzeit gin­gen und gehen die Men­schen in die Kirche. Damals wie heute bevorzu­gen nicht nur Katho­liken, son­dern auch Protes­tanten den Gottes­di­en­st­be­such in ein­er Gemeinde mit Men­schen eines ähn­lichen sozialen und ökonomis­chen Sta­tus. Noch immer ist die Gemein­dezuge­hörigkeit auch mas­siv von der Haut­farbe bes­timmt.

Bischöfe im Kampf gegen Rassismus

Im 21. Jahrhun­dert hat die katholis­che Kirche in den USA nicht nur den Kampf gegen den Miss­brauch von Kindern und Jugendlichen aufgenom­men. Ähn­lich wichtig ist den Bis­chöfen heute der Kampf gegen Ras­sis­mus. Denn sie wis­sen, dass Priester, Bis­chöfe und Ordens­ge­mein­schaften in früheren Jahrhun­derten nicht nur Sklaven besessen haben, son­dern auch aktiv in den Sklaven­han­del ver­wick­elt waren.Nach­dem die ersten afrikanis­chen Sklaven in Nor­dameri­ka eingetrof­fen waren, wur­den sie auch von Katho­liken erstanden und aus­ge­beutet. Manche jun­gen Frauen beka­men von den Eltern Sklaven geschenkt, die sie als ihre «Mit­gift» mit ins Kloster nah­men. Auch Louis William DuBourg (1766–1833), Bischof in dem Gebi­et von Louisiana, besass einige und ver­sorgte auch die Vinzen­tin­er in Mis­souri mit Sklaven. In den ver­gan­genen Jahren wur­den immer wieder neue Details bekan­nt.So berichtete die «New York Times» 2016, dass die hoch ange­se­hene Jesuit­en-Uni­ver­sität George­town ihr Über­leben im Jahr 1838 nur dem Verkauf von 272 Sklaven – Frauen, Män­ner und Kinder – ver­dank­te, organ­isiert von zwei Jesuit­en, den Präsi­den­ten der Schule. Mit dem Erlös von heute umgerech­net über 3,3 Mil­lio­nen US-Dol­lar kon­nten die Schulden der Uni­ver­sität getil­gt wer­den. Inzwis­chen haben auch andere Top-Uni­ver­sitäten des Lan­des wie Har­vard oder Prince­ton den sein­erzeit­i­gen Besitz von Sklaven zugegeben und die Erforschung in insti­tu­tionelle Wege geleit­et.Spät wur­den sich die nach­fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen ein­er Schuld bewusst und bemühen sich um einen Aus­gle­ich: Im April dieses Jahres haben die Stu­den­ten von George­town für die Ein­führung ein­er Zusatzge­bühr ges­timmt. Das Geld ist für einen Fonds gedacht, der den Verkauf der 272 Sklaven süh­nen soll. Damit sollen benachteiligte Gemein­den unter­stützt wer­den, in denen die Nach­fahren der einst verkauften Sklaven leben.

US-Präsidenten als Sklavenbesitzer

Wie tief die Sklaverei in der Gesellschaft ver­ankert war, zeigt auch die Tat­sache, dass zehn der ersten zwölf Präsi­den­ten Sklavenbe­sitzer waren. Sog­ar James Mon­roe, der eigentlich gegen die Sklaverei war, besass in seinem Leben rund 250 Sklaven.Ähn­lich wider­sprüch­lich reagierten die katholis­chen Bis­chöfe auf das Schreiben «In supre­mo apos­to­la­tus», mit dem Papst Gre­gor XVI. 1839 den Sklaven­han­del als Ver­brechen beze­ich­nete und allen Kirchen­strafen andro­hte, die sich weit­er daran beteili­gen. Die US-Bis­chöfe bezo­gen das Ver­bot nicht auf ihr eigenes Leben, son­dern nur auf die Sit­u­a­tion in anderen Län­dern.Mit der Rat­i­fizierung des 13. Zusatzartikels zur Ver­fas­sung der Vere­inigten Staat­en wurde Ende 1865 nach dem Bürg­erkrieg (1861–1865) die Sklaverei auf dem gesamten Staats­ge­bi­et der USA abgeschafft. Den­noch wur­den sie auch kirch­lich­er­seits lange nicht als gle­ich­berechtigt anerkan­nt. Erst 1920 wurde ein Priestersem­i­nar für junge Män­ner afroamerikanis­ch­er Herkun­ft ein­gerichtet.

Bürgerrechtsbewegung sorgte für Änderung

Eine Änderung trat in der US-Kirche erst mit dem Erstarken der Bürg­er­rechts­be­we­gung nach 1950 ein. 1958 posi­tion­ierte sich die Bischof­skon­ferenz zum ersten Mal deut­lich, indem sie Ras­sis­mus verurteilte. 1979 fol­gte das Hirten­schreiben «Broth­ers and Sis­ters to us», und erst vor weni­gen Monat­en wurde das Grund­satzschreiben «Open wide our hearts» veröf­fentlicht.Die Zahl der Bis­chöfe afroamerikanis­ch­er Herkun­ft liegt bis heute im unteren zweis­tel­li­gen Bere­ich. Insofern war es bemerkenswert, dass Papst Franziskus am 4. April – dem 51. Jahrestag der Ermor­dung Mar­tin Luther King Jr. – Wilton Gre­go­ry zum Erzbischof von Wash­ing­ton DC ernan­nte. Damit leit­et erst­mals ein Afroamerikan­er das wichtige Haupt­stadt-Erzbis­tum.Chris­tiane Laudage, kna; kath.ch
Regula Vogt-Kohler
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