Unter wel­chen Bedingungen?

The­ma­tisch scheint die Dis­kus­si­on um die Abstim­mung ein Déjà-vu. Das geän­der­te FMedG soll die Umset­zung der Prä­im­plan­ta­ti­ons­dia­gno­stik (PID) regeln, also die Rah­men­be­din­gun­gen für Tests an künst­lich gezeug­ten Embryonen. 2015 hat die Stimm­be­völ­ke­rung einer Ver­fas­sungs­än­de­rung zur PID mit 61,9 Pro­zent zuge­stimmt. Nun muss das Gesetz zur Rege­lung der Rah­men­be­din­gun­gen der PID ent­spre­chend geän­dert wer­den. Doch der vor­lie­gen­de Vor­schlag geht vie­len zu weit – das Refe­ren­dum kam zustan­de,  am 5. Juni 2016 wird dar­über abge­stimmt.

Ände­rung als Chance

Das zur Abstim­mung vor­lie­gen­de Gesetz erlaubt näm­lich auch Paa­ren ohne schwe­re Erb­krank­hei­ten bei künst­li­cher Befruch­tung die PID. Pro Behand­lung dür­fen so vie­le Embryo­nen ent­wickelt wer­den, wie benö­tigt wer­den. «Über­zäh­li­ge» Embryo­nen kön­nen für spä­te­re Behand­lun­gen ein­ge­fro­ren wer­den. Ver­bo­ten wird die Anwen­dung zur Ent­wick­lung von soge­nann­ten Desi­gner-Babys, das heisst Babys, bei denen Haar- oder Augen­far­be durch die Eltern fest­ge­legt wer­den. Die Befür­wor­ter des Geset­zes sehen vor allem die Chan­ce zur Opti­mie­rung der Fort­pflan­zungs­me­di­zin und zur Risi­ko­min­de­rung bei der Anwen­dung der künst­li­chen Befruch­tung.

Fal­sche Richtung?

Den Geg­nern geht die vor­lie­gen­de Geset­zes­än­de­rung zu weit. Denn dass auch Paa­re ohne schwe­re Erb­krank­hei­ten, die ihren Kin­der­wunsch nur auf dem Weg künst­li­cher Befruch­tung erfül­len kön­nen, die PID anwen­den dürf­ten ist neu. Pro Behand­lung dürf­ten aus­ser­dem bis zu zwölf Embryo­nen erzeugt wer­den, das bedeu­te mehr Selek­ti­on. Und einen Embryo ein­zu­frie­ren, ihn wie ein «Ding» auf­zu­he­ben, bis er benö­tigt wer­de, ver­stos­se gegen die Men­schen­wür­de. Zudem sei es frag­lich, ob die Geset­ze in Zukunft nicht noch wei­ter gelockert wür­den. Nie­mand kön­ne garan­tie­ren, dass nicht doch irgend­wann soge­nann­te Ret­ter-Babys erlaubt wür­den. Dem­entspre­chend machen sich die Bischö­fe und die Kir­chen für ein Nein zum geän­der­ten FMedG stark; hät­ten ger­ne auch die Ver­fas­sungs­än­de­rung gebo­digt gese­hen.

Heik­ler Balanceakt

Dass die The­ma­tik nicht schwarz oder weiss ange­schaut wer­den kann, zeigt die Hal­tung des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des (SKF). Die­ser stimm­te im Jahr 2015 noch für eine Ver­fas­sungs­än­de­rung zum The­ma PID, kün­dig­te aber gleich­zei­tig an, das Refe­ren­dum gegen das geän­der­te FMedG zu unter­stüt­zen. Was wie ein Zurück­ru­dern aus­sieht, macht die fei­nen Unter­schie­de zur Dis­kus­si­on im Jahr 2015 deut­lich. Regu­la Ott, Bio­ethi­ke­rin und Beauf­trag­te für Gesell­schaft und Ethik beim Frau­en­bund, erklärt: «Die Posi­ti­on des SKF ist kom­plex und auch im Vor­stand wur­de aus­gie­big dar­über dis­ku­tiert. Unse­re Zustim­mung zur Ver­fas­sungs­än­de­rung ent­sprang unse­rer Über­zeu­gung, dass die PID, durch­ge­führt in eini­gen weni­gen Kom­pe­tenz­zen­tren, dabei hel­fen kann, das Leid von Paa­ren mit schwe­ren Erb­krank­hei­ten zu redu­zie­ren. Unse­re gleich­zei­ti­ge Ableh­nung des geän­der­ten FMedG  grün­det dar­in, dass auf­grund die­ses Geset­zes auch Paa­re ohne schwe­re Erb­krank­hei­ten die PID nut­zen dürf­ten, wenn sie sich ihren Kin­der­wunsch nur auf künst­li­chem Wege erfül­len kön­nen. Da sehen wir die Gefahr der Aus­deh­nung der Selek­ti­ons­merk­ma­le zum Bei­spiel nach Geschlecht oder dass ein Paar, wel­ches ein kran­kes Kind zur Welt bringt, unter einen Recht­fer­ti­gungs­druck gerät.» «Viel­falt statt Selek­ti­on» heisst denn auch ein Komi­tee wel­ches das Refe­ren­dum gegen das geän­dert FMedG unter­stützt und der Über­zeu­gung Aus­druck ver­leiht, dass eine soli­da­ri­sche Gesell­schaft Platz hat für gesun­de und kran­ke Menschen.
Anne Burgmer
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