Umkehr ist möglich

Umkehr ist möglich

Markus 10,17–23Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meis­ter, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Nie­mand ist gut auss­er der eine Gott. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aus­sagen, du sollst keinen Raub bege­hen; ehre deinen Vater und deine Mut­ter!Er erwiderte ihm: Meis­ter, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befol­gt. Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Him­mel haben; dann komm und folge mir nach!Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging trau­rig weg; denn er hat­te ein gross­es Ver­mö­gen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schw­er ist es für Men­schen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kom­men!Ein­heit­süber­set­zung 2016 

Umkehr ist möglich

Der Mann ging trau­rig weg. Das kann ich gut nachvol­lziehen. Alles zu verkaufen, was ich habe, das Geld den Armen geben und Jesus nach­fol­gen. Eine utopis­che Forderung, eine Über­forderung. Heute wie damals. Auch in den Ohren dieses Mannes. Er fol­gte weit­er­hin seinem eige­nen Weg, nicht dem Weg Jesu. Zumin­d­est nicht in der Radikalität, die Jesus ihm vor­gab.Ver­mut­lich war das auch lange der Weg des Oscar Romero. Er war ein kon­ser­v­a­tiv­er Geistlich­er, von dessen Ernen­nung zum Erzbischof diejeni­gen ent­täuscht waren, die sich soziales Engage­ment erhofften. Doch nach­dem er mit der Ermor­dung von P. Rutilio Grande SJ und zwei Begleit­ern im Auf­trag der Gross­grundbe­sitzer kon­fron­tiert wor­den war, änderte er sich grundle­gend. Man kann sog­ar von ein­er Bekehrung sprechen. Er rief zunächst zum Kirchen­streik auf: «Wenn ihr uns Priester umbringt, lesen wir für euch keine Messen.» Und so wur­den am Son­ntag nach der Ermor­dung des Jesuit­en im ganzen Bis­tum keine Messen gefeiert, nur die Toten­messe für den Ermorde­ten. Und er, der die The­olo­gie der Befreiung, in der Glaube und Gerechtigkeit untrennbar miteinan­der ver­bun­den sind, bis dahin für gefährlich gehal­ten hat­te, machte zwei Befreiungs­the­olo­gen zu seinen eng­sten Beratern. Die Option für die Armen stand nun im Mit­telpunkt. Er begann, sich gegen die Gross­grundbe­sitzer und für Gerechtigkeit in El Sal­vador einzuset­zen.Dass dies gefährlich war, zeigte sich in der näch­sten Zeit. Mehrfach wurde er bedro­ht. Doch mit grossem Ver­trauen kon­nte er auf das sehen, was ihm bevor­stand: «Wenn jedoch Gott das Opfer meines Lebens annimmt, dann soll mein Blut das Samenko­rn der Frei­heit sein und das Zeichen dafür, dass die Hoff­nung bald Wirk­lichkeit sein wird.»Am Tag vor seinem Tod rief er die Sol­dat­en zum Unge­hor­sam auf. Das war sein Todesurteil.An die Nachricht am 24. März 1980 im Radio, dass der Erzbischof von San Sal­vador während der Messe erschossen wor­den war, kann ich mich noch erin­nern. Am näch­sten Tag gin­gen Tausende von Men­schen auf die Strasse und es entzün­dete sich ein Bürg­erkrieg. Zeu­gen ver­schwan­den, der Mord wurde nie gesüh­nt.Doch die Erin­nerung an Oscar Romero, den San Romero de Amer­i­ca, ist weit­er­hin lebendig. Das Volk hat­te ihn schon längst vor sein­er offiziellen Heiligsprechung als Heili­gen verehrt. Er zeigt uns: Umkehr ist möglich.Dorothee Beck­er, The­olo­gin und Seel­sorg­erin, Pfar­rei Heiliggeist
Redaktion Lichtblick
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