Ökumenisch ist katholisch

Ökumenisch ist katholisch

  • Die Ökumene gehört zum Auf­trag der römisch-katholis­chen Kirche, sagt die Lei­t­erin des Öku­menis­chen Insti­tutes, Nico­la Ottiger.
  • Ökumene muss eingeübt wer­den und hil­ft die eigene Iden­tität zu schär­fen, sagt der Christkatholis­che Pfar­rer Adri­an Suter.
  • Joachim Köhn, Leit­er der Fach­stelle Kat­e­ch­ese-Medi­en im Aar­gau sagt: Ökumene bedeutet gemein­same Struk­turen zu unter­hal­ten.

Die Zeit­en sind vor­bei, in denen interkon­fes­sionelle Ehen zwis­chen Katho­likin­nen und Reformierten zu famil­iären Zwis­ten führten. Diesen Fortschritt ver­danken wir auch der öku­menis­chen Bewe­gung, die ihre Anfänge in der zweit­en Hälfte des 19. Jahrhun­derts hat­te.

Ökumene ist eine Hauptaufgabe

Mit dem Zweit­en Vatikanis­chen Konzil hat die öku­menis­che Bewe­gung auch in der römisch-katholis­chen Amt­skirche Fahrt aufgenom­men. Das Dekret Uni­tatis red­in­te­gra­tio – die Wieder­erlan­gung der Ein­heit – machte die Ökumene beziehungsweise das Wieder­her­stellen der «Ein­heit aller Chris­ten» zu ein­er Haup­tauf­gabe der römisch-katholis­chen Kirche. Ver­mut­lich dachte Nico­la Ottiger, Lei­t­erin des Öku­menis­chen Insti­tuts, just an diesen Auf­trag, als sie an der Tagung «Öku­menisch ler­nen – Ökumene ler­nen» sagte: «Wer nicht für die Ökumene ist, ist nicht römisch-katholisch».

Doch was genau ist römisch-katholisch? Das Wis­sen darüber gehe immer mehr ver­loren, waren sich die Ref­er­entin­nen und Ref­er­enten an der Tagung an der Uni­ver­sität Luzern einig. Der Wis­sensver­lust spiegelt sich nicht zulet­zt im Bedeu­tungsver­lust des kirch­lichen Reli­gion­sun­ter­richt­es. Gut schweiz­erisch ist diese Entwick­lung von Kan­ton zu Kan­ton ver­schieden und selb­st in den Kan­to­nen vari­ieren die Lösun­gen in den ver­schiede­nen Gemein­den.

Aus der Schule verschwunden

Eine Art Hauptp­fad gibt es den­noch. Kuno Schmid, ehe­ma­liger Dozent am Reli­gion­späd­a­gogis­chen Insti­tut und an der Päd­a­gogis­chen Hochschule Solothurn, zeich­nete diesen in seinem Vor­trag nach. Er begin­nt beim kirch­lich organ­isierten und finanzierten Kat­e­chis­musun­ter­richts in der Schule des 19. Jahrhun­derts und führt zum beken­nt­nisun­ab­hängi­gen Reli­gion­sun­ter­richt in der Gegen­wart. Die Entwick­lung zeigt deut­lich, wie der kirch­liche Reli­gion­sun­ter­richt immer mehr aus den Schulen ver­schwindet oder vielfach schon ver­schwun­den ist. Mit dem Ver­schwinden des kirch­lichen Reli­gion­sun­ter­richts schwindet selb­stre­dend auch das Wis­sen über die eigene religiöse Zuge­hörigkeit.

Das Eigene im Anderen erkennen

Ist das schlimm? Und was hat das Ganze mit Ökumene zu tun? Adri­an Sut­ter, Pfar­rer der christkatholis­chen Kirche, ist überzeugt, dass die christkatholis­che Kirche ihre eigene Posi­tion erst im öku­menis­chen Kon­text gefun­den habe. Er macht sich darum stark für einen Reli­gion­sun­ter­richt, der die Kinder die öku­menis­che Dif­feren­zierung lehrt. Wenn man in der Lage sei, in ein­er anderen Kirche das Eigene wiederzuerken­nen, dann sei eine kirch­liche Gemein­schaft möglich, erk­lärte er den rund 80 Tagung­steil­nehmenden.

Adri­an Suter sieht die Ökumene im Bil­dungs­bere­ich darum als Ressource, allerd­ings müsse noch viel ins Dif­feren­zierungsler­nen investiert wer­den. Die Christkatholis­che Kirche der Schweiz ist denn auch Mit­glied in der Aus­bil­dungsko­op­er­a­tion Oek­Mod­u­la mit der katholis­chen Kirche der Kan­tone Basel­land, Basel­stadt und Solothurn und der reformierten Kirche der Kan­tone Basel­land und Solothurn.

Ökumenisch ausbilden, ökumenisch unterrichten

Mit Oek­Mod­u­la wer­den seit 2012 Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten und Reli­gion­slehrper­so­n­en öku­menisch aus­ge­bildet. Mit dem erlangten Fachausweis kann sich also eine römisch-katholis­che Kat­e­chetin von ein­er reformierten Kirchge­meinde für den öku­menis­chen Reli­gion­sun­ter­richt anstellen lassen. Solche Fälle gebe es, heisst es auf Anfrage bei Oek­Mod­u­la, sie seien aber gebi­etsweise unter­schiedlich und eher Aus­nah­men.

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Ökumene heisst auch gemeinsame Ressourcen nutzen

«Ein wichtiger Aspekt der Ökumene ist auch im Bil­dungs­bere­ich, dass wir kon­fes­sion­süber­greifende Ressourcen nutzen.», sagt Joachim Köhn. Er leit­et die Fach­stelle Kat­e­ch­ese-Medi­en der römisch-katholis­chen Kirche im Aar­gau. «Wir kön­nen als Kirchen gemein­sam mehr erre­ichen, als wenn wir einzeln unter­wegs sind.»

Die Aus­bil­dung zur Katechetin/ zum Kat­e­cheten dauert drei bis fünf Jahre und beste­ht aus zehn Mod­ulen. Sie befähigt zur Erteilung von kon­fes­sionellem Reli­gion­sun­ter­richt in der Volkss­chule und zur Kat­e­ch­ese im Pastoralraum/ in der Pfar­rei. Ausser­dem feiern die Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten Gottes­di­en­ste mit Kindern und Jugendlichen und ini­ti­ieren religiöse Pro­jek­te für alle Alters­grup­pen.

Nir­gends in der Deutschschweiz wür­den mehr Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten aus­ge­bildet als in der öku­menis­chen Aus­bil­dung Mod­u­lAar im Kan­ton Aar­gau, sagt Joachim Köhn. Hier wer­den reformierte und katholis­che Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten gemein­sam aus­ge­bildet. Hätte die Christkatholis­che Kirche mehr per­son­elle Ressourcen, wären auch sie mit an Bord, sagt der Fach­stel­len­leit­er.

Aber auch Joachim Köhn sieht den Rück­zug der Kirche aus der Volkss­chule. Diese ist im Aar­gau verpflichtet den Kirchen Räume und Zeit­fen­ster im Stun­den­plan zur Ver­fü­gung zu stellen. Doch mit dem Lehrplan 21 hat sich der Bedarf an Schulz­im­mern ver­grössert. Nicht alle Räume in den Schulen seien geeignet für einen zeit­gemässen Reli­gion­sun­ter­richt. Oft sei es für die Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten prag­ma­tis­ch­er und aus organ­isatorischen Grün­den ein­fach­er in Räu­men der Pfar­rei zu unter­richt­en. Mit dieser örtlichen Ver­schiebung gebe es auch eine Inhaltliche. Weniger kon­fes­sioneller Reli­gion­sun­ter­richt am Ler­nort Schule – mehr Kat­e­ch­ese am Ler­nort Pfar­rei.

Eva Meienberg
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