Zu Besuch bei «Mister Badenfahrt»

Zu Besuch bei «Mister Badenfahrt»

  • Vom 18. bis 27. August 2023 find­et die 100. Baden­fahrt statt.
  • Mit neun Jahren erlebte Sepp Schmid seine Erste. Seit­dem hat der Baden­er keine aus­ge­lassen.
  • Ein Besuch in sein­er Ausstel­lung über den Baden­er Grossan­lass, der sein Leben geprägt hat.

Der Baden­er Stadt­turm mit seinen far­bigen Dachziegeln ist Badens Wahrze­ichen. Neben dem Turm befind­et sich das Haus zum Engel. Da wohnt Sepp Schmid zusam­men mit sein­er Frau Eri­ka seit über 50 Jahren. Der gebür­tige Baden­er ist mit dem stat­tlichen Turm ger­adezu verwach­sen. Er sei sein Fre­und und Nach­bar, sagt Sepp Schmid. Der Turm diente von 1846 bis 1984 als Bezirks­ge­fäng­nis. Den­noch sei ihm der Stadt­turm näher, als son­st ein Gebäude. Sepp Schmid sam­melt nicht nur alles über den Turm, son­dern auch über die Baden­fahrt. Über das Baden­er Volks­fest hat er im Haus zum Engel eine Spezialausstel­lung gemacht. Fast täglich empfängt er dort Besuchende.

Sammler aus Leidenschaft

Sepp Schmid ist so etwas wie das Stadtgedächt­nis von Baden. Der quirlige Mann ist zudem ein lei­den­schaftlich­er Samm­ler. Das Haus ist vom Keller bis zum Dach gefüllt mit alten Fotos, Zeitungsauss­chnit­ten und Objek­ten jeglich­er Art. Beina­he jedes Sam­mel­stück hat eine Geschichte, die von Baden erzählt.

Immer wieder habe er Dinge von seinem Vater und Gross­vater gesam­melt, die ein bewegtes Leben geführt hät­ten. Oder er rette Objek­te bei Entrüm­pelun­gen von Häusern. Wie etwa das Plakat der Baden­fahrt von 1923, das seine Nach­barin schon im Mülleimer entsor­gen wollte. «Jet­zt kann ich das Orig­i­nal bei mein­er Son­der­ausstel­lung zeigen», sagt Sepp Schmid und strahlt. Als Chef eines Ein­rich­tungs­geschäftes habe er viel von älteren Kun­den über Baden erfahren.

Mit der Spanisch-Brötli-Bahn zur Kur

Sepp Schmid begin­nt seine Tour durch die Ausstel­lung bei Fotografien, die Men­schen beim Baden zeigen. Die Römer ent­deck­ten einst die heilen­den Kräfte des Baden­er Ther­mal­wassers. Bis ins 19. Jahrhun­dert blieb Baden ein wichtiger Kurort für Gäste, die zu den heis­sen Ther­malquellen woll­ten. Früher mit Kutsche, dann mit dem Schiff und ab 1847 mit der Spanisch-Brötli-Bahn. Diese machte Baden europaweit bekan­nt.

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Sepp Schmids Mut­ter stammte aus Finn­land. Sein Vater lernte sie auf ein­er Mon­tagereise für BBC in Helsin­ki ken­nen. Als sie vor der Hochzeit 1937 nach Baden kam, herrscht­en in Finn­land kriegsähn­liche, unsichere Zustände. «In Baden erlebte meine Mut­ter an der Baden­fahrt ein heit­eres Fest mit fröh­lichen Men­schen. Sie erzählte noch im Alter von dieser glück­lichen Erfahrung», erzählt Sepp Schmid.

Lebendige Industriegeschichte

Das Wis­sen des bele­se­nen Stadtchro­nis­ten geht über die Baden­er Lokalgeschichte weit hin­aus. Sepp Schmid inter­essiert sich auch für die Schweiz­er Indus­triegeschichte. «Das ist eines der schön­sten Plakate, das es gibt», sagt Sepp Schmid und zeigt auf ein Exem­plar aus dem Jahr 1947 anlässlich des 100-Jahre-Jubiläum der Schweiz­er Eisen­bahn. Der erste Zug zwis­chen Zürich und Baden sei bere­its im Jahr 1847 gefahren. Er nimmt ein Minia­turex­em­plar der Spanisch-Brötli-Bahn in die Hand. Seine Liebe zu alten Dampfloks kommt nicht von unge­fähr: Sein Vater arbeit­ete 50 Jahre bei der BBC.

Räder, Nixen und Fiebermesser

Die his­torischen Plakate haben es Sepp Schmid ange­tan. In sein­er Ausstel­lung zeigt er Plakate von allen bish­eri­gen Baden­fahrten. 1982 zierte eine bar­busige Nixe das Plakat. Sepp Schmid lacht und sagt: „Kür­zlich hät­ten junge Frauen an ein­er Führung nicht glauben kön­nen, dass nack­te Brüste auf einem Plakat damals gar kein The­ma waren.»

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Bei vie­len Baden­fahrt-Fes­ten war Sepp Schmid als Ideenge­ber mit dabei. Zur Baden­fahrt 1977 auf Schloss Stein etwa hat­te er die Idee für eine grosse Nixe. Sie sei wei­therum zu sehen gewe­sen. 1982 sorgte er für einen riesi­gen Fieber­mess­er auf der Ruine. Bei der Baden­fahrt 1997 beleuchtete er mit Fre­un­den den Stadt­turm. Auch heute sprüht der redege­wandte Mann mit dem phänom­e­nalen Gedächt­nis vor Ideen. Auf die kom­mende Baden­fahrt freut er sich sehr. «Bei diesen Fes­ten entste­hen manch­mal Fre­und­schaften fürs Leben», sagt der 85-Jährige.

Hobby: Freude bereiten

Die Kirchen an der Badenfahrt 2023

Die katholis­che Pfar­rei Baden-Ennet­baden ist am 100 Jahre-Jubiläum der Baden­fahrt mit der Beiz «Him­mel­ri­ich» vertreten. «Unsere Fes­t­beiz ist der Ver­such, diesen unbekan­nten Him­mel ohne Raum und Zeit zu real­isieren und ins mod­erne Hier und Jet­zt an die Baden­fahrt 2023 zu holen!», lautet das Ver­sprechen der Organ­isatorin­nen und Organ­isatoren auf deren Web­seite. An den Son­nta­gen um 10 Uhr auf der Blues­bühne beim Lim­mat­steg feiert Cor­nelia Haller, Pfar­reiseel­sorg­erin von Baden-Ennet­baden mit ihren Kol­legin­nen und Kol­le­gen einen öku­menis­chen und inter­re­ligiösen Gottes­di­enst.

Die reformierte Kirche Baden plus zeigt in der Kirche die Light­show «Neo fea­tur­ing Gen­e­sis» und die Jugend­vere­ine, Pfa­di, Jung­wacht und Blau­r­ing, betreiben die «Piaz­za Piante» im Kur­park.

Auch im Alter hat Sepp Schmid seine Begeis­terungs­fähigkeit nicht ver­loren. Damit steckt er andere an. «Mein Hob­by war eigentlich immer, den Men­schen Freude zu bere­it­en. Das ist für mich wie eine Ther­a­pie.» Oft­mals gehe er in Alter­sheime, um Leute zu besuchen. Die vie­len schö­nen Begeg­nun­gen hal­ten ihn fit.

Auf sein­er Ausstel­lungs­tour stoppt Sepp Schmid vor einem Bild, das er von ein­er Baden­er Geschäfts­fam­i­lie geschenkt bekom­men hat. Es heisst «Der Lebens­baum». Unter einem riesi­gen Baum liegt zu dessen Wurzeln die Stadt Baden, die leuchtet. Für Sepp Schmid ein sym­bol­is­ches Bild. Er sagt: «Baden holt aus seinen Wurzeln immer wieder neu Kraft für Ideen und Visio­nen.»

Eva Meienberg
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