Mit­ge­meint oder doch aus­sen vor?

Mit­ge­meint oder doch aus­sen vor?

  • Das gros­se Som­mer­in­ter­view von forum­Kir­che, dem Pfar­rei­blatt der Bis­tums­kan­to­ne Schaff­hau­sen und Thur­gau, dreht sich um ein umstrit­te­nes The­ma: «Gen­der­ge­rech­te Sprache».
  • forum­Kir­che hat mit drei Fach­leu­ten auf die­sem Gebiet eine Dis­kus­si­on geführt, die erwar­tungs­ge­mäss kei­ne Lösung, dafür aber vie­le Denk­an­stös­se liefert.
  • Hori­zon­te darf das Som­mer­in­ter­view von forum­Kir­che hier und in sei­ner Print­aus­ga­be auch den Lesern des Aar­gau­er Pfarr­blatts zur Ansicht bringen.


Kann eine neue Form des Schrei­bens und Spre­chens, die soge­nann­te gen­der­ge­rech­te Spra­che, dafür sor­gen, dass end­lich alle Men­schen, egal wel­chen Geschlechts, sich gegen­sei­tig gleich behan­deln? Die­ser Fra­ge stell­ten sich im Som­mer­in­ter­view des Pfar­rei­blatts der Bis­tums­kan­to­ne Schaff­hau­sen und Thur­gau, forum­Kir­che, drei Leu­te, die dazu eine kla­re Mei­nung haben. Zoe Wal­ten­spül (24) aus Gach­nang stu­diert Mul­ti­me­dia Pro­duc­tion in Chur und schreibt gera­de an ihrer Bache­lor­ar­beit über gen­der­ge­rech­te Spra­che. Lukas Schall­mei­ner (28) aus Berg ist Kolum­nist bei forum­Kir­che und hat Deut­sche Lite­ra­tur an der Uni­ver­si­tät Kon­stanz stu­diert. Chri­sti­an Breit­schmid (55) aus Mer­en­schwand ist Redak­tor bei Hori­zon­te, selb­stän­di­ger Kommunikationsberater/Medientrainer sowie lizen­zier­ter Ger­ma­nist, Musik­wis­sen­schaft­ler, Kir­chen- und Reli­gi­ons­hi­sto­ri­ker. Das Gespräch fand in der Kar­tau­se Ittin­gen statt. Alle Fra­gen und Pho­tos stam­men von Sarah Stut­te und Det­lef Kiss­ner von forumKirche.

Ein kur­zes State­ment: Wie ste­hen Sie zum The­ma Gen­der­ge­rech­te Spra­che?
Wal­ten­spül: Ein wich­ti­ger Schritt für die Gleich­be­rech­ti­gung von Frau und Mann.
Schall­mei­ner: Sehr wich­tig für die Ent­ste­reo­ty­pi­sie­rung der Geschlech­ter, die Auf­lö­sung von all­zu binä­ren Kon­struk­ten, die zu Aus­gren­zung füh­ren und dem Gefühl, sich auf eine bestimm­te Art ver­hal­ten zu müs­sen.
Breit­schmid: Gen­der­ge­rech­te Spra­che ist so wich­tig wie ein Kropf.

Was spricht am mei­sten für eine gen­der­ge­rech­te Spra­che, was dage­gen?
Schall­mei­ner: Dafür spricht, dass sich Frau­en und Per­so­nen, die sich nicht binär fest­le­gen möch­ten oder kön­nen, inte­griert und ange­spro­chen füh­len und dadurch mehr an der Gesell­schaft teil­ha­ben. Die gen­der­ge­rech­te Spra­che ermög­licht auch den Abbau von Ste­reo­ty­pen. Wenn man «Arzt» oder «Wis­sen­schaft­ler» sagt, denkt man ten­den­zi­ell eher an einen Mann. Das führt in vie­len Berei­chen des gesell­schaft­li­chen Lebens dazu, dass sich Frau­en nicht zuge­hö­rig füh­len.
Wal­ten­spül: Da stim­me ich zu. Ich per­sön­lich fin­de es wich­tig, dass man den Ste­reo­typ eines männ­li­chen Dok­tors aus­mer­zen kann, dass man sich einer Ärz­tin auch bewusst ist und sie als sol­che bezeich­net. Eine expli­zi­te Benen­nung hilft dabei, die Vor­ur­tei­le in den Beru­fen abzu­bau­en.
Breit­schmid: Es gibt eine ein­fa­che Über­le­gung, sowohl ästhe­tisch als auch sprach­hi­sto­risch: Die gen­der­ge­rech­te Spra­che ist ein erfun­de­nes Kon­strukt, das nicht nötig ist. Unse­re Spra­che hat alles, was sie braucht, um sich damit gezielt auszudrücken.

Spra­che hat sich aber immer ver­än­dert…
Breit­schmid: Das stimmt. Spra­che ver­än­dert sich tat­säch­lich immer. Ein natür­li­ches Gesche­hen, das sich von allei­ne ent­wickelt, dafür ist kein Dik­tat nötig. Wenn es etwas Demo­kra­ti­sches gibt auf die­ser Welt, dann ist es die Spra­che. Sie wird näm­lich wirk­lich von der Mehr­heit geformt.
Schall­mei­ner: Die Demo­kra­ti­sie­rung der Spra­che sehe ich ein wenig kri­ti­scher. Mit dem gene­ri­schen Mas­ku­li­num wur­den erst ab Mit­te der 80er-Jah­re des 20. Jahr­hun­derts Frau­en auch mit­ge­meint, weil sie wäh­len durf­ten und mehr Rech­te in der Gesell­schaft erhiel­ten. Das zeigt, dass Spra­che nicht so gerecht und demo­kra­tisch ist, wie wir viel­leicht anneh­men, und des­halb auch einer gewis­sen Nach­hil­fe bedarf.

[esf_wordpressimage id=“32826” width=“half” float=“right”][/esf_wordpressimage]Das gene­ri­sche Mas­ku­li­num stiess aber nicht über­all auf Zustim­mung. Ver­schie­de­ne Stu­di­en beleg­ten schon in den 70er-Jah­ren, dass dadurch eher Bil­der von Män­nern im Kopf erzeugt wer­den. War­um löst die Dis­kus­si­on um eine geschlech­ter­ge­rech­te­re Spra­che immer noch eine sol­che Gegen­wehr aus?
Breit­schmid: Weil man nichts erzwin­gen kann, was sich nor­ma­ler­wei­se über Gene­ra­tio­nen hin­weg ent­wickelt. Dop­pel­punk­te, Stern­chen, Unter­stri­che und so wei­ter ent­stel­len die Spra­che und füh­ren sicher nicht dazu, dass sich alle Men­schen auf Augen­hö­he begeg­nen. Die gan­ze Gleich­be­rech­ti­gungs­be­we­gung hinkt in vie­len Berei­chen unse­res Lebens immer noch hin­ter­her.
Wal­ten­spül: Genau des­halb fin­de ich es wich­tig, dass man einen Schritt in Rich­tung Gleich­be­rech­ti­gung geht, indem man gen­der­ge­rech­te Spra­che benutzt und dafür sen­si­bi­li­siert. Ich habe auch erst mit der Zeit gemerkt, dass mich das Wort «Teil­neh­mer» stört, weil ich eine Frau bin und kein Teil­neh­mer. Das hat mich acht­sa­mer gemacht und jetzt fal­len mir immer mehr sol­cher Wör­ter auf.
Schall­mei­ner: Das spie­gelt sehr gut wider, wie rigi­de unser kul­tu­rel­les System gedacht wird. Ver­än­de­run­gen wären viel schnel­ler umsetz­bar, wenn nicht stän­dig die­ses Gefühl von «es muss so sein, weil es schon die letz­ten 40 Jah­re so war und wei­ter­hin so funk­tio­nie­ren wird» mit­schwin­gen wür­de. Die Schweiz ist ein wenig tra­di­tio­nel­ler und kon­ser­va­ti­ver, was gewis­se Vor­tei­le hat, aber in punk­to Frau­en­rech­te fin­de ich das eher nach­tei­lig. Wie wir uns in unse­rer Gesell­schaft unter­hal­ten, zeigt auch, wie unse­re Gesell­schaft ist und umgekehrt.

Wer darf oder soll Spra­che ver­än­dern? Eine Expert*innengruppe oder jede*r für sich?
Schall­mei­ner: Die Ent­wick­lung darf von oben ange­stos­sen wer­den, muss aber letzt­lich von innen kom­men. Jede*r muss selbst her­aus­fin­den, was sinn­voll oder viel­leicht auch nicht sinn­voll ist.
Breit­schmid: Doch genau das las­sen akti­ve «Gen­de­rer» nicht zu. Sie über­neh­men das Den­ken. Ich habe das in den 80er-Jah­ren wäh­rend mei­nes Stu­di­ums mit­er­lebt, als die femi­ni­sti­sche Lin­gu­istik pro­pa­giert wur­de. Ich fand das span­nend, dach­te aber schon damals: Das lässt sich nicht durch­set­zen. Für den Denk­an­stoss aber, ob wir wirk­lich gleich­be­rech­tigt sind, bin ich die­ser Bewe­gung heu­te noch dank­bar.
Wal­ten­spül: Ich fin­de auch, dass die Ver­än­de­rung bei der Per­son selbst anfan­gen muss. Vor­schrif­ten brin­gen da wenig. Ich fin­de es aber gut, dass der Bund bei­spiels­wei­se Leit­fä­den zur geschlech­ter­ge­rech­ten Spra­che her­aus­gibt, die der Ori­en­tie­rung dienen.

Ist der Gen­der­stern die rich­ti­ge Lösung oder gibt es ande­re For­men, auf die man sich eini­gen könn­te? Wel­che?
Schall­mei­ner: Per­sön­lich fin­de ich den Dop­pel­punkt schön, weil er das Schrift­bild nicht so stark stört. Das ist aber eine rein ästhe­ti­sche Über­le­gung. Der Stern ist gut, weil er auf­fällt, man mehr ange­hal­ten wird, ihn mit­zu­le­sen und sich dann Gedan­ken macht, was dort tat­säch­lich steht.
Wal­ten­spül: Es gibt kei­ne rich­ti­ge Lösung. Wich­tig ist, dass man sich beim Schrei­ben an etwas hält und nicht fünf ver­schie­de­ne For­men braucht. Am besten ist es, wenn gar nichts Zusätz­li­ches not­wen­dig ist, son­dern das Wort kom­plett umge­än­dert wird, zum Bei­spiel in sub­stan­ti­vier­te Adjek­ti­ve oder Par­ti­zi­pi­en, wie bei «Stu­die­ren­de», wenn man alle Geschlech­ter meint.

[esf_wordpressimage id=“32857” width=“half” float=“left”][/esf_wordpressimage]Wie kann in Tex­ten eine gute Balan­ce zwi­schen Les­bar­keit und dem Anspruch einer gen­der­ge­rech­ten Spra­che geschaf­fen wer­den?
Breit­schmid: Das ist abso­lut unmög­lich. Ver­su­chen kann man jedoch, dort, wo es vom Sprach­rhyth­mus und ‑klang her mög­lich ist, mit Vari­an­ten von Frau­en- und Män­ner­nen­nun­gen zu spie­len. Wenn ich zum Bei­spiel über Leh­re­rin­nen und Leh­rer berich­te, schrei­be ich, je nach Text­fluss, eben von Lehr­per­so­nen. Aber alles ande­re kommt bei mir nicht infra­ge. Bei mir bestim­men Text­klang und Inhalt die Form.
Wal­ten­spül: Die Art des Texts spielt eine wich­ti­ge Rol­le. Manch­mal lei­det die Les­bar­keit, wenn bei­spiels­wei­se Zei­tungs­be­rich­te gen­der­ge­recht geschrie­ben sind. Dann ist es gut, wenn man sich vor­her über­legt, ob jetzt wirk­lich nur Män­ner gemeint sind und so for­mu­liert, dass man viel­leicht dar­um her­um­kommt, Stern­chen oder Dop­pel­punkt zu benut­zen.
Breit­schmid: Ganz wich­tig ist das Bewusst­sein dahin­ter. Für mich ist ganz klar, dass die Plu­ral­form immer alle Geschlech­ter beinhal­tet. Wenn es dar­um geht, für Gerech­tig­keit oder für einen Gleich­stand zu sor­gen, muss man sich gezielt dafür ein­set­zen, zum Bei­spiel indem man offen über sei­nen Lohn spricht, damit klar wird, wo Frau­en bewusst benach­tei­ligt wer­den. Gen­der­ge­rech­tig­keit muss prak­tisch pas­sie­ren. Hin­ter Stern und Dop­pel­punkt kön­nen sich vie­le ver­stecken.
Wal­ten­spül: Für mich ist die mas­ku­li­ne Mehr­zahl nicht so ein­deu­tig. Damit füh­le ich mich nicht ange­spro­chen. Es kommt immer auf die Rezep­ti­on an, wie die Leser*innen den Bericht inter­pre­tie­ren und an wen er sich genau rich­tet. Man soll­te von die­sem Punkt aus über­le­gen, was und wie viel man in Sachen Gen­der­ge­rech­tig­keit unter­nimmt.
Schall­mei­ner: Es gibt Stu­di­en, die zei­gen, dass die Les­bar­keit durch den Stern schein­bar nicht beein­träch­tigt wird und die Spra­che sogar prä­zi­ser zu sein scheint. Ich bin der Mei­nung, dass man eine gute Balan­ce fin­den soll­te. Man soll­te dem Text anse­hen, dass sich jemand Gedan­ken dar­über macht, wie er*sie Spra­che ver­wen­det und dass er*sie zumin­dest ver­sucht, alle miteinzuschliessen.

forum­Kir­che ver­wen­det seit Anfang die­ses Jah­res den Gen­der­stern. Ist das aus Ihrer Sicht eine Bevor­mun­dung der Leser*innen?
Wal­ten­spül: Mei­ner Mei­nung nach nicht. Den Leser*innen wird ja nicht vor­ge­schrie­ben, dass sie auch so schrei­ben müs­sen.
Breit­schmid: Das kann auch für Wut und Unver­ständ­nis sor­gen, und ob sich die Redak­ti­on damit einen Gefal­len tut, ist frag­lich.
Schall­mei­ner: Ich per­sön­lich fin­de das gut und bin ein gros­ser Freund davon. Natür­lich muss sich eine Redak­ti­on vor­her immer über­le­gen, ob sie es sich lei­sten kann, gewis­se Leser*innen zu ver­lie­ren, also ob der ideo­lo­gi­sche Wert dies rechtfertigt.

Was ist für Sie per­sön­lich zu viel des Guten? Wo hört das Gen­dern sprach­lich gese­hen auf?
Wal­ten­spül: Wenn sich Men­schen wäh­rend dem Spre­chen kor­ri­gie­ren und immer die vol­le Paar­form benut­zen. Für mich ist gen­dern vor allem im Schrift­ver­kehr wich­tig und weni­ger in einem Gespräch.
Schall­mei­ner: Ich glau­be nicht, dass es zu viel des Guten gibt. Man muss kei­ne Mör­der­gru­be aus der eige­nen See­le machen, wenn man ein­mal nicht gen­dert, aber ich sehe kei­ne Grün­de für Gren­zen.
Breit­schmid: Die Gren­ze ist durch die Spra­che gege­ben, dort, wo für mich die Spra­che in ihrer Schön­heit und in ihrer Inte­gri­tät ver­letzt wird.

Füh­ren bei­spiels­wei­se bestimm­te Bezeich­nun­gen nicht auch dazu, dass sich die Men­schen, die Inklu­si­on suchen, selbst aus­schlies­sen und dadurch das Schub­la­den­den­ken nur noch geför­dert wird?
Breit­schmid: Das ist so. Ich habe die Kolum­ne einer jun­gen Volon­tä­rin des Baye­ri­schen Rund­funks zum The­ma Gen­dern im Mit­tags­ma­ga­zin gese­hen. Sie erzählt dar­in, war­um sie dage­gen ist und dass sich gewis­se Men­schen damit in einer Art Bla­se abkap­seln wür­den. Indem also jemand laut und deut­lich gen­dert, grenzt er oder sie sich von den­je­ni­gen ab, die das nicht tun und fühlt sich viel­leicht dadurch auch als etwas Bes­se­res.
Schall­mei­ner: Gewis­se Bezeich­nun­gen hel­fen, die eige­ne Iden­ti­tät zu fin­den. Sich über den eige­nen Platz in der Gesell­schaft bewusst zu sein, gene­riert mehr Mög­lich­kei­ten, Anschluss zu fin­den. Fühlt sich ein Mensch hin­ge­gen selbst nicht reprä­sen­tiert, wird es schwie­rig für ihn nach aus­sen hin auch selbst­be­wusst sagen zu kön­nen: «Das ist mein Bereich und auf die­se Art und Wei­se wür­de ich ger­ne mit dir inter­agie­ren.» Ich hof­fe nach wie vor, dass Men­schen genug selbst­re­flek­tiert sind, um sich nicht in eine Box hin­ein­zu­den­ken und dann dort zu ver­har­ren, son­dern, indem sie erken­nen, wer sie sind, umso mehr Lust haben, an die­ser Welt teilzunehmen.

[esf_wordpressimage id=“32823” width=“half” float=“right”][/esf_wordpressimage]Was kann das Gen­dern posi­tiv bewir­ken, und kön­nen sich damit das Den­ken und die Wirk­lich­keit ver­än­dern?
Wal­ten­spül: Ja. Ich fin­de es schön, dass wir in der deut­schen Spra­che weib­li­che und männ­li­che Bezeich­nun­gen haben, die man nut­zen soll­te. In vie­len ande­ren Spra­chen gibt es das nicht. Frau­en soll­ten expli­zit genannt wer­den, wenn sie mit­ge­meint und gemeint sind, was im besten Fall dazu bei­trägt, dass es künf­tig mehr Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen gibt, weil sie sich mehr zutrau­en.
Schall­mei­ner: An star­ren Bil­dern im Kopf kann dadurch gerüt­telt wer­den. Das kommt ja nicht nur den Frau­en zugu­te, son­dern auch den Män­nern. Denn es gibt Kon­struk­te, die Män­nern das Gefühl geben, sie müs­sen sich in einer gewis­sen Art und Wei­se in der Gesell­schaft ver­hal­ten, was eben­falls nicht gesund ist. Gen­dern schafft Inklu­si­on. Dadurch füh­len sich auch die­je­ni­gen ange­spro­chen, die sich nicht sicher sind, wo sie auf der Ska­la von Mann bis Frau ste­hen. Doch auch ich gebe zu: das Reden allei­ne nützt nichts, wenn die Hand­lung nicht mit­spielt, aber das Reden nützt schon viel.
Breit­schmid: Genau. Es geht um die Kom­mu­ni­ka­ti­on und die muss funk­tio­nie­ren, dann fin­den auch Hand­lun­gen statt. Man soll­te bei­spiels­wei­se in einem Gespräch ganz bewusst Din­ge so for­mu­lie­ren, dass sie beim Gegen­über rich­tig ankom­men und etwas aus­lö­sen kön­nen. Das fängt an bei posi­ti­ven, beja­hen­den For­mu­lie­run­gen anstel­le des ewi­gen «nein», «nicht» und «aber».

Stich­wort Kom­mu­ni­ka­ti­on. Wel­che Ein­sich­ten haben Sie durch die­ses Gespräch gewon­nen?
Schall­mei­ner: Ich fin­de es immer wie­der erfri­schend, eine ande­re Per­spek­ti­ve auf ein bestimm­tes The­ma zu bekom­men. Gera­de auch des­halb, weil ich selbst zwi­schen­durch befürch­te, mich in die­ser schon ange­spro­che­nen Bla­se zu befin­den und zu wenig Kri­tik von aus­sen zuzu­las­sen. Sobald man die­sen Input von sich sel­ber abtrennt, macht man sich angreif­bar und ist nicht mehr seri­ös in dem, was man denkt und sagt.
Wal­ten­spül: Auch wenn man eine Mei­nung hat, muss man sich immer bewusst sein, dass es noch eine ande­re Sei­te gibt. Des­halb ist es sinn­voll, sich dann und wann in den Aus­tausch zu bege­ben, gera­de mit Men­schen, die einem viel­leicht nicht zustim­men.
Breit­schmid: Für mich geht es einer­seits um eine Hal­tung und ande­rer­seits um Spra­che, und da gibt es kein Ent­we­der-oder, man muss sich ent­schei­den. Dass sich alle Geschlech­ter auf Augen­hö­he aus­tau­schen kön­nen, das muss man errei­chen. Nicht, indem man die Spra­che gewalt­sam ver­än­dert, son­dern indem man sie rich­tig gebraucht. Ich fand es span­nend, was du, Zoe, über das Wort «Teil­neh­mer» gesagt hast, und ich glau­be, wenn einem jun­gen Men­schen heu­te so etwas auf­fällt, dann hat sich schon etwas bewegt.

Christian Breitschmid
mehr zum Autor
nach
soben