Mit Karikaturen übers Sterben schmunzeln

Mit Karikaturen übers Sterben schmunzeln


Etwas über ein Jahr ist es her, dass der Zeich­n­er Jürg Par­li im Alter von 83 Jahren ver­starb. Der in Solothurn wohn­hafte gebür­tige Bünd­ner, den viele unter seinem Kün­stler­na­men «JüPa» kan­nten, arbeit­ete viele Jahre als Zeich­nungslehrer an der Kan­ton­ss­chule Solothurn und arbeit­ete als Karika­tur­ist für diverse Zeitun­gen und Zeitschriften.

JüPa’s Zeich­nun­gen waren geprägt von einem sub­tilen, schalkhaften Humor und strahlten oft Heit­erkeit und Unbeschw­ertheit aus. Auch in seinem Heimatkan­ton Graubün­den war Par­li eine Grösse. Nicht zulet­zt stam­men von JüPa aber auch die Zeich­nun­gen auf ein­er Wand­fas­sade in Sichtweite des Solothurn­er Bahn­hofs.

Nicht ganz hundert


Anstelle ein­er tra­di­tionellen Abdankung hat­te sich JüPa eine «Finis­sage» gewün­scht, an welch­er von ihm gefer­tigte Zeich­nun­gen zum The­ma Ster­ben und Tod aus­gestellt wer­den soll­ten. Lange bevor Par­li krank wurde, hat­te er begonnen, die skizzen­haften Illus­tra­tio­nen zu zeich­nen und in ein­er kleinen Schachtel aufzube­wahren. Als er starb, befan­den sich in der Schachtel genau 99 Zeich­nun­gen. Auf für JüPa typ­is­che humoris­tis­che Weise set­zen sie sich mit ein­er eigentlich ern­sten und schw­er zu begreifend­en The­matik auseinan­der. Parlis Wun­sch entsprechend, wurde einige Tage nach seinem Tod im Novem­ber 2021 eine Finis­sage ver­anstal­tet, an welch­er die 99 Bilder aus JüPa’s Schachtel zu sehen waren.

Seelsorger, Lyriker und Freund


[esf_wordpressimage id=2842 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Geleitet wurde die Finis­sage von Thomas Jenel­ten, einem guten Fre­und Parlis. Die bei­den ver­band ihre kün­st­lerische Tätigkeit. Der Wal­lis­er The­ologe arbeit­et als Seel­sorg­er am Regionalen Pflegezen­trum Baden und ist Polizeiseel­sorg­er. Als Autor ver­fasst er lyrische Texte. 

Ken­nen­gel­ernt hat­ten sich JüPa und Jenel­ten bei einem gemein­samen Aben­dessen im Hause Par­li, zu welchem eine gemein­same Bekan­nte Jenel­ten mitgenom­men hat­te. Schnell kam man ins Gespräch und ver­stand sich auf Anhieb aus­geze­ich­net. Es entwick­elte sich eine Fre­und­schaft und in deren Rah­men viele ver­trauensvolle Gespräche. Eines Tages zeigte Par­li, damals noch gesund, Jenel­ten die Schachtel mit sein­er Bilder­samm­lung zum The­ma Ster­ben und Tod. Er fragte ihn, ob er Parlis Abdankung in Form ein­er Finis­sage leit­en würde, wozu sich Jenel­ten umge­hend bere­it erk­lärte.

«JüPa hätte sich gefreut»


Durchge­führt wurde die Finis­sage in einem Saal, in dem die ver­schiede­nen Zeich­nun­gen an ein­er Schnur befes­tigt wur­den. Die Ausstel­lung war so kon­stru­iert, dass den Besucherin­nen und Besuch­ern die Sujets der Bilder zunächst ver­bor­gen blieben. Erst nach­dem die Finis­sage durch das Durch­schnei­den eines Ban­des eröffnet wor­den war, kon­nten die Gäste die 99 Zeich­nun­gen Parlis betra­cht­en.

Jenel­tens anfängliche Sorge darüber, wie die Finis­sage beim Pub­likum ankom­men würde, erwies sich als unbe­grün­det: Sie war ein voller Erfolg. Das Pub­likum liess sich auf Parlis aussergewöhn­liche Auseinan­der­set­zung mit dem The­ma Ster­ben und Tod ein. Die Besucherin­nen und Besuch­er nah­men sich viel Zeit, die Zeich­nun­gen anzuschauen und tauscht­en rege aus. «JüPa hätte sich darüber gefreut», sagt Jenel­ten, «es war das, was er gewollt hat­te».

Das Buch nimmt dem Thema die Schwere

Es ent­stand der Entschluss, das Pro­jekt der Finis­sage weit­erzuführen. So ist nun ein Jahr nach JüPa‘s Tod ein Buch mit dem Titel «Finis­sage» erschienen, welch­es das For­mat der Zeich­nun­gen aufn­immt und sie in gedruck­ter Form abbildet. Ergänzt wer­den die Bilder durch von Jenel­ten ver­fasste Begleit­texte, in denen er den Inhalt der Bilder auf­greift. Beim Schreiben ori­en­tierte er sich an der spielerischen japanis­chen Gedicht­form des Tankas. Sie passt zu JüPa’s Zeich­nun­gen, da sie auch etwas Skizzen­haftes hat. Das Buch kann, so meint Jenel­ten, zu Gesprächen über Ster­ben und Tod anre­gen; ein The­ma, über das in unser­er Gesellschaft oft nicht gerne gesprochen wird. Für Jenel­ten, in dessen All­t­ag als Seel­sorg­er das The­ma Ster­ben und Tod all­ge­gen­wär­tig ist, hat das Buch etwas Tröstlich­es. «Es nimmt einem ern­sten The­ma ein wenig die Schwere.»

 

Marie-Christine Andres Schürch
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