«Men­schen­rech­te gel­ten in und für Religionsgemeinschaften»

Der Staat soll die Kir­che bezüg­lich Gleich­be­rech­ti­gung in die Pflicht nehmen

Der Luzer­ner Ethik­pro­fes­sor Peter Kirch­schlä­ger kri­ti­siert die katho­li­sche Kir­che für ihre man­gel­haf­te Umset­zung der Men­schen­rech­te gegen innen. Gera­de bezüg­lich Gleich­be­rech­ti­gung müs­se der Staat den Dia­log mit der Kir­che suchen, for­dert Kirch­schlä­ger an einem Anlass des Zür­cher Insti­tuts für inter­re­li­giö­sen Dia­log (ZIID). Zudem ruft er die Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten dazu auf, reli­giö­se Begrün­dun­gen für die Men­schen­rech­te zu finden.
Peter Kirch­schlä­ger ist Pro­fes­sor für Theo­lo­gi­sche Ethik an der Uni­ver­si­tät Luzern. | © Uni­ver­si­tät Luzern
Die römisch-katho­li­sche Kir­che erin­ne­re Staa­ten an die 1948 von den Ver­ein­ten Natio­nen dekla­rier­ten Men­schen­rech­te, und das sei gut, sagt Peter Kirch­schlä­ger, Ethik­pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Luzern und Men­schen­rechts­spe­zia­list, am Anlass des ZIID zum The­ma «Men­schen­rech­te und Uni­ver­sa­li­tät – ein Wider­spruch?». «Wenn die Kir­che aber nach innen noch Haus­auf­ga­ben zu lösen hat, ver­pufft die­se posi­ti­ve Wir­kung nach aus­sen.»

Unge­lö­ste Pro­ble­me in der katho­li­schen Kirche

Beson­ders bezüg­lich Gleich­be­rech­ti­gung der Geschlech­ter sieht der Ethi­ker ein gros­ses, unge­lö­stes Pro­blem in sei­ner eige­nen, also der römisch-katho­li­schen Kir­che. Dies betref­fe ins­be­son­de­re das Ver­bot der Prie­ster­wei­he für Frau­en. Der Staat darf hier nach sei­ner Ansicht nicht ein­fach weg­schau­en, denn er sei ver­pflich­tet, die Men­schen­rechts­char­ta auch umzu­set­zen.Kirch­schlä­ger for­dert des­halb einen Dia­log zwi­schen Staat und der Kir­che. «Der Staat muss der Kir­che sagen: Bezüg­lich Gleich­be­rech­ti­gung gibt es bei euch ein Pro­blem.» Die Argu­men­ta­ti­on, jede Frau kön­ne ohne wei­te­res aus der Reli­gi­ons­ge­mein­schaft aus­tre­ten, zählt laut Kirch­schlä­ger nicht. «Das wäre Täter­schutz», argu­men­tiert er.Der Ethi­ker plä­diert in sei­nem Refe­rat für die Uni­ver­sa­li­tät der Men­schen­rech­te. Jeder Mensch habe Anrecht auf die 1948 in der Char­ta for­mu­lier­ten Men­schen­rech­te, unab­hän­gig von irgend­wel­chen Kri­te­ri­en wie Reli­gi­on, Wohn­ort, Bil­dung, Mei­nung oder Ein­kom­men. Und die­se Rech­te behal­te jeder und jede, auch wenn er oder sie in eine Kir­che, Syn­ago­ge oder Moschee ein­tre­te. Des­halb kann sich gemäss Kirch­schlä­ger auch kei­ne Reli­gi­ons­ge­mein­schaft um die Men­schen­rech­te fou­tie­ren.«Men­schen­rech­te gel­ten in und für Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten», betont Kirch­schlä­ger. Die Staa­ten sei­en zwar pri­mä­re Men­schen­rechts­ak­teu­re, aber auch nicht­staat­li­che Akteu­re hät­ten Men­schen­rechts­ver­pflich­tun­gen. Dar­aus folgt gemäss Kirch­schlä­ger: «Reli­gi­ons- und Welt­an­schau­ungs­ge­mein­schaf­ten sind ver­pflich­tet zur Durch­set­zung der Men­schen­rech­te.»

Brücken zwi­schen Reli­gi­on und Men­schen­rech­ten bauen

Der Ethi­ker for­dert die Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten dazu auf, Brücken zwi­schen ihren Reli­gio­nen und den Men­schen­rech­ten zu bau­en. Die Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten soll­ten dem­nach reli­giö­se Begrün­dun­gen für die Men­schen­rech­te fin­den. Ziel davon sei ein reli­giö­ses Men­schen­rechts­ver­ständ­nis in den Gemein­schaf­ten. Der Ethi­ker ist davon über­zeugt, dass damit das Ent­ste­hen von men­schen­rechts­frei­en Räu­men in den Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten ver­hin­dert wer­den könn­te.In der Char­ta selbst sind kei­ne reli­giö­sen Begrün­dun­gen für die Men­schen­rech­te fest­ge­hal­ten. Dies habe die dama­li­ge Vor­be­rei­tungs­kom­mis­si­on aus Respekt vor der Plu­ra­li­tät absicht­lich weg­ge­las­sen, sagt Kirch­schlä­ger. Nun gel­te es den Ball auf­zu­neh­men, und eine reli­giö­se Begrün­dung zu fin­den. Eine christ­li­che Legi­ti­mie­rung ver­sucht Peter Kirch­schlä­ger anhand von Aus­schnit­ten aus der Bibel. Dabei geht es um die Sorg­falts­pflicht des Men­schen gegen­über der Schöp­fung, sei­ne Bezie­hungs­fä­hig­keit und den Ver­zicht auf eine auf Chri­sten zen­trier­te Sicht­wei­se.kath.ch, Regu­la Pfeifer
Regula Vogt-Kohler
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