In die Wüste geführt …

In die Wüste geführt …

Mat­thä­us 19,16–17.20–21Und sie­he, da kam ein Mann zu Jesus und frag­te: Mei­ster, was muss ich Gutes tun, um das ewi­ge Leben zu gewin­nen? Er ant­wor­te­te: Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist der Gute. Wenn du aber in das Leben ein­tre­ten willst, hal­te die Gebo­te! … Der jun­ge Mann erwi­der­te ihm: Alle die­se Gebo­te habe ich befolgt. Was fehlt mir noch? Jesus ant­wor­te­te ihm: Wenn du voll­kom­men sein willst, geh, ver­kauf dei­nen Besitz und gib ihn den Armen; und du wirst einen Schatz im Him­mel haben; und komm, fol­ge mir nach!Neue Ein­heits­über­set­zung 

In die Wüste geführt …

Anto­ni­us wird auch «der Wüsten­va­ter» genannt. Er war ein Mann, der im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes von Gott in die Wüste geführt wur­de. Schon mit zwan­zig Jah­ren soll er sein Eltern­haus und sei­nen gan­zen Besitz ver­las­sen haben, um in der Ein­sam­keit der Wüste ein mit Gott ver­bun­de­nes Leben zu füh­ren.Auch von Jesus wis­sen wir, dass er zunächst allein in der Wüste war. Und spä­ter wird uns berich­tet, dass er sich oft­mals zurück­ge­zo­gen hat. Er hat bewusst die Ein­sam­keit auf­ge­sucht, um mit Gott – dem Vater – allein zu sein; um zu beten, um Kraft zu tan­ken – auch wenn ihm das meist nicht lan­ge ver­gönnt war und er immer gleich wie­der zurück­ge­ru­fen wur­de zum Dienst an den Men­schen.Seh­nen wir uns heu­te nicht auch manch­mal nach «Wüsten­ta­gen», nach «Aus­zei­ten» oder «stil­len Tagen»? Als Chri­sten brau­chen wir wenig­stens zeit­wei­se klei­ne «Oasen», Wüsten­zei­ten des Allein­seins, der Ruhe, der Selbst­fin­dung – in Gott­ver­bun­den­heit; schlicht und ein­fach: Zei­ten des Gebets.Selbst­ver­ständ­lich ist es aber den­noch nicht, dem Geist Got­tes Raum zu geben und ihm in die Wüste zu fol­gen. Es gibt vie­le Grün­de, der Wüste aus­zu­wei­chen. Viel­leicht kom­men in der Stil­le, bei einem «Wüsten­tag», The­men in mir hoch, denen ich mich dann stel­len muss. Das kön­nen auch schwie­ri­ge The­men sein – bei Anto­ni­us wird uns von Ver­su­chun­gen durch Dämo­nen und Irr­leh­rer berich­tet. Es war nicht nur Got­tes Stim­me, die zu ihm gespro­chen hat. Es gab auch ande­re Stim­men, mit denen er sich aus­ein­an­der­set­zen muss­te.Oft ver­spürt man in der Wüste auch ein­fach nur Durst und Sehn­sucht. Man spürt Ein­sam­keit und das eige­ne Unge­nü­gen. Wer in die Wüste geht, der begeg­net sei­nen Gren­zen. Ja, Wüste steht nicht nur für Samm­lung und Got­tes­be­geg­nung. Wüste bedeu­tet auch (und viel­leicht zuerst) Ent­beh­rung und Man­gel. Sie ist kein Ort des Über­flus­ses, son­dern ein Ort des Man­gels – ein Ort, an dem unse­re Abhän­gig­keit deut­lich wird.Manch­mal spre­chen wir davon, jeman­den «in die Wüste zu schicken». Das klingt abwer­tend und bedeu­tet: Den will ich los­wer­den. Aber wenn Gott einen Men­schen in die Wüste führt, wenn Gott uns ein­lädt, allen Über­fluss los­zu­las­sen, dann macht er das nicht, weil er uns los­wer­den will. Er macht das nicht, weil er uns irgend etwas ver­gönnt, son­dern weil er uns bei sich haben will, und auch weil er will, dass wir zu uns fin­den; weil er will, dass wir die wah­re Fül­le, das wah­re Leben fin­den.Als Gott sein Volk Isra­el aus dem ägyp­ti­schen Skla­ven­haus befrei­te, hat er es zuerst in die Wüste geführt. Viel­leicht woll­te er, dass das Volk erst­mal eine Besin­nungs­zeit hat – eine Zeit, in der es das Alte hin­ter sich las­sen kann, um offen zu wer­den für das ver­heis­se­ne Land.Jeder, der in der Chri­stus­nach­fol­ge bereit ist, alles Gott zu über­las­sen, wird erfah­ren, was die Hei­li­ge Schrift ver­si­chert: «Jeder, der um mei­nes Namens wil­len Häu­ser oder Brü­der oder Schwe­stern oder Vater oder Mut­ter oder Kin­der oder Äcker ver­las­sen hat, wird dafür das Hun­dert­fa­che erhal­ten und das ewi­ge Leben erben.» (Mt 19,29)Nadia Miri­am Kel­ler, Theo­lo­gin, ursprüng­lich Pfle­ge­fach­frau, arbei­tet in der Pfar­rei St. Odi­lia, Arlesheim  
Redaktion Lichtblick
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