Im Sep­tem­ber ist Schöpfungszeit
Grünspecht
Foto: © Georg_Wietschorke/Pixabay

Im Sep­tem­ber ist Schöpfungszeit

Viele Vögel sind – noch – da

«Heilige Vielfalt» lautet das Motto der diesjährigen Schöpfungszeit.  Die Schweizerische Vogelwarte in Sempach zeigt auf, wie eine Vielfalt an Vögeln in Gärten, auf Friedhöfen oder an Gebäuden gefördert werden kann.

«Mau­er­seg­ler jagen ihre Beu­te hoch in der Luft, sie ernäh­ren sich von Mücken und Flie­gen», sagt Cari­ne Hür­bin, Medi­en­spre­che­rin der Schwei­ze­ri­schen Vogel­war­te in Sem­pach. Wer sei­nen Gar­ten so anlegt, dass Flie­gen und Mücken dar­in Nah­rung fin­den, tut somit auch etwas für den Mau­er­seg­ler. «Ein Insek­ten­freund­li­cher Gar­ten ist auch vogel­freund­lich», so Cari­ne Hür­bin. Sie freut sich über das Mot­to, das der Ver­ein «oeku Kir­chen für die Umwelt”  für die dies­jäh­ri­ge Schöp­fungs­zeit im Monat Sep­tem­ber fest­ge­legt hat: «Hei­li­ge Vielfalt».

Der Mensch profitiert

Die Viel­falt der ein­hei­mi­schen Vogel­welt für künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen zu bewah­ren, ist auch das Ziel der Vogel­war­te. Dazu erforscht sie die wild leben­den Vögel und setzt sich für ihren Schutz ein. 40 Pro­zent der Schwei­zer Vogel­ar­ten stün­den auf der Roten Liste der Brut­vö­gel. Der Mau­er­seg­ler gilt bis­lang erst als «poten­zi­ell gefährdet».

Schutz braucht auch die Feld­ler­che. «Sie nistet am Boden. Wenn ein Feld dicht mit Mais oder Wei­zen bepflanzt ist, hat sie zu wenig Platz, um sich zu bewe­gen. Beim Mähen wer­den die Nester mit den Jun­gen oft zer­stört.» Weni­ger häu­fig oder spä­ter zu mähen, wenn die Jun­gen das Nest bereits ver­las­sen haben, wäre hilf­reich. Die Vogel­war­te sucht hier das Gespräch mit   Land­wir­tin­nen und Land­wir­ten, damit genü­gend Jun­ge über­le­ben, um die Art zu erhalten.

Die Vogel­war­te Sem­pach ist 100 Jah­re alt

Die Schwei­ze­ri­sche Vogel­war­te wur­de am 6. April 1924 gegrün­det und hat sich seit­her zu einer bedeu­ten­den Stif­tung für Vogel­kun­de und Vogel­schutz in der Schweiz ent­wickelt. Ihre Leit­li­nie ist es, fun­dier­te wis­sen­schaft­li­che Grund­la­gen zu schaf­fen und sich für das Wohl der Vögel und ihrer Lebens­räu­me einzusetzen.

Im Jubi­lä­ums­jahr dankt die Vogel­war­te ihren Unter­stüt­zern und Part­nern mit Vor­trä­gen an diver­sen Orten. Das Pro­gramm fin­den Sie hier: vogelwarte.ch/de/100-jahre/

Tage der Offe­nen Tür fin­den am Sa/So, 7. / 8. Sep­tem­ber von 10 –17.00 statt.

Im September ist Schöpfungszeit - Lichtblick Römisch-katholisches Pfarrblatt der Nordwestschweiz 1
«Insek­ten­freund­lich ist auch vogel­freund­lich», sagt Cari­ne Hür­bin von der Vogel­war­te Sem­pach. / Foto: © Syl­via Stam

Viel­falt als Wert an sich

War­um aber ist es wich­tig, dass mög­lichst vie­le Arten erhal­ten blei­ben? Cari­ne Hür­bin nennt zwei Argu­men­te: Zum einen geht es um zusam­men­hän­gen­de Öko­sy­ste­me, die über Jahr­tau­sen­de ent­stan­den sind. «Auch der Mensch pro­fi­tiert davon: Insek­ten bestäu­ben Blü­ten, die zu Früch­ten wer­den. Vögel, die Insek­ten fres­sen, regu­lie­ren den Insek­ten­be­stand.» Die­se Vögel wie­der­um sei­en Nah­rung für Füch­se oder Mar­der. Das zwei­te Argu­ment ist eher ein kul­tu­rell-ästhe­ti­sches: «Die Viel­falt ist ein Wert an sich», sagt Hür­bin, und ist damit nahe beim Mot­to der Schöp­fungs­zeit, auch ohne den Begriff «hei­lig» zu nen­nen. «Wenn Vogel­ar­ten aus­ster­ben, geht eine natür­li­che Geräusch­ku­lis­se ver­lo­ren, die vie­le Men­schen als schön erle­ben. Ande­re freu­en sich, wenn der Mau­er­seg­ler im Früh­ling zurück­kommt. Die Feld­ler­che wird in Lite­ra­tur und Musik häu­fig besun­gen.» Sol­che Argu­men­te sind für Hür­bin eben­so wichtig.

Um die Viel­falt zu erhal­ten, gibt die Vogel­war­te vie­le Anre­gun­gen für die För­de­rung der ein­hei­mi­schen Vogel­welt: «Der Grün­specht hackt sei­ne Höh­le in den Baum­stamm. Dazu braucht der Stamm einen gewis­sen Umfang.» Wer alte Bäu­me ste­hen lässt, tut dem Grün­specht also einen Gefal­len. Der Mau­er­seg­ler hin­ge­gen brü­tet ger­ne in einer gewis­sen Höhe: Er sucht Hohl­räu­me in Mau­ern oder Tür­men, in Dächern oder unter Zie­geln. «Sol­che Nischen gehen bei der moder­nen Bau­wei­se oft ver­lo­ren. An geeig­ne­ten Stel­len las­sen sich aber Nist­hil­fen platzieren.»

Dor­nen schüt­zen vor Katzen

Doch der beste Nist­platz nützt wenig, wenn die Vogel­fa­mi­lie in der Nähe kei­ne Nah­rung fin­det. Dar­um sei auch die Umge­bung eines Nests wich­tig. Ein­hei­mi­sche Pflan­zen und eine Viel­falt an Struk­tu­ren sei­en för­der­lich: Ast- oder Stein­hau­fen, so dass sich Eidech­sen ein­ni­sten, Was­ser­flä­chen, Kies­we­ge oder Pfla­ster­stei­ne statt Beton, damit sich Käfer in den Rit­zen ein­fin­den. Wenn man einen Gar­ten oder Fried­hof so bepflanzt, «dass von Febru­ar bis Okto­ber etwas blüht», und wenn man im Win­ter die Bee­ren hän­gen lässt, fin­den die Vögel das gan­ze Jahr etwas zu essen. Thu­ja, wie man ihn oft an Fried­hö­fen sehe, bie­te Insek­ten nichts. För­der­li­cher für die Viel­falt sei­en ein­hei­mi­sche Dor­nen­sträu­cher wie Schwarz­dorn oder Hunds­ro­se. «Die­se bie­ten Amseln oder Rot­kehl­chen, die dar­in nisten, Schutz vor Füch­sen und Kat­zen», sagt Hürbin.

Geduld erfor­der­lich

Aller­dings, räumt Cari­ne Hür­bin ein, brau­che es Geduld. «Eine Mager­wie­se mit vie­len insek­ten­freund­li­chen Blü­ten blüht viel­leicht erst im zwei­ten oder drit­ten Jahr. Die Nist­kä­sten von Mei­sen sei­en viel­leicht nicht jedes Jahr bewohnt. «Aber wer sei­nen Gar­ten insek­ten­freund­lich gestal­tet oder einen Nist­ka­sten auf­hängt, setzt sich mit der Arten­viel­falt aus­ein­an­der, das schafft eine Bezie­hung, sodass man sich eher für die Arten­viel­falt ein­setzt», ist Hür­bin überzeugt.

Die­ser Arti­kel ist zuerst im Kan­to­na­len Pfar­rei­blatt Luzern erschienen.

Sylvia Stam
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