Im Herzschlag Ruhe finden

Im Herzschlag Ruhe finden

Eph­eser­brief 3,16–19Er gebe euch auf­grund des Reich­tums sein­er Her­rlichkeit, dass ihr in Bezug auf den inneren Men­schen durch seinen Geist an Kraft und Stärke zunehmt. Durch den Glauben wohne Chris­tus in euren Herzen, in der Liebe ver­wurzelt und auf sie gegrün­det. So sollt ihr mit allen Heili­gen dazu fähig sein, die Länge und Bre­ite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu erken­nen, die alle Erken­nt­nis über­steigt. So werdet ihr erfüllt wer­den in die ganze Fülle Gottes hinein.Ein­heit­süber­set­zung 2016 

Im Herzschlag Ruhe finden

Wie kön­nen wir Zeit find­en für das Tief­gründi­ge, das Ruhige, das Bedächtige, das Ehrliche auf den Wellen der Tur­bu­len­zen des Kli­mas, der Kriege und auch der Kirche? Es braucht fast ein men­tales Train­ing, um nicht über­schwemmt zu wer­den von Nachricht­en und damit von Unbe­grei­flichem und auch Hässlichem in Kirche und Welt.In der Infor­ma­tions­flut über­raschte mich die Schrift­stel­lerin und Kolum­nistin Sibylle Berg. Nach­dem sie beina­he alle akuten Prob­leme aufgezählt hat, von 9/11 über die Has­s­wellen gegenüber mus­lim­is­chen und jüdis­chen Men­schen, die Pan­demie, die Kli­makatas­tro­phen bis zum Kobaltab­bau für die neuen, wahnsin­nig ökol­o­gis­chen bat­teriebe­triebe­nen Autos, schreibt sie: Was «kann der Einzelne gegen die Über­ma­cht der Hys­terie tun? Ruhe bewahren! … Wozu dient die Panik, auss­er den Men­schen vom Denken abzuhal­ten? Von der Beson­nen­heit und Ruhe, die es braucht, um Lösun­gen zu find­en, um sich zu find­en, auszu­tauschen» («Tach­les» Nr. 34, 2023, S. 4).Es geht in ihrem Text nicht darum, irgen­deine Gefahr zu verneinen, son­dern bewusst Ruhe zu suchen und zu find­en. Meine Frage: Aber für was? Unsere Wurzeln suchen, die Klarheit lieben, Frieden mit uns selb­st schaf­fen und Kraftquellen erschliessen.Die heutige Schrift­stelle aus dem Eph­eser­brief bietet uns etwas an: «den inneren Men­schen durch seinen (Gottes) Geist an Kraft und Stärke» wach­sen lassen. Wach­sen und Reifen ist nicht allein ein Priv­i­leg von jun­gen Men­schen, son­dern eine Leben­sauf­gabe. Weit­er: durch das Ver­trauen und durch «den Glauben wohne Chris­tus in euren Herzen …». In ruhi­gen Momenten ent­deck­en wir möglicher­weise eine grössere Kraft, die die unsrige über­steigt. Wir haben den Mut, Gespräche aufzunehmen und uns darüber auszu­tauschen, was angesichts der deprim­ieren­den Sit­u­a­tion zu tun wäre, und Frieden mit anderen und mit der Natur zu schliessen.Die franzö­sis­che Heilige Mar­gare­ta Maria Ala­coque war in ihrer Zeit keine priv­i­legierte Frau. Was sie in ihrer Fam­i­lie und durch die Mitschwest­ern erlebt hat­te, war ganz und gar nicht ermuti­gend. «Nichts Neues unter der Sonne», kön­nte man sagen. Ihr Leben war von Krankheit­en und Mut­losigkeit geprägt. Den­noch bat die krän­kliche Frau König Lud­wig XIV., für Frankre­ich eine Herz-Jesu-Kirche zu bauen. Sie fand natür­lich kein Gehör. Erst 200 Jahre später wurde die Basi­li­ka Sacré-Cœur de Mont­martre von Paris zu «Ehren des Herzens Jesu» gebaut.Viele Mys­tik­erin­nen und Mys­tik­er kan­nten ähn­liche See­len­zustände: Hilde­gard von Bin­gen, Gertrud von Helf­ta, Johannes vom Kreuz. Sie hat­ten Zugang zu ihrem Herzen mit seinen Ver­let­zun­gen und Hoff­nun­gen und fan­den sich, so scheint es, im «Herzen des Chris­tus» wieder.Auch wir mögen hie und da unser Herz schla­gen hören und danken für unser Leben. Vielle­icht erfahren wir eine Kraft, die ruhiger, men­schlich­er, mutiger und beständi­ger ist als die unsrige.Anna-Marie Fürst, The­olo­gin, langjährige Gefäng­nis­seel­sorg­erin, frei­willige Seel­sorg­erin in der Predi­gerkirche Zürich   
Christian von Arx
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