«Hoffnung leben»

«Hoffnung leben»

«Hoffnung leben»

Weihbischof Stübi bekleidet seit einem Jahr sein Amt

Am 26. Feb­ru­ar 2023 wurde Josef Stübi in der Kathe­drale in Solothurn zum Wei­h­bischof des Bis­tums Basel gewei­ht. Im Inter­view mit Sylvia Stam gibt er Ein­blicke in seinen Auf­gaben­bere­ich, berichtet über Höhep­unk­te und schwierige Momente in diesem Jahr und erzählt, was ihm Hoff­nung gibt. Seit einem Jahr sind Sie Bischof. Wie wichtig ist es Ihnen, mit diesem Titel ange­sprochen zu wer­den?Josef Stübi: Ich werde mit Mon­signore, Exzel­lenz, Herr Wei­h­bischof, Herr Stübi oder Josef ange­sprochen. Die Leute sollen wis­sen, wer ich bin. Wie sie mich ansprechen, spielt keine Rolle.Was waren für Sie Höhep­unk­te in Ihrem ersten Jahr als Wei­h­bischof?Meine Bischof­swei­he war sich­er ein Höhep­unkt, das war ein religiös­es Ereig­nis! In bester Erin­nerung sind mir auch die Gespräche mit Studieren­den, die in die kirch­liche Arbeit ein­steigen wollen. Da waren 18 vom Glauben inspiri­erte Leute, zum Teil bere­its mit Kindern. Ich habe alle gefragt: «Sind Sie sich bewusst, wie die Kirche zurzeit in der Öffentlichkeit daste­ht? Möcht­en Sie in dieser Sit­u­a­tion in der Kirche arbeit­en?»Was haben sie geant­wortet? Ein­er sagte: «Das hat mit meinem per­sön­lichen Glauben nichts zu tun. Gott ruft mich in diese Auf­gabe.» Andere: «Jet­zt ist meine Zeit» oder «Jet­zt erst recht!» Sie wollen wirk­lich die Kirche auf die Zukun­ft hin mit­gestal­ten. Sie wis­sen, dass sie in eine nicht ganz sichere Zukun­ft gehen. Und trotz­dem machen sie es! Für mich grossar­tig, ein Auf­steller.Nen­nen Sie uns ein paar Ihrer Auf­gaben als Wei­h­bischof.Ich bin Mit­glied des Bischof­s­rates, Stiftungsrat­spräsi­dent bei Fas­te­nak­tion, Vertreter der Bischof­skon­ferenz bei Justi­tia et Pax. Als Bischofsvikar für die Klöster und Ordens­ge­mein­schaften besuche ich die Klöster im Bis­tum. Neulich war ich beispiel­sweise bei der Wahl der Gen­er­aloberin des Klosters Baldegg dabei.Besuchen Sie auch Pfar­reien und Pas­toral­räume?Ja, für die Pas­toralbe­suche teilen Bischof Felix und ich uns auf.  Wir tre­f­fen jew­eils die Mitar­bei­t­en­den zu einem Aus­tausch über das Pfar­reileben: Die Freuden, Sor­gen und Prob­leme wer­den platziert. Und wir feiern gemein­sam Gottes­di­enst.Was hören Sie denn so?Ich kam von den bish­eri­gen Pas­toralbe­suchen immer pos­i­tiv ges­timmt zurück. Die Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er sind motiviert, freuen sich an ihren Auf­gaben. In diesen Gremien bin ich die Verbindung zur Bis­tum­sleitung. Da ich 30 Jahre Pfar­rer war, kenne ich das kirch­liche Leben an der Basis. Wichtige Botschaften nehme ich mit in die Gremien des Ordi­nar­i­ats.Was waren schwierige Momente in Ihrem ersten Jahr?Als ich die Pilot­studie zu Miss­brauch gele­sen habe. Das war der schwierig­ste Moment. Arg zu schaf­fen gemacht hat mir auch die medi­ale Berichter­stat­tung im Anschluss.Als Bischof ste­hen Sie mehr in der Schus­slin­ie als vorher. Es geht nicht um mich, das gehört dazu. Was mir zu schaf­fen macht, ist der aggres­sive Ton im innerkirch­lichen Umgang miteinan­der. Das wider­spiegelt die Polar­itäten in der kirchen­poli­tis­chen Sit­u­a­tion. Ich bin auch nicht immer mit allem ein­ver­standen, was aus Rom kommt. Aber wenn man den Respekt ver­liert, ist ein Gespräch nur schw­er möglich.Was kön­nte zur Entschär­fung beitra­gen? Es muss uns gelin­gen, diesen syn­odalen Prozess auch im Umgang miteinan­der zu prak­tizieren. Bei der Suche nach Entschei­dun­gen, in kon­tro­ver­sen Diskus­sio­nen. Bevor man in die Diskus­sion ein­steigt, sich über­legen: «Was möchte das Gegenüber mir eigentlich sagen? Was kön­nte das für mich heis­sen?»Sie sind auch Medi­en­bischof. Was heisst das?Mir wurde für diese Arbeit kein Pflicht­en­heft in die Hand gelegt. Ich ver­ste­he mich als Kon­tak­t­per­son von der Bischof­skon­ferenz zu den kirch­lichen Medi­en. Ein erstes Tre­f­fen mit den Pfar­rblat­tredak­tio­nen hat stattge­fun­den. Ich glaube, das war gut. In diese Rich­tung kön­nen wir weit­er­fahren. Ich bin als Medi­en­bischof jedoch nicht der Sprech­er der Bischof­skon­ferenz oder der Trou­bleshoot­er für die Medi­en.Sie haben die Pub­lika­tion der Miss­brauchsstudie bere­its erwäh­nt. Was ging in Ihnen vor, als Sie sie gele­sen haben?Als ich diese Studie las, was soll ich sagen, das war furcht­bar. Ganz neu war mir das The­ma allerd­ings nicht. Vor eini­gen Jahren sprach ein Betrof­fen­er aus dem Kinder­heim Her­metschwil über den Miss­brauch, den er durch einen Priester erlebt hat. Ich kan­nte diesen Priester. Ich hätte ihm nie auch nur … Das sind schon Schock­er­fahrun­gen. Es ist höch­ste Zeit, dass jet­zt aufgear­beit­et wird.Nehmen Sie den vielz­i­tierten Kul­tur­wan­del wahr? Ja. Die geplanten Mass­nah­men der SBK, der RKZ und KOVOS. Das nationale Strafgericht ist auf dem Weg, die Bis­chöfe Gmür und Bon­nemain waren deswe­gen in Rom. Aber man muss auch Zeit geben, um das zu real­isieren, damit es keine halb­batzige Lösung ist.Das ist alles erst geplant. Ich frage: Was sehen Sie?Die pro­fes­sionellen Ange­bote, wo man die Miss­bräuche melden kann. Schauen Sie die Berichte an aus der Zeit, in der diese Fälle passiert sind. Und schauen Sie heute. Das ist doch ein Kul­tur­wan­del. Der Umgang mit Betrof­fe­nen ist nicht der­selbe wie vor dreis­sig Jahren. Da hat sich einiges mas­siv verän­dert. Auch bei den Men­schen in den Pfar­reien. Präven­tion ist ein all­ge­gen­wär­tiges The­ma.Ihr Wahlspruch lautet «Hoff­nung leben». Wie leben Sie Hoff­nung in Anbe­tra­cht der aktuellen Kirch­enen­twick­lung? Ich habe keine Angst um die Zukun­ft unser­er Kirche. Hoff­nung ist für mich eine Hal­tung. Wenn ich keine Hoff­nung hätte, dass dieses Inter­view etwas Pos­i­tives bewirken kann bei den Leserin­nen und Lesern, dann müssten wir es nicht führen. Ich glaube schon, dass ich etwas bewirken kann, aber ich sage auch: «Ja, ich gehe, aber du da oben musst mir dabei helfen.» Nicht ich bin der Selig­machende, son­dern ich ste­he im Dienst der Botschaft von Jesus Chris­tus und damit im Dienst der Men­schen.Das Inter­view führte Sylvia Stam für das kan­tonale Pfar­reiblatt Luzern
Leonie Wollensack
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