Geben­stof-Tur­gi: Streit um Kame­ras in der Kirche

  • Der Streit zwi­schen Kir­chen­pfle­ge, Prie­ster und unzu­frie­de­nen Gemein­de­mit­glie­dern in Gebens­torf-Tur­gi kommt nicht zur Ruhe. Jüng­ster Streit­punkt sind Kame­ras in der Kirche.
  • Die Mit­glie­der einer über 70-köp­fi­gen Initia­tiv­grup­pe befürch­ten Bespit­ze­lung. Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric weist die Vor­wür­fe zurück, bei Lan­des­kir­che und Bis­tum hält man sich bedeckt.
Von «Sta­si-Metho­den» war in einem Com­mu­ni­qué die Rede, das die Initia­tiv­grup­pe Gebens­torf-Tur­gi letz­te Woche an aus­ge­wähl­te Medi­en ver­schick­te. Sowohl das Pfarr­se­kre­ta­ri­at der Pfar­rei Gebens­torf als auch die Kir­che Gebens­torf wür­den mit Kame­ras über­wacht, so die Aus­füh­run­gen in dem Doku­ment.

Gros­ses Miss­trau­en gegen die Kirchenpflege

Auf Nach­fra­gen bei besag­ter Initia­tiv­grup­pe, die gegen den «auto­ri­tä­ren und kon­ser­va­ti­ven Kurs» von Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric und Pater Adam Ser­a­fin oppo­niert, heisst es bei Hil­de Sei­bert: «In der Kir­che Gebens­torf wur­de eine neue Kame­ra instal­liert. Mit die­ser kön­nen gemäss unse­ren Infor­ma­tio­nen Tei­le der vor­de­ren Bank­rei­hen beob­ach­tet wer­den – eben­so die Mini­stran­ten und Leu­te, die im Got­tes­dienst nach der Kom­mu­ni­on an ihren Platz zurück­ge­hen.»Es sei zu kei­ner Zeit trans­pa­rent gemacht wor­den, was die Kame­ra bild- und ton­mäs­sig auf­zeich­net und zu wel­chen Zei­ten. Zudem gebe es auch eine Kame­ra auf dem Pfar­rei­se­kre­ta­ri­at. Auf­grund der ohne­hin zer­rüt­te­ten Bezie­hung zwi­schen der Kir­chen­pfle­ge und einer beträcht­li­chen Anzahl Mit­glie­der hege man gros­ses Miss­trau­en und befürch­te, die Kame­ras könn­ten zur Über­wa­chung ein­ge­setzt wer­den.

Dani­el Ric: «Wir haben informiert.»

Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric wehrt sich gegen die Vor­wür­fe der Bespit­ze­lung. «Alle Live­streams wur­den bis­her vom Smart­phone von Pater Adam gefilmt. Die Kame­ra, wel­che die AZ heu­te gezeigt hat, wur­de kürz­lich instal­liert und ist noch nicht in Betrieb.» Man habe alle Kir­chen und im Pfarr­blatt dar­über infor­miert, «dass wir Hei­li­ge Mes­sen und ande­re Anläs­se über­tra­gen», erklärt der Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent. Zudem sol­le auch in der Kir­che in Tur­gi als­bald eine Kame­ra instal­liert wer­den – falls es zu einer zwei­ten Virus-Wel­le käme, wäh­rend der neu­er­lich Got­tes­dien­ste ver­bo­ten wären.«Die Kame­ra ist auf das Pres­by­te­ri­um gerich­tet und filmt kei­ne Gläu­bi­gen. Auch bei unse­ren Live­mes­sen, die nach der Wie­der­eröff­nung der Mes­sen gefei­ert wur­den, wur­de immer dar­auf geach­tet, dass nie­mand gefilmt wird, der dies nicht möch­te», sagt Dani­el Ric. Er glau­be nicht, dass sich jemand in sei­ner Inti­mi­tät ver­letzt füh­le, wenn eine Mes­se gefilmt wer­de. Ganz im Gegen­teil sei­en die Men­schen sehr froh dar­über, dass vie­len Men­schen, die kör­per­lich nicht in der Lage sind, den Gang in die Kir­che zu schaf­fen, das Mit­fei­ern ermög­licht wer­de.

Wur­de auf dem Pfarr­se­kre­ta­ri­at gefilmt oder nicht?

Die Mit­glie­der der Initia­tiv­grup­pe befürch­ten, dass die Kame­ra in der Kir­che auch jeder­zeit von den pri­va­ten Com­pu­tern der Kir­chen­pfle­ge und von Pater Adam ein­ge­schal­tet wer­den könn­ten, um Men­schen zu beob­ach­ten und abzu­hö­ren.Denn auch die Medi­ta­ti­ons­grup­pe, die sich schon seit Jah­ren und bald wie­der wöchent­lich im Pres­by­te­ri­um trifft, ist im Fokus der Kame­ra. «Unser Miss­trau­en gegen die Ver­ant­wort­li­chen ist gross!», heisst es. «Wir wol­len kei­ne fest instal­lier­te Kame­ra in unse­rer Kir­che, wir wol­len kei­ne Über­wa­chungs-Kir­che!» Gegen die Über­tra­gung von Got­tes­dien­sten mit einer mobi­len Kame­ra, die aus­schliess­lich den Altar­raum und den Prie­ster zeigt und anschlies­send wie­der weg­ge­nom­men wird, hät­te die Initia­tiv­grup­pe nichts ein­zu­wen­den.Die Behaup­tun­gen sei­en nach­weis­lich falsch, erklärt Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Dani­el Ric gegen­über Hori­zon­te. Auch, dass auch auf dem Sekre­ta­ri­at gefilmt wer­de. Zu einem von der Initia­tiv­grup­pe als Beweis­mit­tel ange­führ­ten Aus­druck von der Web­sei­te, der den Arbeits­platz einer der bei­den Sekre­tä­rin­nen mit Nen­nung ihres Namens zeigt, sagt der Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent: «Es wur­de ein Live­stream aus dem Sekre­ta­ri­at für drei Stun­den durch­ge­führt. Wer, wie anschei­nend Frau Klusch und die vier Kirch­ge­mein­de­mit­glie­der dies getan haben, den Live­stream geschaut hat, weiss, dass nie­mand dabei gefilmt wur­de. Der Screen­shot ver­deut­licht dies sehr gut.» Von Sei­ten der Initia­tiv­grup­pe heisst es dazu: Das Foto der Video­über­wa­chung des Pfar­rei-Sekre­ta­ri­ats Gebens­torf sei zwar am näch­sten Tag auf der Web­site wie­der gelöscht, die Kame­ra jedoch noch nicht ent­fernt wor­den.

Auf­sichts­an­zei­ge gegen die Kirchenpflege 

Die Situa­ti­on in der Kirch­ge­mein­de Tur­gi-Gebens­torf ist seit Jah­ren ange­spannt (Hori­zon­te berich­te­te). Aktu­ell hän­gig ist eine Auf­sichts­an­zei­ge der Initia­tiv­grup­pe beim Kir­chen­rat der Lan­des­kir­che. Beklagt wird, dass die Kir­chen­pfle­ge nicht im Inter­es­se der Kirch­ge­mein­de hand­le, son­dern die Kirch­ge­mein­de spal­te, mit Steu­er­gel­dern nicht sorg­fäl­tig umge­he und die pasto­ra­len von staats­kirch­li­chen Geschäf­ten nicht klar getrennt wür­den.Zu den neu­er­li­chen Vor­wür­fen erklärt Luc Hum­bel, Jurist und Prä­si­dent des Kir­chen­ra­tes der Römisch-Katho­li­schen Kir­che: Wei­sun­gen zur Ver­wen­dung von Video­ka­me­ras habe die Lan­des­kir­che kei­ne. Dazu gebe es auch kei­nen Bedarf. Im Übri­gen hät­ten aber Video­ka­me­ras auf Pfarr­äm­tern nichts zu suchen. Und: «Für eine per­ma­nen­te Auf­nah­me­mög­lich­keit in den Kir­chen, braucht es eine Geneh­mi­gung der kan­to­na­len Daten­schutz­be­auf­trag­ten.»

Kein Kom­men­tar vom Bistum

Auch beim Bis­tum gibt es kei­ne Richt­li­ni­en zur Ver­wen­dung von Kame­ras. Das sei eine völ­lig neue Situa­ti­on, die erst mit Aus­bruch der Coro­na-Pan­de­mie ein The­ma wur­de, lässt Bis­tums­spre­cher Hans­rue­di Huber ver­lau­ten und ver­weist für den Ein­satz von Kame­ras auf die staat­li­che Gesetz­ge­bung.Zum neu­er­lich sich auf­schau­keln­den Kon­flikt im Was­ser­schloss hält sich das Bis­tum wie üblich bedeckt. Zwar ant­wor­te­te der für die Regi­on St. Urs ver­ant­wort­li­che neue Bischofs­vi­kar Valen­ti­ne Kole­doye auf Anschrei­ben der Initia­tiv­grup­pe: «Der Bischof hat die Feder­füh­rung und ent­spre­chen­de Schrit­te dazu wer­den selbst­ver­ständ­lich unter­nom­men. Die Lösung steht hof­fent­lich vor der Tür.» Für eine per­sön­li­che Stel­lung­nah­me war Valen­ti­ne Kole­doye jedoch nicht bereit.
Andreas C. Müller
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