
Bild: © Marie-Christine Andres
Freude verpackt
Was hinter dem Schenken steckt und wie Geschenke für ein ehrliches Lächeln sorgen
Das Thema Nummer eins für viele Menschen an Weihnachten: die Geschenke. Aber warum schenken wir eigentlich – an Weihnachten, aber auch allgemein? Wir beleuchten die kulturellen Wurzeln des Schenkens und zeigen Präsente, die mehr als einen Mausklick entfernt, aber dennoch schön einfach sind.
Und, haben Sie schon alle Weihnachtsgeschenke besorgt? Oder wurde in Ihrer Familie beschlossen, dass man sich dieses Jahr nun wirklich mal nichts schenkt? Dabei wissen wir alle, dass es immer jemanden geben wird, die oder der trotzdem ein Präsent dabeihat …
Aber woher kommt eigentlich der Brauch des Schenkens an Weihnachten, aber auch allgemein?
Schenken ist eine kulturelle Praxis, die in vielen Gesellschaften rund um den Globus zu finden ist. Es kann sich um eine politische Geste handeln, um ein religiöses Ritual oder einen individuellen Akt. Nach Auffassung einiger Soziologen hat sich das Schenken aus dem Werben um eine Partnerin oder einen Partner entwickelt, wie wir es auch im Tierreich finden. Dort gibt es beispielweise Laubenvögel, die für die zukünftige Braut ein Nest bauen und es mit ausgewählten Objekten in bestimmten Farben schmücken, und Kugelfische, die durch in den Sand gezeichnete Linien und Mulden wahre Kunstwerke kreieren.
Der Kitt unserer Gesellschaften
Der Kulturwissenschaftler Marcell Mauss hat sich in den 1920er-Jahren mit dem Thema «Schenken» beschäftigt und die Theorie entwickelt, dass Geben und Nehmen ganz zentral für das soziale Zusammenleben der Menschen sind. Auf dieser kulturellen Praxis begründen gemeinschaftliche Beziehungen, Menschen weben dadurch soziale Netze zueinander. Geschenke haben nach Mauss in dieser Praxis eine besondere Stellung. Sie werden freiwillig gegeben, doch hängt ihnen trotzdem eine – wenn auch oft unterschwellige – Verpflichtung des Zurückgebens an. Die oder der Schenkende erhofft sich, entweder selbst zu einem späteren Zeitpunkt einmal von der beschenkten Person zurückbeschenkt zu werden oder zumindest, dass sie mit Dankbarkeit auf das Präsent reagiert. In diesem Geflecht von Geben, Nehmen und Schenken entstehen wichtige Werte, die nach Mauss die Basis des Zusammenlebens ausmachen: Grosszügigkeit, Dankbarkeit, Anerkennung, Verpflichtung. Als gesellschaftliche Praxis ist das Schenken nie abgeschlossen, da man meist nach einiger Zeit ein Geschenk zurückbekommt. In dem Moment erwartet die schenkende Person keine Erwiderung, vertraut jedoch darauf, dass die Beziehung oder Freundschaft zur Beschenkten Person weitergeht.
Geschenke drücken also die Beziehung aus, zwischen der Person, die schenkt, und der, die beschenkt wird. Im materiellen Geschenk wird die immaterielle Beziehung durch die Sinne wahrnehmbar. Bekommen wir ein Geschenk von einem Menschen, fühlen wir uns wertgeschätzt. Die oder der Beschenkte merkt: «Das Gegenüber hat sich mit mir als Person und meinen Wünschen beschäftigt, sich Gedanken gemacht, und überlegt, was mir Freude machen könnte, und sich sichtlich Mühe gegeben.» Diese Erkenntnis macht Menschen in der Regel glücklich. Aber nicht nur die oder der Beschenkte fühlt sich durch den Akt des Schenkens gut, sondern auch die schenkende Person. Die meisten Menschen verspüren Glück, wenn sie anderen eine Freude machen können.
Gott selbst als Geschenk
An Weihnachten feiern Christinnen und Christen, dass Gott sich selbst den Menschen schenkt. Sie glauben, dass Gott Mensch wird, sich hineingibt in die eigene Schöpfung, sich offenbart, erfahrbar wird für die Geschöpfe und mit ihnen mitleidet. In Jesus hat Gott selbst erfahren, wie es sich anfühlt, zu frieren, krank zu sein, Flüchtender zu sein. Gott ist den Menschen nahe. Und weil Gott sich den Menschen geschenkt hat, beschenken sich an Weihnachten auch die Menschen gegenseitig. Sie möchten diese Liebe und dieses Beschenktsein weitertragen.

Sorgsam eingepackte, persönliche Geschenke machen gleich doppelt so viel Freude, denn die beschenkte Person merkt: Da hat sich jemand Zeit für mich genommen. | Bild: © Pavel Danilyuk/Pexels
Jedes Jahr aufs Neue – wie finde ich das richtige Geschenk?
Heute bestellt, morgen geliefert! In einer Zeit, in der wir (fast) alles online bestellen können und es nach wenigen Stunden bei uns ankommt, hat sich das Schenken verändert. Die beschenkte Person soll jetzt eher spüren, dass das Gegenüber aufmerksam war, sich einen Wunsch gemerkt und sich Gedanken darüber gemacht hat, was der andere brauchen könnte. Persönliche, selbst gemachte Dinge oder gemeinsam gestaltete Zeit gewinnen an Wert. Es sind Geschenke, die man nicht mit einem Klick auf Amazon bestellen kann.
Auch die Verpackung wertet ein Geschenk auf. Wer sein Gschänkli liebevoll einpackt, investiert Zeit für die beschenkte Person und vermittelt so Wertschätzung. Dazu kann eine kreative Verpackung fast so viel Freude machen wie das Geschenk selbst. Eine schöne Stoffserviette oder ein selbstbedrucktes Papier als Verpackung haben als kleines Beigeschenk nämlich einen eigenen Wert. Umweltbewusste und kreative Verpackungsideen mit Stoff finden Sie im nächsten Lichtblick am 19. Dezember auf der letzten Seite.
Die Autorin Agnes Anna Jarosch, ehemalige Leiterin des Deutschen Knigge-Rats, hat einen Tipp für den Fall, dass man gar keine Idee für ein Geschenk hat oder den anderen nicht gut kennt: Am besten ein Geschenk wählen, das sich verbrauchen lässt. Kochen und feine Lebensmittel sind ein Trend, daher eignen sich zum Beispiel ein hochwertiges Öl, ein feiner Essig oder ein besonderer Honig gut als Geschenk.
Soziale Projekte, Hofläden, Klosterläden, Schweizer Designer, lokale Handwerksbetriebe oder junge Kreativlabels kümmern sich in ihrer Region um soziale oder ökologische Belange. Wer sein Geschenk hier einkauft, unterstützt die Ziele dieser Gemeinschaften. Ein solches Geschenk macht doppelt Freude.
Geschenktipps der Lichtblick-Redaktion
Zeit schenken
Gemeinsame Erlebnisse sind ein wunderbares Geschenk. Es findet sich bestimmt etwas, woran die Beschenkten Freude haben und das einem selbst auch Vergnügen bereitet: ein Nachmittag mit dem Gottimeitli auf der Eisbahn, mit der Familie eine neue Stadt auf einem Foxtrail entdecken oder eine Führung durch die Stiftsbibliothek St. Gallen mit den Eltern. Man kann jemandem auch Zeit schenken, indem man eine Fertigkeit weitergibt, die im Leben nützlich ist: Die Grossmutter lehrt den Enkel stricken, der Götti zeigt, wie man einen Velopneu repariert oder die Tante erklärt ihren Neffen das Jassen.
Genuss schenken
Eine Müeslimischung oder Apéronüsse, selbstgebackenes Knäckebrot, eine Backmischung in einem schönen Glas oder ein weihnachtlicher Punsch sind einfach herzustellen, schmecken fein und sind erst noch gesund. Ein Rezept für einen würzigen Chai-Sirup finden Sie auf der Seite Vermischtes dieser Ausgabe.
Pflanzen schenken
Mit Pflanzen schenken Sie Freude, die weiterwächst. Vielleicht hat die Schwester Freude an einer speziellen Zimmerpflanze oder die Grosseltern schenken dem Enkel ein Bäumli, das sie im Garten pflanzen. Das Blumengeschäft im Dorf bietet bestimmt Blumensträusse im Abo an, die jeden Monat Freude bereiten. Oder Sie retten im Namen des Beschenkten ein Stück Urwald vor der Abholzung.
Neue Welten schenken
«Lesen ist die Erschaffung der Welt aus dem Alphabet», weiss der Schriftsteller Franz Hohler. Mit einem Buch können Sie besonders gut auf persönliche Vorlieben und die jeweilige Lebensphase eingehen. Egal ob ein Kinderbuchklassiker, ein schön illustriertes Kochbuch oder eine interessante Biografie: Bücher erweitern den Horizont und entführen uns in neue Welten.