Fastengruppen erfreuen sich wachsender Beliebtheit

Fastengruppen erfreuen sich wachsender Beliebtheit

  • In den Pfar­reien organ­isierte Fas­ten­grup­pen sind nach wie vor beliebt. In Brem­garten kam zum Ein­führungsabend sog­ar ein Medi­zin­er.
  • In den Fas­ten­grup­pen wird nicht ein­fach nur auf Fleisch und Genuss­mit­tel verzichtet, son­dern gän­zlich auf feste Nahrung. Das kann für bes­timmte Per­so­n­en gefährlich wer­den.
 Thomas Thaler ist Kar­di­ologe am Dok­torzen­trum Mutschellen und hielt am diesjähri­gen Ein­führungsabend zur Fas­ten­woche in Brem­garten einen Vor­trag übers Fas­ten. Dem­nach habe Fas­ten auch einen evo­lu­tionären Hin­ter­grund: In der Steinzeit musste der Kör­p­er des Men­schen mehrere Tage lang ohne Nahrung durch­ste­hen kön­nen und zugle­ich musste der Men­sch noch in der Lage sein, zu jagen. Auch heute noch gebe es viele Men­schen, die beim Fas­ten eine höhere Aufmerk­samkeit, eine andere Wahrnehmung entwick­eln.

Proteinabbau kann lebensgefährlich sein

In den Fas­ten­grup­pen wird nicht ein­fach nur auf Fleisch oder Süss­es verzichtet, son­dern über­haupt auf Nahrung: soge­nan­ntes Voll­fas­ten. Mit Blick auf die Gesund­heit sollte man dies nicht länger als sieben Tage lang tun. Her­nach, so Thomas Thaler, «begin­nt der lebens­ge­fährliche Pro­tein­ab­bau, und auch die Fet­tre­ser­ven sind langsam ver­braucht». Leis­tungss­port sollte man während dieser Zeit nicht prak­tizieren, mod­er­ate Bewe­gung werde jedoch emp­fohlen. Beispiel­sweise helfe ein Spazier­gang, den Muske­lab­bau zu min­imieren. Nach Ende der Fas­ten­zeit sollte die Nahrungszu­fuhr langsam wieder aufge­baut wer­den.Die Zeit des Voll­fas­tens könne in drei Phasen unterteilt wer­den, führte Thomas Thaler aus. In ein­er ersten Phase von etwa drei Tagen wür­den Zuck­er aus der Leber und der Musku­latur mobil­isiert, um das Gehirn mit Energie zu ver­sor­gen. Das Gehirn müsse ler­nen, Fett abzubauen und somit Ketone freizuset­zen, die dem Gehirn die Energie liefer­ten.

Idealerweise das Fasten mit dem Hausarzt absprechen

«In der zweit­en Phase während der fol­gen­den Tage find­et dann ein rasch­er Pro­tein­ab­bau und die Umwand­lung zu Zuck­er in der Leber statt», so Thomas Thaler. So beginne der Fet­tab­bau, der während den fol­gen­den Tagen immer stärk­er zunehme. Während dieser Zeit ver­schwinde auch das anfängliche Hungerge­fühl, denn der Magen-Darm-Trakt werde bei Aus­bleiben der Nahrung still­gelegt. In Phase 3, die spätestens nach 40 Tagen erre­icht werde, würde das Fas­ten dann lebens­ge­fährlich.Die Anwe­senden in Brem­garten stell­ten rege Fra­gen: Ob man auch bei Ver­dacht auf Nieren­steine fas­ten dürfe. Oder wie Fas­ten mit Medika­mentenein­nahme zu vere­in­baren sei. Thomas Thal­mann riet, solche Fra­gen jew­eils zwin­gend mit dem Hausarzt abzus­prechen und fügte an: «Kom­men Sie aber lieber nicht zu mir, denn ich würde Ihnen ver­mut­lich vom Fas­ten abrat­en. Dabei soll ich doch Wer­bung fürs Fas­ten machen!».

«Fasten bedeutet, sich mit sich selbst zu beschäftigen»

Kurt Bau­mann hat schon mehrmals an der Fas­ten­woche in Brem­garten teilgenom­men. Für die diesjährige Fas­ten­woche ist er bere­its wieder angemeldet. Das Fas­ten helfe ihm, zur Ruhe zu kom­men und nicht immer alles so tierisch ernst zu nehmen.Auch Manuela Cot­tiati hofft, mith­il­fe der Fas­ten­woche entschle­u­ni­gen zu kön­nen. Sie nimmt zum ersten Mal an ein­er Fas­ten­woche teil und find­et es wichtig, sich zwis­chen­durch mit sich selb­st zu beschäfti­gen. Zusät­zlich zum Fas­ten will sie auch ihr Tele­fon aus­geschal­tet lassen. Manuela Cot­tiati hat erst vor Kurzem ihre Kom­mu­nion und Fir­mung emp­fan­gen. Für sie ist das Fas­ten auch ein Schritt, den Glauben zu leben.

Kirchliche Fastengruppen sind oft ökumenisch organisiert

Die Fas­ten­woche in Brem­garten ist öku­menisch. Geleit­et wird sie von Hans Jakob aus der reformierten Kirchge­meinde Brem­garten und Cäcil­ia Stutz vom katholis­chen Pas­toral­raum Brem­garten-Reusstal.Für Hans Jakob zählt beim Fas­ten die Sol­i­dar­ität mit den Hungern­den auf der ganzen Welt. Aber auch er nutzt die Fas­ten­zeit für einen «Break». Und durch den Kar­di­olo­gen hat Hans Jakob trotz langjähriger Fas­ten­er­fahrung auch etwas Neues dazugel­ernt: «Ich wusste nicht, dass es vor dem Beginn der Fas­ten­woche gar nicht nötig ist, gezielt abzuführen.»

Traditionell bei abnehmendem Mond

Tra­di­tionell wird bei abnehmen­dem Mond gefastet. Deshalb fall­en die Fas­ten­wochen im Aar­gau immer etwa auf diesel­ben Dat­en. Nicht nur in Brem­garten wird gefastet, son­dern auch in Erlins­bach, Tur­gi, Leug­gern, Wet­tin­gen oder Wohlen. Vieles haben die Fas­ten­grup­pen gemein­sam. Abendliche Tre­f­fen dienen dem Aus­tausch von Erfahrun­gen, aber auch der Besin­nung bei Tee, eini­gen Kör­perübun­gen oder einem Spazier­gang. Auch das gemein­same Fas­ten­brechen am Ende der Woche gehört dazu. Die Teil­nehmerzahl in den Grup­pen schwankt zwis­chen 5 und 25 Teil­nehmern. Laut Organ­isatoren hat die Beliebtheit von Fas­ten­grup­pen in den let­zten Jahren zugenom­men.
Andreas C. Müller
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