Ein echtes Gegenüber

Ein echtes Gegenüber

Passender kön­nte der Name nicht sein. Der multi­na­tionale Chor «Njoy2sing» jauchzte, sang und trom­melte so aus­ge­lassen, dass die Freude auf die Zuhör­er in der Kirche Suhr überg­ing. Das Pub­likum erhob sich von den Bänken und klatschte mit, bis der Perkus­sion­ist die Feier mit einem brausenden Trom­mel­so­lo beschloss.Zum 18. Mal ver­gab der Aar­gauis­che Katholis­che Frauen­bund AKF am ver­gan­genen Son­ntag, 9. Novem­ber 2014 den AKF-Frauen­preis. Die mit 20’000 Franken dotierte Ausze­ich­nung unter­stützt gemein­nützige Insti­tu­tio­nen oder Einzelper­so­n­en, die sich für das Wohl von Frauen und Kindern ein­set­zen. Dieses Jahr ging der Preis an den Vere­in Net­zw­erk Asyl Aar­gau. «Es ist bess­er, ein kleines Licht zu entzün­den, als über die Dunkel­heit zu jam­mern.» Mit diesem Gedanken von Kon­fuz­ius hat­te sich die Präsi­dentin von Net­zw­erk Asyl Aar­gau, Patrizia Bertschi, vor einiger Zeit für die Nom­i­na­tion bedankt – und mit diesem Gedanken eröffnete Vroni Peter­hans, Co-Präsi­dentin des AKF, ihre Begrüs­sung. Gewitzt gar­nierte sie ihre Worte mit Redewen­dun­gen zum The­ma Licht und manch einem ging beim Zuhören tat­säch­lich ein Lichtlein auf, denn Vroni Peter­hans ging sowohl auf das his­torisch reich befrachtete Datum, den 9. Novem­ber, ein, das die Reich­s­pogrom­nacht, den Mauer­fall und den Tag der Völk­er auf sich vere­int. Dabei liess sie einen weit­eren neun­ten, näm­lich den 9. Feb­ru­ar 2014, nicht uner­wäh­nt: Die Preisver­lei­hung solle einen Kon­trast­punkt bilden zur Annahme der Massenein­wan­derungsini­tia­tive. Ander­er­seits erk­lärte die Co-Präsi­dentin aber auch, wie der San­i­tas-Fond, aus dem die Preis­summe für den AKF-Frauen­preis stammt, zus­tande kam. Der AKF-San­i­tas­fonds war nach dem Verkauf des Lun­gen­sana­to­ri­ums San­i­tas in Davos – 1916 mit­be­grün­det durch den Aar­gauis­chen Katholis­chen Frauen­bund – angelegt wor­den.Son­ntags­ge­spräche «Gibt es auch Tage, an denen Sie ungern in den Spiegel schauen?», fragte Regierungsrätin Susanne Hochuli in ihrem Begrüs­sungswort. Viel eher als einen Spiegel brauche der Men­sch ein echt­es Gegenüber, das ihm sein wahres Ich zeige und ihn weit­er­bringe. Ein solch­es Gegenüber finde sie als Vorste­herin des Departe­ments Gesund­heit und Soziales im Vere­in Net­zw­erk Asyl. Die Gespräche, die sie mit der heuti­gen Preisträgerin führe, seien oft auch unbe­quem, doch schätze sie das ehrliche Gegenüber und das Engage­ment von Net­zw­erk Asyl. «Heute ist Son­ntag – Zeit für Son­ntags­ge­spräche, Gele­gen­heit, Lob und Anerken­nung auszus­prechen.», sagte Susanne Hochuli in ihrer Rede.Ein­blick in Gemeinde Auch Car­men Suter-Frey, Gemein­derätin von Suhr, sprach zu den Anwe­senden. Suhr, mit 10’000 Ein­wohn­ern elft­grösste Gemeinde im Kan­ton, habe einen Aus­län­der­an­teil von 33 Prozent, die Bewohn­er kämen aus 84 ver­schiede­nen Natio­nen. Ohne das frei­willige Engage­ment von Net­zw­erk Asyl wären die Her­aus­forderun­gen kaum zu bewälti­gen. Anhand von Beispie­len gab Car­men Suter Ein­blick in die Inte­gra­tionsar­beit der Gemeinde. Sie dank­te und grat­ulierte der Preisträgerin für die unbezahlbare Arbeit.nötige Aufmerk­samkeit Der Vere­in Net­zw­erk Asyl Aar­gau fördert mit seinem Engage­ment die Ver­net­zung zwis­chen den Ver­ant­wortlichen im Asyl- und Flüchtlings­bere­ich. Er schenkt den Anliegen und Schwierigkeit­en der Asyl­suchen­den und Flüchtlinge während ihrer Anwe­sen­heit im Kan­ton Aar­gau die nötige Aufmerk­samkeit. Der Vere­in betreibt zum Beispiel fünf regionale «Contact»-Treffpunkte im Kan­ton, an den Stan­dorten Aarau, Muri, Nuss­bau­men, Rhe­in­felden und Zofin­gen. «Con­tacts» sind Orte, wo sich Asyl­suchen­den und Flüchtlinge tre­f­fen, Beratung erhal­ten, etwas trinken, disku­tieren das Inter­net benützen und Deutsch sprechen. Mit den Tre­ff­punk­ten ermöglicht der Vere­in den Aus­tausch zwis­chen Asyl­suchen­den, Flüchtlin­gen und Inter­essierten aus der Region. Weit­er organ­isiert Net­zw­erk Asyl das Pro­jekt «bbb – Asyl mit Bil­dung Begeg­nung Beschäf­ti­gung» (siehe auch Seite 4) und den Con­tact Sport Aarau, der Flüchtlin­gen Sportange­bote zugänglich macht. Net­zw­erk Asyl sieht es aber auch als seine Auf­gabe, die Öffentlichkeit via Medi­en und Newslet­ter über die Anliegen des Vere­ins und die Sor­gen von Asyl­suchen­den zu informieren. Auch sucht der Vere­in das Gespräch mit poli­tis­chen Entschei­dungsträgern und ini­ti­iert Vorstösse.Brück­en bauen Rita Wis­mann-Barat­to, die Präsi­dentin der Kom­mis­sion AKF-San­i­tas­fonds, hielt die Lau­da­tio auf die diesjährige Preisträgerin. Mit der Würdi­gung der Leis­tun­gen von Net­zw­erk Asyl set­ze der AKF auch ein Zeichen gegen die spür­bar zunehmende Frem­den­feindlichkeit. Gross sei die Ver­suchung gewe­sen, in ihrer Lau­da­tio poli­tisch zu wer­den. Doch sie habe sich entsch­ieden, das Poli­tis­che wegzu­lassen und auf ihr Herz zu hören, erk­lärte Rita Wis­mann. Der Vere­in Net­zw­erk Asyl Aar­gau mit sein­er Präsi­dentin Patrizia Bertschi, der Geschäftsstel­len­lei­t­erin Fran­ca Hirt und den etwa 130 Frei­willi­gen baue Brück­en. «Brück­en lassen Hin­dernisse nicht ver­schwinden, aber sie über­winden sie. Der Brück­en­bau begin­nt damit, dass wir den anderen wahrnehmen.», sagte Rita Wis­mann. Sie wün­sche dem Vere­in Net­zw­erk Asyl, was dessen Präsi­dentin Patrizia Bertschi vor einiger Zeit ein­mal for­muliert hat: «Ich wün­sche mir, dass es uns irgend­wann nicht mehr braucht.» Die vie­len frei­willi­gen Brück­en­bauerin­nen und Brück­en­bauer, die sich bei Net­zw­erk Asyl engagieren, waren The­ma der Dankesrede von Patrizia Bertschi. Als Deutschlehrerin, Helfer bei der Woh­nungssuche und vieles mehr betätigten sich die Ehre­namtlichen, führte die Präsi­dentin des Vere­ins aus. Es tue gut, Anerken­nung zu erhal­ten, umso mehr, als die Anerken­nung auch in Form von klin­gen­der Münze daherkomme. Zum Abschluss ihrer Rede betonte Patrizia Bertschi, dass der Ein­satz bei Net­zw­erk Asyl nicht nur «Geben» bedeute, son­dern sie und ihre Vere­ins­mit­glieder von den Asyl­suchen­den und Flüchtlin­gen auch immer wieder etwas zurück­bekä­men. Im Anschluss an die feier­liche Preisüber­gabe präsen­tierten Men­schen aus Syrien, Palästi­na und Eritrea süsse und salzige Köstlichkeit­en aus ihren Heimatlän­dern. Bilder aus dem Wirken von Net­zw­erk Asyl Aar­gau begleit­eten den inter­na­tionalen Apéro und run­de­ten den Anlass ab.   Marie-Chris­tine Andres 
Redaktion Lichtblick
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