Jahreskünstlerwechsel bei Horizonte

Jahreskünstlerwechsel bei Horizonte

  • Es ist Jahreskün­stler­wech­sel: Ab dem 1. Dezem­ber wer­den die Hor­i­zonte-Front­seit­en zu den Hochfesten von Kit­ti Stef­fen gestal­tet. Sie übern­immt die Auf­gabe von Jacque­line Fahrni, die in diesem Jahr Bild­col­la­gen gestal­tete.
  • Hor­i­zonte brachte die bei­den Kün­st­lerin­nen für einen Aus­tausch zusam­men. Es ergaben sich span­nende Berührungspunk­te.
 Es liegt etwas in der Luft: Jacque­line Fahrni, schei­dende Hor­i­zonte-Jahreskün­st­lerin, nimmt eine Gar­nspule her­vor. Sie war Teil ihrer let­zten Col­lage für die Fes­t­front und soll zeigen, dass der Faden bei der Jahreskun­st weit­erge­spon­nen wird. Die Spule ist ein Voll­tr­e­f­fer. Erstens, weil die neue Jahreskün­st­lerin Kit­ti Stef­fen Quilts näht und das ohne Faden unmöglich ist, zweit­ens, weil die Farbe iden­tisch ist mit der Farbe von Kit­ti Stef­fens Kleid: sen­fgelb. «Das wer­den wir nie vergessen», sagt Jacque­line Fahrni.

Zuschneiden frei Schnauze

Das Nähate­lier, in dem die bei­den Frauen gemein­sam auf einem Sofa sitzen und sich aus­tauschen, ist von oben bis unten vollgestopft mit Stof­fen, Gar­nkästchen, Nadelkissen und Schächtelchen. Es ist ein gemütlich­er Raum, holzvertäfelt mit unendlich vie­len Far­bein­drück­en. Kit­ti Stef­fen, Jahrgang 1954 und ursprünglich Kindergärt­ner­in, hält ein far­blich sortiertes Stoff­pot­pour­ri hoch: «Die musste ich ein­fach haben, die Far­ben haben es mir ange­tan», schwärmt sie.Drei Söhne und eine Tochter hat Kit­ti Stef­fen mit ihrem Mann Hel­mut. Sie bildete sich zur Kat­e­chetin aus und später für den Heilpäd­a­gogis­chen Reli­gion­sun­ter­richt weit­er, arbeit­ete lange Jahre für die Römisch-Katholis­che Lan­deskirche im Aar­gau. «Märchen kön­nen mich zu Quilts anre­gen. Eben­so einzelne Sätze und Worte oder auch ein Stoff, der mir in die Hände fällt. Die Fes­tkun­st ist eine Her­aus­forderung. Das The­ma ist gegeben und dann kom­men meine Ideen dazu», sagt Kit­ti Stef­fen, die mit­tler­weile pen­sion­iert ist.

Drei Lagen Material

Den Zugang zu dem vielfälti­gen Mate­r­i­al fand sie über das tex­tile Werken sowie das Nähen für ihre vier Kinder. Sie habe bere­its da schon immer mal «Plät­zli» aneinan­der­genäht. «Das Quil­ten war bei uns aber noch gar nicht bekan­nt. Das gab es eher in Ameri­ka. Ich habe viel darüber gele­sen und ver­sucht, das umzuset­zen», erin­nert sich Kit­ti Stef­fen. Zuerst galt es das Handw­erk zu ler­nen und tra­di­tionelle Arbeit­en umzuset­zen. Schon bald gestal­tete Kit­ti Stef­fen aber eigene Entwürfe mit freien For­men. Sie schnitt den Stoff frei Schnau­ze, also ohne Lin­eal, ver­ar­beit­ete auch andere Mate­ri­alien wie Papi­er oder bestick­te ihre Arbeit­en und nähte Perlen auf. Etwas, das sie gerne macht.Quilts, das sind teil­weise quadrat­meter­grosse Werk­stücke, die tra­di­tionell aus geometrisch ange­ord­neten Stoff­st­stück­en zusam­men­genäht wer­den. «Ein klas­sis­ches Muster ist das Block­haus. In dessen Mitte war immer ein rotes Quadrat, welch­es das Feuer des Haus­es sym­bol­isierte», erk­lärt Kit­ti Stef­fen. Quilts beste­hen aus drei Lagen Mate­r­i­al: der gemusterten Ober­seite, ein­er Füllschicht und der Unter­seite. Die Quilt­nähte verbinden zum Schluss die Stof­fla­gen miteinan­der, hal­ten das Füll­ma­te­r­i­al am Platz und sind auch gestal­ter­isches Mit­tel. «Ich kann den Stoff durch die Nähte bis zu einem gewis­sen Grad drei­di­men­sion­al gestal­ten», schliesst Kit­ti Stef­fen den Schnel­llehrgang ab.

Ergebnisse in Bits und Bytes

Während Kit­ti Stef­fen erzählt, taucht Jacque­line Fahrni kurz unter den Tisch und holt Notiz­pa­pi­er aus ihrer Tasche und schreibt etwas auf. «Was du gesagt hast, dass etwas erst durch die Hände gehen muss, um fer­tig zu wer­den, das kenne ich», nimmt Jacque­line Fahrni einen Satz der Gesprächspart­ner­in auf. Die bei­den Frauen senden und emp­fan­gen auf ein­er ganz ähn­lichen Wellen­länge, obwohl sie mit gän­zlich unter­schiedlichen Mate­ri­alien arbeit­en. Zudem existieren die fer­ti­gen Col­la­gen von Jacque­line Fahrni, Kom­mu­nika­torin im Muse­um für Kom­mu­nika­tion in Bern, nur in Form von Bits und Bytes im Com­put­er, während die Quilts von Kit­ti Stef­fen sehr konkret und greif­bar sind.

Ideenschwanger

Aber: Bei­de fer­ti­gen aus Einzel­teilen, skizzieren auf kleinen Notizzetteln erste Entwürfe, sind im pos­i­tiv­en Sinne far­b­ver­rückt und tauchen in Samm­lun­gen von geerbten oder auch unge­wohn­ten Din­gen, um Mate­r­i­al für ihre Kun­st zu find­en. Während Jacque­line Fahrni Teile ihrer Col­la­gen zeich­net oder auch ein­mal einen Kaf­feefilter ein­scan­nt, wächst der Stof­fvor­rat von Kit­ti Stef­fen per­ma­nent fast von selb­st. «Nach ein­er Ausstel­lung, die ich in der Prop­stei Wis­likofen einst hat­te, kam eine Frau und brachte mir den Inhalt ein­er alten Schublade. Sie hat­te keine Ver­wen­dung mehr dafür. Oder eine Bekan­nte ret­tete das Mate­r­i­al ein­er Schnei­derin, die alles weg­w­er­fen wollte. Das Mate­r­i­al geht mir so schnell wohl nicht aus», sagt Kit­ti Stef­fen und lächelt.Was ihr die Stoff­stapel, sind Jacque­line Fahrni die Fotos ihrer Gross­mut­ter. Und eben auch die sen­fgelbe Gar­nspule, ein Erb­stück eben dieser Gross­mut­ter. Bei­de gehen mit ihren Ideen schwanger. Prüfen die Ergeb­nisse, ver­w­er­fen, gestal­ten anders und lassen sich Feed­back von ver­schiede­nen Men­schen geben. Für bei­de ist es wichtig, dass Bild und Text für die Fes­t­fron­ten stim­mig sind. Für bei­de ist der Dia­log wichtig. Bei­de nehmen sich Zeit für den Prozess und ver­trauen darauf, dass sie zur recht­en Zeit die richti­gen Zutat­en find­en – eine Art von Beten.

Mühe mit manchen Festen

Der Blick der Kün­st­lerin­nen auf die Feste unter­schei­det sich. Jacque­line Fahrni suchte als eher Kirchen­ferne ihren Weg, um die Feste in eine unge­wohnte, doch frische Bild­sprache und dazu passende Texte zu über­set­zen und erregte damit beispiel­sweise die Aufmerk­samkeit von Pri­or­in Irene Gassmann. «Mir war aber wichtig, dass aus den Tex­ten her­aus Hin­weise auf das Bild erkennbar waren», sagt Jacque­line Fahrni. Sie will sich weit­er mit dieser Art der Ver­mit­tlung bib­lis­ch­er Inhalte auseinan­der­set­zen.Kit­ti Stef­fen hat sich als langjährige Kat­e­chetin bere­its viel mit den Fes­ten auseinan­derge­set­zt. «Aber es gibt Feste, zum Beispiel Aller­heili­gen, damit habe ich Mühe und weiss nicht warum. Vielle­icht ein Hin­weis, genau hinzuschauen», sagt Kit­ti Stef­fen. Fra­gen an die schei­dende Jahreskün­st­lerin hat sie nach dem Gespräch keine mehr, «doch vielle­icht kommt dann doch mal ein Tele­fo­nan­ruf oder wir tre­f­fen uns zu einem Aus­tausch», sagt sie zum Schluss.
Anne Burgmer
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