Basel-Landschaft als Gastkanton der diesjährigen Vereidigung der Schweizergarde
Jedes Jahr am 6. Mai legen die neuen Gardisten ihren Eid ab. Es ist der Jahrestag des «Sacco di Roma», der Plünderung Roms, bei der im Jahr 1527 189 Schweizergardisten Papst Clemens VII. gegen die Armee Karls V. verteidigten. Zwei Drittel der päpstlichen Garde kamen damals ums Leben, 42 Gardisten verhalfen dem Papst zur Flucht und retteten sein Leben. Basel-Landschaft war dieses Jahr als Gastkanton eingeladen.Von den Wänden des apostolischen Palastes schallen die Stimmen der Baselbieter; für einen Moment ist der Cortile San Damaso im Herzen des Vatikans vom Klang des Baselbieterlieds erfüllt. Stehend und mit Innbrunst singen die Delegierten das Stück mit, bevor es zu dem Moment kommt, für den alle angereist sind: die Vereidigung der neuen Gardisten.Doch die stellt nur den Endpunkt zweier ereignisreicher Tage für die Delegation dar. Zu Gast waren Vertreterinnen und Vertreter des Kantons und der Römisch-katholischen Landeskirche Basel-Landschaft sowie Mitglieder der Vereinigung ehemaliger Schweizergardisten Sektion Region Basel. Mit der erweiterten Delegation waren noch weitere Personen aus Kanton und Landeskirche angereist. Im Innenhof der Kaserne kam die Delegation am Montag, 5. Mai, erstmals zusammen, um gemeinsam die heilige Messe unter freiem Himmel zu feiern. Weiter ging es mit einer Führung durch den apostolischen Palast, bei der ehemalige Gardisten neben den vielen historischen Fakten auch die ein oder andere Anekdote in ihre Vorträge einfliessen liessen. Gerade als Papst Franziskus vom Fenster aus das sonntägliche Angelusgebet sprach, waren die Delegierten unter eben diesem Fenster auf dem Weg zum Ulmenhof, in dem, begleitet von der Stadtmusik Laufen, ein Apéro offeriert wurde.Der Sonntag begann früh – um 7.30 Uhr mit einer Messe im Petersdom. Für die musikalische Begleitung dieser Messe war von der Römisch-katholischen Landeskirche eigens ein Projektchor unter der Leitung von David Rossel lanciert worden. 49 Sängerinnen und Sänger des Aescher Cäcilienchors, verstärkt mit Mitgliedern aus Chören weiterer Pfarreien und Kirchgemeinden sowie sechs Musikerinnen und Musikern, trugen eine Messe von Benno Ammann vor. Die offizielle Delegation wurde anschliessend von Papst Franziskus empfangen – sicherlich für einige, neben der Vereidigung, einer der Höhepunkte.Und dann, am späten Nachmittag, war es so weit: Die neuen Gardisten kamen nacheinander in die Mitte des Cortile San Damaso und schworen (Auszug): «Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst und seinen rechtmässigen Nachfolgern und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben.»Einer von ihnen ist Carlo Frey, ein Baselbieter aus Gelterkinden.
Interview mit Carlo Frey
Was waren Ihre Beweggründe, in die Schweizer Garde einzutreten?Carlo Frey: Bei mir gab es schon seit einiger Zeit ein Interesse, einen solche Dienst leisten zu dürfen. Meine Schule – das Gymnasium Kloster Disentis – bietet in der dritten Klasse eine Fokuswoche an, an der ich 2019 teilgenommen habe. Auf dieser Schulreise sind wir hier im Vatikan gewesen und hatten in dem Zusammenhang auch eine Führung des Kasernegebiets. Bereits da wurde mein Interesse geweckt und der Gedanke hielt sich über die Jahre immer in meinem Hinterkopf. Ich sehe den Dienst in der Garde als einmalige Chance. Dabei bin ich auch von meinem Glauben motiviert: Ich arbeite hier in Rom, im Vatikan, sozusagen im Mittelpunkt der katholischen Kirche. Das merkt man auch. Man hat hier einen anderen Bezug zum Glauben als zu Hause. In der Garde gibt es viele junge Leute, die auch etwas mit dem Glauben zu tun haben, das ist zuhause eher weniger der Fall, wo man mit seinem Glauben eher abgeschottet von den anderen jungen Menschen ist. Ich finde es etwas sehr Schönes, das hier erleben zu dürfen. Man entdeckt und sieht den Glauben aus einer anderen Perspektive.Wie sieht ein typischer Tag für Sie hier bei der Garde aus?Je nachdem habe ich morgens, nachmittags oder abends Dienst. Kein Tag ist wie der andere, es passiert jeden Tag etwas Neues. Zumindest hat sich für mich bisher noch keine Routine eingestellt. In der Freizeit gehen wir zusammen in den Fitnessraum, der ist wirklich cool hier in der Kaserne.Wo wir gerade davon sprechen: Welchen Freizeitaktivitäten gehen Sie hier in Rom nach, wenn Sie nicht im Dienst sind?Das Ausgangsleben ist recht gut. Ich bin zwar noch nicht oft im Ausgang gewesen, aber ich habe gehört, dass fussläufig einige interessante Orte zu erreichen sind. Gerade am Anfang des Dienstes sind meine Prioritäten aber anders gesetzt und ich mache, wie erwähnt, viel Sport. Ansonsten war ich vor zwei Wochen zum Beispiel mit den Kollegen an einem freien Tag am Strand. Das Meer ist mit dem Zug in nur etwa 30 bis 40 Minuten zu erreichen. Sie werden in wenigen Stunden schwören, ihr Leben für den Papst hinzugeben. Was bedeutet das für Sie und wie fühlen Sie sich dabei?Es ist ein spezieller Gedanke, aber ich würde sagen, der Schwur heute ist nur noch ein zeremonieller Aspekt. Ich bin dafür schon bereit, seit ich diesen Weg im Januar eingeschlagen habe und nicht erst seit heute Nachmittag. Für mich ist es keine Frage: Wenn es zu einer solchen Situation kommen sollte, würde ich auch nach diesem Schwur handeln. Aber ich gebe zu, es ist schon ein spezielles Gefühl, denn die wenigsten Menschen würden das so mit Überzeugung machen, wie wir Gardisten das tun. Aus meinem christlichen Glauben heraus ist das eine sehr grosse Ehre, mein Leben für den Heiligen Vater, der ja der Vertreter Christi auf Erden ist, hinzugeben. Für jemanden, der mit dem Glauben nichts zu tun hat, macht das vielleicht nicht so viel Sinn, aber ich sehe das anders. Wie erleben Sie das spirituelle Leben innerhalb der Schweizergarde? Wie sehr ist es in Ihren Alltag hier integriert?Natürlich ist es das schon durch die Arbeit an sich auf eine gewisse Weise: Wir arbeiten in der Basilika während der Messe. Wir begegnen in unserer Arbeit sehr vielen Priestern, Bischöfen und Kardinälen und sind somit ständig umgeben von Glaubenspersonen.Für uns Gardisten gibt es in der Gardekapelle sonntags drei Messen: am frühen Morgen, für Gardisten, die aus dem Nachtdienst kommen, am späten Morgen und am Abend. Auch an den anderen Tagen gibt es jeden Abend eine Messe vor dem Nachtessen. Das ist alles freiwillig, man wird zu nichts gezwungen, aber viele besuchen diese Messen. Danach kommt es durchaus vor, dass wir untereinander darüber diskutieren, was in der Predigt gesagt wurde. Allgemein unterhalten wir uns auch über Glaubensfragen. Gerade wenn man, wie ich, noch neu ist, kennt man sich noch nicht so gut und kennt noch nicht alle Ansichten der anderen. Da gibt es auf jeden Fall interessante Gespräche. Man hört oft vom starken Zusammenhalt und dass die Schweizergarde so etwas wie eine Familie sei, zu der auch die ehemaligen Gardisten immer noch gehören. Wie haben Sie das bisher erlebt?Ja das stimmt. Seit ich hier bin sind einige Gardisten gegangen und die waren in der Zeit, seit Januar, jetzt auch schon, teilweise mehrmals, wieder hier. Man sieht viele Exgardisten, die in ihren Ferien vorbeikommen. Wer hier eine gute Zeit hatte, der hat auch später noch einen engen Bezug zur Garde.Ist die gängige Sprache der Schweizergarde schweizerdeutsch?Nicht wirklich, ich würde sagen, die Hälfte der Gardisten kommen aus der Romandie, ist also französischsprachig. Mit ihnen und den Tessinern spricht man Italienisch. Aber die, die es können, sprechen schon Schwiizerdütsch. Wir müssen aber alle Italienisch lernen. Prüfungen in Italienisch bis zum Sprachniveau B1 sind obligatorisch und es muss eine Zertifikatsprüfung abgelegt werden. Dafür haben wir meistens etwa zwei Lektionen pro Woche. Danach kann man noch freiwillig weitermachen bis zum Sprachniveau C2, was dem Muttersprachlerniveau entspricht. Die italienische Sprache ist wirklich essenziell, denn die Mehrheit der Menschen hier sind Italiener. Mit Englisch kommt man oft nicht all zu weit. Haben Sie auch die Möglichkeit nach Hause zu fahren? Was vermissen Sie am meisten, wenn sie an die Heimat denken?Man hat freie Tage, aber an denen darf man trotzdem nicht auswärts schlafen. Wenn man in die Heimat gehen möchte, muss man einen Antrag stellen und wenn der bewilligt wird, darf man gehen. Ich habe zum Beispiel im September das erste Mal Ferien. Es gibt aber auch Leute, die gehen im Dezember das erste Mal nach Hause, das heisst, die sind dann ein Jahr hier, bevor sie zum ersten Mal heim gehen.
Ich vermisse am meisten die Berge. Hier ist man einige Zeit unterwegs, bis man in den Bergen ist. Worin bestand die Ausbildung?Es gibt eine Rekrutenschule – wie im Militär – also man beginnt als Rekrut, wenn man hier ankommt. Den ersten Monat verbringt man in Rom. Da gehören in der Ausbildung auf den Plan: Ortskenntnisse – wo ist was im Vatikan, und wichtige Personen – welche Personen muss man kennen. Auch die Uniformen hatten wir in dieser Zeit anprobiert. Während unserer Abwesenheit machte der Gardeschneider unsere Uniformen bereit. Den zweiten Monat verbrachten wir im Tessin. Wir waren in Isone in der Kaserne. Dort hatten wir eine Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei vom Tessin und bekamen Schiessausbildung, taktisches Verhalten, Nahkampf, Selbstverteidigung, und andere diverse Ausbildungen. Zurück in Rom hatten wir nochmals ein oder zwei Wochen Repetierung, bekamen unsere Uniformen und im März hat dann der Dienst begonnen.Einige Gardisten gehen nach ihrer Zeit bei der Schweizer Garde in den Militärdienst. Ist das auch ihr Plan?Ausschlaggebend war das für mich nicht. Ich wäre sowieso in die Garde eingetreten, auch wenn ich danach studiert hätte. Ich habe aber schon ein Interesse, mich danach in diese Richtung zu orientieren. Polizei oder Berufsmilitär könnte ich mir vorstellen. Und von dem her ist der Dienst hier sicher ein Pluspunkt und bringt mir etwas. Leonie Wollensack
Morgen Donnerstag, 5. November erscheint im Aargau die Zeitung «zVisite», eine interreligiöse Gemeinschaftsproduktion, an der auch Horizonte mitges...