Mit Hori­zon­te ans Oster­spiel Muri

Pau­ken­schlä­ge hal­len durch den Pro­be­raum, fegen über leb­los am Boden lie­gen­de Gestal­ten. In blass­weis­sen, am Rücken offe­nen Spi­tal­hem­den kau­ern die­se unbe­weg­lich auf alten Kof­fern. Ein Key­board nimmt mit grel­len Orgel­ak­kor­den den schla­gen­den Rhyth­mus auf, Saxo­phon und Vio­li­ne stim­men ein. Als­bald erfüllt eine gespen­sti­sche Kako­pho­nie den Saal. Eine Hor­de «Teu­fel» tanzt tam­bu­rin­schla­gend über die am Boden schla­fen­den Per­so­nen hin­weg, wor­auf sich die­se drö­ge erhe­ben und zom­bie­gleich in eine Ecke des Rau­mes schlurfen. 

Lie­bes­er­klä­rung. In der Mit­te bleibt eine älte­re Frau in Leder­jacke und pink­far­be­nem Rock zurück. Sophie. Suchend beugt sie sich vor, späht umher. «Ernst?», ruft Sophie, wor­auf die «Armen See­len» in ihren Spi­tal­hem­den das Echo rufen. Ein Mann im Roll­stuhl wird auf die Büh­ne gescho­ben. «Ich bin’s», ruft Sophie, wor­auf der Chor der «Armen See­len» zu gespen­sti­schen Musik­klän­gen erneut das Echo wider­hal­len lässt. «Jesus, einer jung­frouw sun der suo­zen Mari­un», wen­det sich Sophie in einer Lie­bes­er­klä­rung auf Mit­tel­hoch­deutsch an ihren Ernst.

Bla­sen­ent­zün­dung. Immer wie­der wird an die­sem Abend die­sel­be Sze­ne geprobt: Sophies Traum. Es ist der Ein­stieg in den zwei­ten Teil des aktu­el­len Oster­spiels Muri. Die Regis­seu­rin und Co-Autorin Bar­ba­ra Schlumpf gibt den Dar­stel­lern Anwei­sun­gen. Oft heisst es, aus­har­ren, genau zuhö­ren. Auch am Boden lie­gend. «So kriegst du noch eine Bla­sen­ent­züd­nung auf dem kal­ten Boden hier», wit­zelt eine Frau aus dem Chor.

Neu­fas­sung. Vom 23. Juli bis 30. August 2014 wird das Ergeb­nis inten­si­ver Pro­ben, eine Neu­fas­sung des 700 Jah­re alten Oster­spiels von Muri, im Klo­ster­hof der Bene­dik­ti­ner­ab­tei zu sehen sein. 20 Jah­re sind seit der letz­ten Auf­füh­rung des Oster­spiels von Muri ver­gan­gen. Zusam­men mit dem Thea­ter­au­tor Paul Stein­mann (Chrütz und Fah­ne) hat Regis­seu­rin Bar­ba­ra Schlumpf (der Fran­zos im Ybrig) das Stück neu geschrie­ben. Ent­stan­den ist eine muti­ge, zeit­ge­mäs­se Inter­pre­ta­ti­on des Stof­fes rund um die einst wie heu­te so aktu­el­len The­men wie Leben, Tod und Auferstehung.

Nach­hol­be­darf. Sophie, eine Bewoh­ne­rin der «pfle­gi­mu­ri», gespielt von Kla­ra Fricker, trau­ert ihrer Jugend­lie­be nach: Ernst, Jesus-Dar­stel­ler eines frü­he­ren Oster­spiel, in wel­chem Sophie die Maria von Mag­da­la gab. Als eine Thea­ter­grup­pe auf dem Klo­ster­platz mit den Pro­ben für eine Neu-Auf­la­ge beginnt, zieht es Sophie an den Ort des Gesche­hens. Ihre Erin­ne­run­gen erwa­chen, beharr­lich stört sie die Pro­ben und wird sich hier­bei bewusst, wie viel sie in ihrem Leben ver­passt hat. Nichts wünscht sie sich sehn­li­cher, als das, was sie nicht zu Ende leben konn­te, doch noch irgend­wie aus­ko­sten zu können.

Traum­welt. Im zwei­ten Teil des Stückes fin­det sich Sophie in einer sur­rea­len Traum­welt wie­der, in wel­cher sie ver­sucht, ihr Leben nach ihren Vor­stel­lun­gen zu Ende zu träu­men. Da wird ihr auf ein­mal bewusst, dass mit dem Regis­seur der Tod die letz­te Klap­pe vor­be­rei­tet hat. Mit List ver­sucht Sophie, dem Tod ein Schnipp­chen zu schla­gen, um noch­mals eine Ehren­run­de zu leben.

Rhyth­mus. «Fan­gen wir noch­mals an», for­dert Bar­ba­ra Schlumpf und diri­giert die Dar­stel­le­rin­nen und Dar­stel­ler auf ihre Plät­ze. «Ihr Teu­fel schrei­tet ein­fach gera­de­wegs über die am Boden Lie­gen­den weg, okay?» Dann gibt die Regis­seu­rin noch­mals den Rhyth­mus vor, der als­bald vom Schlag­zeu­ger der Band über­nom­men wird.   Andre­as C. Müller

 

LESERANGEBOT

Zusam­men mit reformiert.aargau bie­tet Hori­zon­te für die Auf­füh­run­gen vom 30. Juli und 6. August 2014 in beschränk­ter Stück­zahl ein spe­zi­el­les Leserangebot.

 17.45 Uhr     Klo­ster­füh­rung mit Mar­tin Egli (fakultativ/separat anmelden)

19 Uhr           Apé­ro riche und exklu­si­ve Ein­füh­rung ins Thea­ter mit Regis­seu­rin Bar­ba­ra Schlumpf

21 Uhr           Beginn des Osterspiels 

Anmel­dung für die Klo­ster­füh­rung (nur mit Leser­an­ge­bot, Teil­neh­mer­zahl beschränkt) beTreff­punkt: Mit Klo­ster­füh­rung: 17.45 Uhr vor Klo­ster­kir­che Muri. Ohne Klo­ster­füh­rung um 19 Uhr im Cha­pi­teau auf dem Theatergelände.

Packa­ge-Preis für reformiert.aargau/Horizonte-Lesende: 78 Fran­ken. Buchen auf http://wo1.ticketville.net/online-ticket-buchungssystem/muri-theater/ein-osterspiel-in-muri/index.html

 

Redaktion Lichtblick
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