Das wahre Licht entdecken

Das wahre Licht entdecken

Evan­geli­um nach Johannes 1, 5–9Und das Licht leuchtet in der Fin­ster­n­is und die Fin­ster­n­is hat es nicht erfasst. Ein Men­sch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeug­nis abzule­gen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kom­men. Er war nicht selb­st das Licht, er sollte nur Zeug­nis able­gen für das Licht. Das wahre Licht, das jeden Men­schen erleuchtet, kam in die Welt.Neue Ein­heit­süber­set­zung 

Das wahre Licht entdecken

Wo sehen wir das Licht? Ja, natür­lich am Christ­baum oder durch die Aussen­beleuch­tun­gen der Häuser … in der Advents- und Wei­h­nacht­szeit. Die Tausenden LED-Läm­pchen, welch ein Zauber. So und anders über­legte ich im Advents­gottes­di­enst mit behin­derten Men­schen. Eine Frau machte «nur» eine Hand­be­we­gung: mit dem recht­en Zeigefin­ger zu ihrem Herzen. Ich weiss, dass ihre Fam­i­lie an Depres­sio­nen lei­det. Dass aus­gerech­net sie dieses Licht erwäh­nt, das ich – das wir oft nicht wahrnehmen kön­nen? So ging es mir durch den Kopf. In dieser Feier hätte man eine Nadel fall­en hören, so konzen­tri­ert, so da, ganz da, waren die Men­schen, die Behin­derten, Ange­höri­gen und die Betreu­ungsper­so­n­en. Kein Gestürm, nichts, alle waren ganz ein­fach da.Im Text des Johan­ne­se­van­geli­ums lesen wir von einem Licht, das bei Gott war und zu uns kam. Die Fin­ster­n­is der Welt erfasste es nicht, trübte es nicht, ver­dunkelte es nicht, brachte es nicht zum Ver­schwinden. Welch­er Trost für mich und vielle­icht auch für Sie! Die Schreck­en­snachricht­en, die Armut von Mil­lio­nen von Men­schen, das Macht­ge­baren der Finanzwelt und der Poli­tik in vie­len Teilen der Welt sind fast zu viel und scheinen «das Licht», Chris­tus, zum Ver­schwinden zu brin­gen. Unver­ständ­nis und Entset­zen auch über die Nachricht­en aus der Reli­gion, welche «Zeug­nis für das Licht» able­gen soll.Das Fest des Apos­tels und Evan­ge­lis­ten in diesen Wei­h­nacht­sta­gen kann ein Anstoss sein, das eigentliche Licht und nicht den Schein zu ent­deck­en. So wie kür­zlich nach ein­er Regen­nacht der Mor­gen die Sicht auf den Mond und die Venus freigab. War das ein Anblick auf dem Weg zur Arbeit. Eine völ­lig neue Per­spek­tive. An jen­em Tag durfte ich etwas neu sehen und erfahren: Ein junger Mann im Gefäng­nis, der ein gross­es Gewalt­prob­lem hat, flüsterte mir, seine Kappe tief ins Gesicht gezo­gen, beim Vor­beige­hen ins Ohr, dass er mich ver­misst habe (nach­dem ich län­gere Zeit abwe­send war). Gewalt und Zartheit, nebeneinan­der in der­sel­ben Per­son.Der heilige Johannes war Zeuge des Licht­es und wusste genau, dass nicht er das Licht war. Er fol­gte Jesus nach und begleit­ete ihn bis zum Abendmahl und darüber hin­aus in den Oster­mor­gen, als «er sah und glaubte». Wir brauchen Licht, um sehen zu kön­nen. An Wei­h­nacht­en, in den lan­gen dun­klen Nächt­en, ohne die Tausenden LED-Läm­pchen, möchte uns das wahre Licht besuchen kom­men. Eine neue Per­spek­tive und eine lebendi­ge Hoff­nung wer­den uns geschenkt. Ich mag geblendet sein von Äusser­lichkeit­en, Macht­ge­baren hier wie dort, von Trau­rigkeit und dem Elend der Welt, ich brauche dieses wahre Licht, um dies einord­nen zu kön­nen und um zu erken­nen, wo ich möglicher­weise Zeuge seines Licht­es wer­den darf. So wird am 27. Dezem­ber aus Psalm 97 gesun­gen: «Freut euch am Her­rn! Licht wird aus­gesät für den Gerecht­en, Freude für die, die ger­aden Herzens sind.»Anna-Marie Fürst, The­olo­gin, arbeit­et in der Gefäng­nis­seel­sorge und in der Seel­sorge für Men­schen mit Behin­derung in den Kan­to­nen Aar­gau, Basel-Stadt und Zug
Redaktion Lichtblick
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