Das Miteinander von Wissen und Beheimatung
Am 12. Februar 2017 wird im Aargau über die Zukunft der Schule abgestimmt. Wird die Initiative «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» abgelehnt, ist der Weg für den Lehrplan 21 frei. Wird sie angenommen, sei guter Rat teuer, so Luc Humbel, Kirchenratspräsident der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau.Die Medienmitteilung der drei Landeskirchen lässt keinen Zweifel offen: Der Lehrplan 21 wird gewünscht, die Gegen-Initiative abgelehnt. Als Begründung steht im Papier, dass «der Stellenwert der religiösen Orientierung und deren gesellschaftliche Relevanz zunehmen wird. Die Landeskirchen legen daher Wert darauf, dass religionsrelevante Lektionen verbindlich über die neue Kompetenzorientierung im Lehrplan 21 festgelegt werden.»
Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen
Auf Nachfragen, ob den Kirchen als öffentlich-rechtlichen Körperschaften bei einer Annahme des Lehrplans 21 weiterhin Zeit und Raum in der Schule gewährleistet wird, erklärt Luc Humbel: «Aktuell gilt das Aargauer Volksschulgesetz, das den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften Raum und Zeit für den kirchlichen Religionsunterricht zur Verfügung stellt. Der entsprechende Paragraph 72 ist allerdings in die Jahre gekommen; mit andern Worten: die Rahmenbedingungen am Lernort Schule haben sich verändert. Mit dem Dokument
«Kirchlicher Religionsunterricht. Empfehlungen zur Organisation an der Volksschule Aargau» (in aktualisierter Fassung aus dem Jahr 2014 — Anmerkung der Redaktion) haben die Landeskirchen zusammen mit dem Kanton Aargau Grundsätze festgehalten, welche ein gutes Mit- und Nebeneinander im schulischen Alltag gewährleisten. Es ist eine auf Augenhöhe ausgehandelte Handreichung, welche in der Praxis kooperativ umgesetzt werden kann und wird». Eine Garantie, dass dies auch in Zukunft so sein werde, gebe es nicht, sagt Luc Humbel ganz offen.
Duale Struktur des Religionsunterrichts
Die Medienmitteilung der Landeskirchen betont die duale Struktur des Religionsunterrichts im Lehrplan 21: «Während der im Lehrplan 21 vorgesehene Unterricht «Ethik, Religionen und Gesellschaft» die Kompetenzen aller Schülerinnen und Schülern im Verhältnis zu den Religionen in unserer Gesellschaft stärkt, versteht sich der kirchliche Religionsunterricht als Auseinandersetzung mit der eigenen Religion und Religiosität.» Das geübte duale System von kirchlichem Religionsunterricht und staatlichem Unterricht in Ethik und Religionen biete einen Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler, welchem Sorge getragen werden müsse, erklärt Luc Humbel. Es ginge letztlich um die Frage, Religion oder Religionen – also die Fixierung auf eine Religion oder die Fähigkeit, sich mit vielen Religionen und Weltanschauungen auseinandersetzen zu können.Moni Egger, Fachstellenleiterin Fachstelle Katechese-Medien Aarau, differenziert weiter aus: «Die parallelen Angebote von Staat und Kirche im religiösen Bereich ermöglichen beiden Seiten eine Fokussierung auf die eigene Zuständigkeit. In den Schulen geht es um Wissen über Religion an sich und verschiedene religiöse Traditionen – im konfessionellen Unterricht steht das Christentum im Fokus und also Themen wie Bibel, christliche Traditionen, Kirchengeschichte, Kirchenjahr, je nach dem in katholischer oder reformierter oder ökumenischer Ausrichtung».
Position des konfessionellen Unterrichts stärken
Dass der konfessionelle Unterricht trotz der gesetzlichen Verankerung im Paragaph 72 keinen leichten Stand an den Volksschulen hat, war und ist immer wieder Thema (
Horizonte berichtete). Doch auch kirchlicherseits ist ein neuer Lehrplan in Arbeit, wie Moni Egger verrät: «Der „Lehrplan für Religionsunterricht und Katechese (
LeRUKa)“ ist wie der LP 21 kompetenzorientiert. Dadurch und durch die Klärung der Bereiche Religionsunterricht (Wissensvermittlung) und Katechese (Beheimatung) trägt dieser dazu bei, gegenüber den Schulen als transparente und verlässliche Partnerinnen und Partner aufzutreten. Die Fachstelle Katechese – Medien wird ab Frühsommer 2017 über den LeRUKa und die im Aargau geplante Einführung informieren».Moni Egger betont darüber hinaus, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Kirche wesentlich von den konkreten Umständen (Klassengrössen und ‑zusammensetzung, Stundenplan, Raumsituation, …) und vor allem von den beteiligten Personen abhänge. Luc Humbel formuliert ein kurzes Rezept für gelingende Zukunft von konfessionellem Religionsunterricht: «Wir sind gefordert, durch unsere Leistungen vor Ort zu überzeugen. Das ist die beste Garantie».
Medienmitteilung der Aargauer Landeskirchen zum Lehrplan 21