Bremgartens Stadtheiliger öffnet das innere Auge

Bremgartens Stadtheiliger öffnet das innere Auge

  • Am Son­ntag, 27. Okto­ber feiert Brem­garten seinen Stadt- und Land­pa­tron Syne­sius.
  • Die Reliquien des Katakomben­heili­gen ruhen seit dem Jahr 1653 in der Brem­garter Stadtkirche.
  • Zu sein­er Verehrung gehört auch der Brauch der Augenseg­nung. Der Augen­heilige soll vor allem für eine klare innere Sicht sor­gen.
 Die Stadtkirche in Brem­garten ist dem heili­gen Niko­laus von Myra gewei­ht. Doch der heim­liche Star ist ein ander­er, dessen Reliquien in einem Schrein auf dem mit­tleren Altar des Seit­en­schiffs ruhen: Syne­sius. Seit 1653 wird er in Brem­garten als Für­bit­ter gegen Augen­lei­den verehrt und angerufen. Jew­eils am vierten Son­ntag im Okto­ber feiert die Pfar­rei das Syne­sius­fest mit einem feier­lichen Gottes­di­enst, in dessen Anschluss die Gläu­bi­gen den Syne­siussegen emp­fan­gen kön­nen.

Unbekannte Biografie

Der Stadt- und Land­pa­tron von Brem­garten ist ein so genan­nter «Katakomben­heiliger». Darunter ver­ste­ht man jene Heili­gen, deren Reliquien seit dem 17. Jahrhun­dert den Grab­nis­chen der römis­chen Katakomben ent­nom­men und zu Kul­tuszweck­en in Kirchen der katholis­chen Welt über­tra­gen wur­den. Der Schädel und die Knochen in der Brem­garter Stadtkirche stam­men aus einem Reliquien­schatz, über den es kein Namensverze­ich­nis gibt. Als die Reliquien vor 366 Jahren ans Tages­licht kamen, gab man ihnen den Namen Syne­sius gab. Von seinem Leben ist nichts bekan­nt.

Rege Wallfahrtstätigkeit

Am 22. Okto­ber 1653, bracht­en der dama­lige Stadtp­far­rer und der Cus­tos der Pfar­rkirche die Reliquien nach Brem­garten. Ver­mit­telt wor­den war der Schatz vom dama­li­gen Haupt­mann der Schweiz­er­garde. In Brem­garten mauserte sich Syne­sius rasch vom Stadt­pa­tron zum Schutzheili­gen der gesamten Region und es ent­stand eine rege Wall­fahrt­stätigkeit. Regelmäs­sig erin­nerten in Brem­garten grosse Volks­feste an die feier­liche Über­führung der Reliquien.

Reliquien nur am Festtag sichtbar

Noch heute wird jedes Jahr anlässlich des Syne­sius­festes mit den Reliquien der Augensegen gespendet. Über Jahrhun­derte waren an diesem Feiertag sämtliche umliegen­den Pfar­reien ins Städtchen gepil­gert. Heute sind es vor allem Einzelper­so­n­en, die für den Segen nach Brem­garten kom­men. Der Brauch erfreut sich aber nach wie vor gross­er Beliebtheit. Dazu trägt sich­er bei, dass die Reliquien nur am Feiertag betra­chtet wer­den kön­nen. Für den Rest des Jahres sind Schädel und Knochen sorgfältig eingeschlossen.

Augenheiliger

Warum Syne­sius als Patron gesun­der Augen, als Augen­heiliger, verehrt wurde und wird, weiss nie­mand genau. Auch der Brem­garter Lokalhis­torik­er Heinz Koch kann nur mut­massen: «Es war die Zeit der Gegen­re­for­ma­tion, als die Reliquien der Katakomben­heili­gen als ‚Wächter’ zu uns kamen. Möglich, dass man ihnen ein­fach einen Wirkungs­bere­ich zugeteilt hat.»

Heilige entstauben

Für den Segen wird eine Fin­ger­reliquie nicht auf die Augen, son­dern auf die Nasen­wurzel gehal­ten. Es werde also qua­si das «dritte», das innere, Auge geseg­net, erk­lärt Heinz Koch. So, dass die Geseg­neten inner­lich offen wür­den, und über­legten, wo es ihren per­sön­lichen Ein­satz brauche. «Wir müssen unsere Heili­gen vom Staub befreien und uns fra­gen, welche Wirkung sie hier und heute ent­fal­ten kön­nen», find­et Heinz Koch.

Synesius wirkt in Afrika

Die Brem­garter haben ihren Heili­gen im Jahr 2003 gründlich entstaubt. Anlässlich des 350. Gedenk­tages der Über­tra­gung der Reliquien grün­de­ten sie unter dem Slo­gan «Syne­sius gehört nach Afri­ka» das Pro­jekt Syne­sius, das Schulen und Gesund­heit­sein­rich­tun­gen in Afri­ka – momen­tan in Kenia – unter­stützt. So wurde, wie in ersten Aus­gabe des Vere­ins­blatts von 2006 zu lesen ist, der Brem­garter Augen­heilige «vom lokalen zum inter­na­tionalen Helfer und Für­bit­ter».    Marie-Chris­tine Andres 

Synesiusfest 2019

Sam­stag, 26. Okto­ber: 16 bis 17 Uhr: Augenseg­nung.  17.15 Uhr: Ves­per zum Syne­sius­fest (mit Beda Szu­kics, Abt des Klosters Muri-Gries, Don Lui­gi Talari­co, Pater Uche Iheke und Diakon Andreas Boss­mey­er), Musik: Lidi­ja Bänziger (Gesang), Andrea Kobi (Orgel). Anschliessend Augenseg­nung.Son­ntag, 27. Okto­ber: 9.30 bis 10.15 Uhr: Augenseg­nung. 10.30 Uhr: Fest­gottes­di­enst zum Heili­gen Syne­sius. Mit Abt Beda Szu­kics (Fest­predigt), Pater Uche Iheke und Diakon Andreas Boss­mey­er. Musik: Kirchen­chor Brem­garten. Anschliessend Augenseg­nung. 14 bis 16 Uhr: Augenseg­nung.   Foto:  Roger Wehrli
Marie-Christine Andres Schürch
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