Badenfahrt zwischen «Himmelriich» und Erschaffung der Welt

Badenfahrt zwischen «Himmelriich» und Erschaffung der Welt

  • Unzäh­lige Men­schen geniessen derzeit die Baden­fahrt, das Volks­fest der Superla­tive.
  • Auch die Kirchen sind vor Ort und küm­mern sich um die spir­ituellen Bedürfnisse der Gäste.
  • Der öku­menis­che Gottes­di­enst mit Gospel­chor auf der Blues­bühne ist der Auf­takt zum ersten Baden­fahrt-Son­ntag.

Das «Him­mel­ri­ich» in Baden hat Apfel­bäume an der Pforte und ihre Früchte sind hier göt­tlich. Alles ist ein biss­chen anders in diesen Tagen. Denn Baden feiert seine Baden­fahrt. Baden­fahrt das sind tem­poräre Restau­rants, welche die ansäs­si­gen Vere­ine mit viel Liebe zum Detail in frei­williger Arbeit anfer­ti­gen.

Zehn Tage Ausnahmezustand

Zur Baden­fahrt gehören auch die vie­len Konz­erte und The­at­er­auf­führun­gen. Während zehn Tagen ist das aar­gauis­che Städtchen im Aus­nah­mezu­s­tand. Es soll Baden­er geben, die Ferien nehmen für die zehn ver­rück­ten Tage. Viele Heimwe­hbadener­in­nen kom­men nach Hause und tre­f­fen dort ihre alten Fre­undin­nen und Fre­unde. Seit 2017 ste­ht der Grossan­lass auf der Liste der lebendi­gen Tra­di­tio­nen des Bun­de­samtes für Kul­tur.

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Beat­rice Eglin ist Präsi­dentin der Kirchenpflege der Kirchge­meinde Baden-Ennet­baden und mitver­ant­wortlich für das «Him­mel­ri­ich». Die Fes­t­beiz ste­ht vis-à-vis der Stadtkirche ein biss­chen im Abseits. «Ich finde es schön, dass das Him­mel­ri­ich ein ruhiger Pol an der Baden­fahrt ist.»

Beat­rice Eglin hat ger­ade ihre Schicht in der Beiz been­det. Zusam­men mit 220 frei­willi­gen Helfend­en stem­men sie den Restau­ra­tions­be­trieb. Gehack­tes mit Hörn­li auch in veg­e­tarisch­er Vari­ante ste­ht hier auf dem Menü­plan. Sie hät­ten bewusst auf Musik verzichtet. Ein guter Entscheid. Musik tönt durch alle Gassen der Baden­er Alt­stadt. Die Gäste sollen sitzen kön­nen und es gemütlich haben im Him­mel­ri­ich, sagt Beat­rice Eglin.

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Gewinn kommt wohltätigen Projekten zugute

Gemütlich hat es auch Markus Heil, Gemein­deleit­er aus Wet­tin­gen. Weil ger­ade nicht so viel los sei, brauche es ihn heute gar nicht im Ser­vice. Die Wet­tinger Gemeinde hil­ft den Nach­barn mit drei Ser­vice-Schicht­en aus. Der Gewinn aus der Fes­t­beiz kommt vol­lum­fänglich wohltäti­gen Pro­jek­ten zugute, etwa dem Pro­jekt «zäme ässe». In tra­di­tionell katholis­ch­er Manier kön­nen im Him­mel­ri­ich auch Schlüs­sel gekauft wer­den. Ab 100 Franken gibt’s einen.

Ökumenischer Gottesdienst bei der Badenfahrt 2023

Ini­tianten der Fes­t­beiz waren Cor­nelia Haller und das Seel­sor­geteam. Die Seel­sorg­erin der Pfar­rei Baden-Ennet­baden ist an diesem Son­ntag­mor­gen bere­its um 10 Uhr im Ein­satz. Gemein­sam mit den reformierten, evan­ge­lisch-methodis­tis­chen und christkatholis­chen Kol­legin­nen und Kol­le­gen gestal­tet sie den öku­menis­chen Gottes­di­enst auf der Blues-Bühne neben dem Lim­mat­steg.

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Ver­anstal­tet wird der Gottes­di­enst von der Arbeits­ge­mein­schaft christlich­er Kirchen in Baden (AGCK). Am kom­menden Son­ntag wird der Gottes­di­enst auf der Blues-Bühne inter­re­ligiös­er sein. Dann organ­isiert ihn die Arbeits­ge­mein­schaft inter­re­ligiös­es Gebet Baden.

Mehr als 300 Men­schen haben den öku­menis­chen Gottes­di­enst an diesem Mor­gen besucht. Organ­isator Rudi Neu­berth von der reformierten Kirchge­meinde Baden plus ist begeis­tert. Grund für die zahlre­ichen Gäste dürfte auch der Gospel­chor «Spir­it of Hope» gewe­sen sein, der den Gottes­di­enst musikalisch begleit­et hat­te und im Anschluss daran ein Konz­ert gab.

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Bänke und Stüh­le mussten in let­zter Minute noch zugestellt wer­den, damit alle Besuchen­den einen Sitz­platz fan­den. Kristin Lam­precht von der reformierten Kirche hat die Anwe­senden begrüsst und sich beim Organ­i­sa­tion­skomi­tee der Baden­fahrt bedankt, dass die Kirchen sich um die spir­ituellen Bedürfnisse der Gäste der Baden­fahrt küm­mern dür­fen.

«Piazza Piante» der Jugendvereine

Tat­säch­lich sind die ruhi­gen Spots in der Baden­er Alt­statt rar und darum umso kost­bar­er. Am Vor­mit­tag gehört dazu sich­er die «Piaz­za Piante». Im Kur­park haben die Jugend­vere­ine Blau­r­ing und Jung­wacht Baden, Pfa­di Baregg Baden und Pfa­di Hochwacht Baden eine Kinder und Jugendwelt erschaf­fen. Seil­bahn, Klet­ter­wand, Sirup­bar, Sand­kas­ten, Bühne. Für jedes Alter ist etwas dabei.

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Gut zwei Jahre haben die Jugendlichen das Pro­jekt geplant und umge­set­zt. «Wir woll­ten einen Platz für Junge bauen, an dem sie für sich sein und selb­st Sachen machen kön­nen», sagt Anna Angst vom Ressort Bau und Mit­glied in der Pfa­di Baregg Baden.

Die Tage seien lang. Gestern Nacht war um vier Uhr Schluss. Um neun Uhr war Pfadfind­erin Lina Vil­liger, Pro­gram­mver­ant­wortliche der Piaz­za Piante schon wieder auf dem Platz. Das Einzige, was den Organ­isatorin­nen sauer auf­stösst, ist der Müll. Die Abfal­l­entsorgung kommt an ihre Gren­zen, an vie­len Orten hat es noch Müll von der ver­gan­genen Nacht.

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Umzug bei der Badenfahrt

Die Gäste drän­gen sich im Schat­ten des Kur­parkes, um den Fes­tumzug am Mit­tag anzuschauen. Rund 30 Vere­ine stellen je eine ver­gan­gene Baden­fahrt dar. Die Mot­tos wer­den neu inter­pretiert. 1972 hiess es: 125 Jahre Spanisch-Brötli-Bahn, 1982 war das Mot­to «Illu­sio­nen».

Damals zierte eine bar­busige Nixe das Baden­fahrt-Plakat. Vor 100 Jahren fand die erste Baden­fahrt statt. Damals, nach den Wirren des Ersten Weltkrieges und dem Lan­desstreik, ging es vie­len Men­schen schlecht. Die Gemein­schaft sollte mit dem Volks­fest gestärkt wer­den.

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Grösstes Aargauer Volksfest

Diese Idee steckt auch nach all den Jahren noch hin­ter der Organ­i­sa­tion des Anlass­es. Unter­dessen hat das grösste Aar­gauer Volks­fest, das 2017 über eine Mil­lion Gäste hat­te, eine hun­dertjährige Tra­di­tion, von der viele Badener­in­nen und Baden­er seit Kindes­beinen an ein Teil sind.

Lightshow in der reformierten Kirche in Baden

Die Hitze wird fast unerträglich an diesem August­son­ntag. Da bietet es sich umso mehr an, in die reformierten Kirche Baden zu gehen. Hier gibt es die Light­show «Neo-fea­tur­ing Gen­e­sis». Die Zuschauen­den liegen auf Säck­en in der abge­dunkel­ten, kühlen Kirche und schauen sich die Licht­pro­jek­tio­nen an den Wän­den und an der Decke an: Die Erschaf­fung der Welt in drei Tagen. Aus dem Dun­klen erwacht ein Farb­spek­takel. Die Show ist beein­druck­end, aber wenn draussen die Baden­fahrt tobt, genügte eigentlich schon der dun­kle küh­le Kirchen­raum.

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Eva Meienberg
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