Äusserlich geschmückt, innerlich gut vorbereitet
- In einer feierlichen Zeremonie wurden am Samstag, 6. Mai, 23 neue Schweizergardisten im Vatikan vereidigt.
- Wie lebendige Fische schwimmen Gardisten gegen den Strom, sagte der Gardekaplan Kolumban Reichlin bei seiner Ansprache.
- Er lobte den Mut der jungen Männer, ihrer Intuition zu folgen und rief sie dazu auf, den Glauben besser kennen zu lernen.
Ein lichtblauer Himmel ist über den Cortile San Damaso gespannt. In der Mitte des Innenhofs gibt die Musikgesellschaft Hellikon ein Platzkonzert und sorgt mit Evergreens für sommerlich-leichte Atmosphäre. Gut gelaunt und erwartungsfroh, die Handykamera griffbereit, nehmen die Familien der Gardisten und die Ehrengäste ihre Plätze ein. Nach einem erfüllten Tag im Vatikan geht das Geschehen der Vereidigung seinem Höhepunkt entgegen. [esf_wordpressimage id=44360 width=half float=right][/esf_wordpressimage]
Dann wird es ernst: Der Sprecher rekapituliert die Geschehnisse vom 6. Mai 1527, dem Tag des «Sacco di Roma». Auf Italienisch, Französisch und Deutsch schildert er, wie die Gardisten Papst Clemens VII. unter Einsatz ihres Lebens gegen die Plünderer von Rom verteidigten. Von 189 Schweizergardisten überlebten nur 42 den Angriff.
«Selbst mein Leben hinzugeben»
Auf einem Balkon an der Westfassade schmettern drei Gardisten eine Fanfare in den Hof hinaus. Das Publikum erhebt sich von den Stühlen. Angeführt von den Tambouren setzt sich der Zug der Gardisten in Bewegung. Durch einen Gang erreichen sie den Innenhof. Hinter der Fahne des Korps schreitet das Gardespiel, dirigiert von Wachtmeister Francois Fournier. [esf_wordpressimage id=44379 width=half float=left][/esf_wordpressimage]
Entlang der Westfassade reiht das Pikett sich auf. Gardekaplan, Kommandant und kommandierender Offizier inspizieren das Pikett. 23 junge Schweizer stehen kurz davor, auf die Gardefahne zu schwören. «Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst und seinen rechtmässigen Nachfolgern und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben», lautet der Anfang der Eidesformel, die der Gardekaplan vorliest.
«Teil eines grösseren Ganzen»
Oberst Christoph Graf geht in seiner Ansprache auf die Bedeutung der Uniform ein: «In der Uniform sehen alle Gardisten gleich aus. Doch in jeder steckt eine eigene Persönlichkeit, mit eigenen Ideen und Wünschen.» Die Uniform übernehme eine wichtige kommunikative Aufgabe, denn sie signalisiere die Zugehörigkeit zum Korps. Sie vermittle Schutz, Kompetenz, Respekt und Autorität. Das Tragen der Uniform verlange jedoch von jedem Einzelnen die Identifikation mit den Werten Loyalität, Treue und Zuverlässigkeit. «Zum andern muss uns bewusst sein, dass uns als Visitenkarte des Vatikans und Aushängeschild der Schweiz eine wichtige Aufgabe übertragen ist», betont Oberst Christoph Graf. «Liebe Garde: Seid authentisch, tragt die Uniform als Ausdruck eures Dienstes, mit dem Bewusstsein, Teil eines grösseren Ganzen zu sein.» [esf_wordpressimage id=44381 width=half float=right][/esf_wordpressimage]
Viele der Gardisten, die vereidigt werden, sind zum ersten Mal für längere Zeit weg von zu Hause. Den Eltern gebühre Dank, dass sie die Entscheidung ihrer Söhne mittrügen, betont der Kommandant. Er schliesst mit den Worten: «Eure Bereitschaft, diesen Dienst anzutreten, verdient meinen und unseren grössten Respekt. Wir danken euch von Herzen für eure Entscheidung.»
Den Glauben gibt es nicht per Download
Der Lebensentwurf der Gardisten sei kein oberflächlicher, lobt Gardekaplan Kolumban Reichlin. Gesunden Fischen gleich hätten sich die jungen Menschen entschieden, Vergnügungskultur und übertriebene Selbstbeschäftigung hinter sich zu lassen und gegen den Strom von Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber Kirche und Glauben zu schwimmen.
Der Gardeseelsorger hebt den Mut hervor, den es braucht, dieser Intuition zu folgen: «Bewahren Sie sich über die Gardezeit hinaus diesen Mut und diese Entschlossenheit, mit Kopf und Herz Ihrer Vision vom Leben zu folgen und den Weg zu wählen, der Ihrer persönlichen Berufung entspricht», sagt er zu den Gardisten. Die Zeit in Rom sei eine Chance, den Glauben besser kennen zu lernen, sagt er, und mahnt: «Den Glauben kann man nicht aus dem Internet downloaden.»
Dann tritt ein Rekrut nach dem andern vor den Kommandanten, salutiert, ergreift die Fahne und ruft mit zum Schwur gestreckten Fingern: «Ich schwöre, alles das, was mir soeben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und unsere Heiligen Patrone helfen.» «Ab!», befiehlt der Kommandant. Dann treten die frisch Vereidigten zurück an ihren Platz in der Reihe. Als Teil eines grösseren Ganzen.