Auf dem Hexenweg zum Herrgott
Am Baumstamm kleben riesige haarige Spinnen. (Im Bild: Sylvia Stam)
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Auf dem Hexenweg zum Herrgott

Kapellenwanderung am Stanserhorn

Der Weg vom Wirzweli (NW) zur Holzwangkapelle wartet mit Überraschungen auf. Ein Ausflugstipp für Familien, Fusspilger und Fromme. Auch an heissen Tagen empfehlenswert. Diesmal waren unsere Kollegen/innen Sylvia Stam und Dominik Thali vom Kantonalen Pfarrblatt ­Luzern für die Sommerserie unterwegs.


Vor­sicht: Auf dieser Wan­derung begeg­net man haari­gen Spin­nen und krächzen­den Stim­men. Dafür wartet mit etwas Glück am Ende der Segen eines Ein­siedlers. Doch der Rei­he nach. Der Him­mel Rich­tung Engel­berg ist bedrohlich düster, als wir an einem Mon­tag­mor­gen Ende Juni in Dal­len­wil aus dem Zug steigen. Nach einem Auf­stieg durchs Dorf bringt uns eine vio­lette Seil­bahn, die hier immer im Dop­pel­pack fährt, auf das Wirzweli, wo wir bere­its auf 1200 m sind.


Spinnen und Stimmen


Es gibt ver­schiedene Wege zur Holzwang­kapelle, län­gere und kürzere, mit mehr oder weniger Asphalt. Am besten fol­gt man den Weg­weis­ern Rich­tung Ächer­li. Angesichts des Wet­ters lassen wir die Gum­me­nalp links liegen und laufen auf direk­tem Weg zum Lang­bo­den. Das Schild «Wet­ter­hex­en­weg» am Rand des Wan­der­wegs hat­ten wir zwar gese­hen. Was sich dahin­ter ver­steckt, soll­ten wir jedoch erst erfahren, als der Weg von den safti­gen Blu­men­wiesen in den Wald führt.

Plöt­zlich hän­gen riesige haarige Spin­nen in dick­en Net­zen an Baum­stäm­men. Es dauert einen Moment, ehe wir in ein­er Senke auch das Hex­en­häuschen ent­deck­en. Als Dominik ein­tritt, erschreck­en wir bei­de ob der krächzen­den Stimme, die hämisch lacht und unver­ständliche Worte von sich gibt … Welche weit­eren Über­raschun­gen der Wet­ter­hex­en­weg bere­it hält, sei an dieser Stelle nicht ver­rat­en. Nur soviel: Die Wan­dern­den ler­nen auch einiges über Wet­ter und Wolken.

Vielle­icht liegt es an den Kün­sten der Wet­ter­hexe, dass let­ztere sich nun mehr und mehr verziehen. Als wir den Wald ver­lassen und uns via Lang­bo­den dem Grat näh­ern, schützt uns ein angenehmes Lüftchen vor der zunehmenden Hitze.


Huiskafi und Käseschnitte


Das Huiskafi im Alp­stübli Lang­bo­den gabs an diesem Mon­tag lei­der nicht, weil dieses nur am Woch­enende offen hat. In der Alp­käserei Chieneren, gle­ich beim Ächer­li­pass, soll es ausser­dem wun­der­bare Käs­eschnit­ten geben. Darüber hin­aus ste­hen ent­lang des Weges viele Pick­nick­tis­che.

Auf dem Grat, den wir nach zwei Stun­den Wan­derung erre­ichen, ver­läuft die Gren­ze zwis­chen den Hal­bkan­to­nen Ob- und Nid­walden. Schon bald kommt unser erstes Ziel in Sicht: Am Rand der Krete ragt aus dem Wald ein spitzer Kirch­turm her­aus. Von der Alp Ober Holzwang aus führt ein klein­er Weg direkt durch den Wald zur weis­sen Holzwangkapelle. Diese liegt auf 1443 m, sie wurde 1905 im Auf­trag von Marie Zum­bühl-Oder­matt erbaut, der die Alp Holzwang damals gehörte. Früher soll an dieser Stelle ein Marien­bild­stöck­li ges­tanden haben. An der Rück­wand der Kapelle erin­nert eine Inschrift an «die gefal­l­enen Nid­wald­ner Helden beim Über­fall der Fran­zosen am 9. Sep­tem­ber 1798». Es wird ver­mutet, dass bei diesem Über­fall Ver­wandte von Marie Zum­bühl umgekom­men sind und die Kapelle zu deren Gedenken errichtet wurde.


«Grosi, go lüüte!»


Die Kapelle ist der schmerzhaften Mut­ter Gottes und den Bauern­pa­tro­nen St. Wen­delin und St. Anto­nius gewei­ht. Sie ist im Besitz der Kapel­len­s­tiftung Holzwang und gehört zur Pfar­rei Dal­len­wil. Bernadette Oder­matt ist hier seit 16 Jahren Sakris­tanin. Mit ihrem Mann Klaus Oder­matt bewirtschaftet sie den Hof Ober Holzwang in der vierten Gen­er­a­tion. «Wir läuten mor­gens um 6 Uhr und abends um etwa 19.40 Uhr von Hand», erzählt sie. Wenn auf dem Hof viel los sei, könne das allerd­ings auch schon mal vergessen gehen. Den Dienst für die Kapelle macht sie gerne. «Inzwis­chen kommt mein Enkelkind mit, das jew­eils sagt ‹Grosi, go lüüte!›» Am 10. August wird zu Ehren des heili­gen Lau­ren­tius eine Messe gehal­ten, eben­so am Brud­er-Klausen-Tag (25. Sep­tem­ber).


Ehemalige Wallfahrtskapelle


Finanziell ver­mag die Stiftung die Kapelle zu tra­gen. Seit kurzem gebe es Kerzen mit einem Käs­seli und Trauerkarten, sagt Oder­matt. «Aber es geht zurück, die alten Leute ster­ben und den jun­gen bedeutet die Kapelle nicht mehr so viel.» Auch von Obwalden her kämen viele her­auf, «vor allem im Herb­st, wenn es unten Nebel hat», erzählt Oder­matt.

Von der Holzwangkapelle wäre ein Auf­stieg aufs Stanser­horn möglich. Über die Sulz­matt gelangt man zurück aufs Wirzweli oder aber übers Ächer­li nach St. Jakob bei Kerns (OW) hin­unter. Wir entschei­den uns spon­tan zu ein­er weit­eren geistlichen Einkehr an der Flanke des Stanser­horns: in der Wiesen­bergkapelle (1000 m).

Der Weg führt über Wiesen und durch Wald, lei­der auch über Asphalt, inner­halb ein­er knap­pen Stunde zum zweit­en Ziel. Das kleine Gotte­shaus auf der Kapell­matt ist von weit­em sicht­bar.

Das barocke Gebäude geht auf das Jahr 1754 zurück. Allerd­ings soll schon im 14. Jahrhun­dert eine Kapelle auf dem Wiesen­berg ges­tanden haben. Sie ist Mar­iä Geburt gewid­met und galt über viele Jahrhun­derte als Wall­fahrt­sort. Zahlre­iche Votivtafeln an der Rück­wand zeu­gen von dieser Volks­fröm­migkeit. In den 1980er Jahren wirk­te der Hochdor­fer Franziskan­er­priester Eugen Med­er­let (1912–1992) hier, seit weni­gen Monat­en lebt der frühere Leit­er des Priestersem­i­nars St. Beat, Agnell Rick­en­mann, auf dem Wiesen­berg und feiert hier jeden Tag eine Messe: son­ntags um 9.30 Uhr, an den übri­gen Tagen um 19.15 Uhr.

Angesichts der zunehmenden Hitze nehmen wir in Wiesen­berg die Seil­bahn zurück nach Dal­len­wil. Das am Mor­gen angekündigte Gewit­ter wird sich bis in den Abend hinein nicht ent­laden.

Für die ganze Fam­i­lie

Die Wan­derung startet in Dal­len­wil (NW), das via Stans mit dem Zug erre­ich­bar ist. Von hier 20 Min. Fuss­weg zur Seil­bahn Wirzweli. Die leichte Wan­derung via den Wet­ter­hex­en­weg (T2) zur Holzwangkapelle dauert zwei Stun­den und ist auch für Kinder geeignet. Einkehrmöglichkeit­en: Alp­stübli Lang­bo­den (im Som­mer an Woch­enen­den) und Alp­käserei Chieneren (das ganze Jahr offen). Von der Holzwang- zur Wiesen­bergkapelle dauert die Wan­derung eine Stunde. Von hier fährt eine Seil­bahn zurück nach Dal­len­wil. Die Wan­derung kann auch in umgekehrter Rich­tung erfol­gen.

Bild: © schweizer-wanderwege.ch
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Sylvia Stam
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