«An einen grollenden Mönch»

«An einen grollenden Mönch»

Galater­brief 5,22.23a; 6,1.2Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Lang­mut, Fre­undlichkeit, Güte, Treue, San­ft­mut und Enthalt­samkeit … Wenn ein Men­sch sich zu ein­er Ver­fehlung hin­reis­sen lässt, so sollt ihr, die ihr vom Geist erfüllt seid, ihn im Geist der San­ft­mut zurechtweisen. Doch gib Acht, dass du nicht selb­st in Ver­suchung gerätst! Ein­er trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.Ein­heit­süber­set­zung 2016 

«An einen grollenden Mönch»

Wer ken­nt sie nicht, diese Momente, wo es wie eine Stich­flamme aus der Magenge­gend in die Halss­chla­gad­er auf­flammt und der Puls in Wal­lung gerät. Aufgepasst: Schnell gerät die Zunge auss­er Rand und Band, und schon ist «Feuer im Dach». Gewiss, wir haben uns Anstand und etwas Selb­st­be­herrschung antrainiert. Aber, und das ist das Prob­lem, die Wut im Bauch rumort weit­er: Ein ver­let­zen­des Wort, eine saloppe Bemerkung, eine brüske Erwiderung, ungerechte Vor­würfe und böswillige Unter­stel­lun­gen, schlechte Laune oder gegen­seit­ige Unverträglichkeit. Vielle­icht ein ärg­er­lich­es Miss­geschick, eine Störung zur Unzeit. Die Wut im Bauch ken­nt tausend Ursachen, mit fatal­en Langzeit­fol­gen. Fängt sie erst ein­mal an zu eit­ern, führt sie zu Groll und Ver­bit­terung.Vielle­icht hil­ft uns ein Abstech­er an die Ufer des Nils, an den Rand der Wüste, wohin sich im 3. und 4. Jahrhun­dert scharen­weise Ein­siedler zurück­zo­gen. Ein­er von ihnen war Pachomius, ein Zeitgenosse des Wüsten­vaters Anto­nius. Diese Leute wussten, dass der Men­sch durch Wut und Groll irrepara­blen Schaden nehmen kann. Und sie wussten, wie dage­gen vorzuge­hen sei.Bere­its als 20-jähriger Rekrut wurde Pachomius aus­ge­mustert. Aus seinem Leben wird erzählt: «Als christliche und barmherzige Män­ner vom Geschick dieser jun­gen Sol­dat­en ver­nah­men, da bracht­en sie ihnen alles, was sie bedurften, und trösteten sie her­zlich, da sie in gross­er Bedräng­nis waren. – Da ich, so Pachomius, diese ihre Hand­lungsweise sah und mich darüber sehr wun­derte, erfuhr ich von meinem Gefährten, dass die Chris­ten gegen alle, vornehm­lich aber gegen die Frem­den, mitlei­dig und men­schen­fre­undlich seien.»Dies wirk­te so überzeu­gend auf den jun­gen Mann, dass er sich entschloss, Christ zu wer­den. Er liess sich taufen und vom Ein­siedler Pala­m­on in die Askese und ins geistliche Leben ein­führen. Auf göt­tliche Einge­bung grün­dete er in Taben­nesis (Oberä­gypten) ein Kloster. Das wurde zur Basis des klöster­lichen Mönch­tums. Seine neun Mönchs- und zwei Non­nen­klöster fasste er zu ein­er Art Genossen­schaft zusam­men, straff organ­isiert unter sein­er geistlichen Führung. Von diesen Klöstern ging eine unge­heure Anziehungskraft aus, 7000 Mönche sollen es gewe­sen sein! – Auch geistliche Unter­weisun­gen des Pachomius sind über­liefert, soge­nan­nte «Kat­e­ch­esen». Die erste richtet sich «an einen grol­len­den Mönch», der seinem Mit­brud­er aus irgen­deinem Grund zürnte.Da ist sie wieder, die Wut im Bauch, aus­gerech­net bei einem Mönch. Sie entspringt unserm Unver­mö­gen, ver­meintlich oder wirk­lich erlittenes Unrecht vergeben zu kön­nen. Wenn sie nicht entschlossen behan­delt wird, lässt sie uns ver­bit­tern, weckt Rachege­füh­le, die darauf aus sind, es dem andern heimzuzahlen. Sie macht uns anfäl­lig für Schaden­freude, für Häme und Nieder­tra­cht. Der Groll lässt die Wut weit­er­wuch­ern, sie vergiftet uns von innen her, kann einen Men­schen, ja eine ganze Gemein­schaft allmäh­lich verder­ben und zer­set­zen.Ist dage­gen kein Kraut gewach­sen? Pachomius schliesst seine Kat­e­ch­ese so: «Nun, mein Brud­er, lasst uns kämpfen gegen uns selb­st, da du weisst, dass es fin­ster gewor­den ist an eini­gen Orten. Die Kirchen sind voll mit Zänkern und Zorni­gen. Die Ver­samm­lun­gen der Mönche sind ehrgeizig gewor­den. Der Hochmut herrscht. … Halte aus in der Ver­suchung, vol­lende den Kampf des Mönch­tums, sei demütig, werde san­ft­mütig … Und wende dich nicht von den heili­gen Schriften, son­dern sei fest im Glauben an Jesus, unseren Her­rn …»Vol­lende den Kampf! Sei demütig! Werde san­ft­mütig! – Es gibt einiges zu tun, wenn die Wut im Bauch sich wan­deln soll zu Glück und Segen.Peter von Sury, Abt des Benedik­tin­erk­losters Mari­astein
Redaktion Lichtblick
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