Für eine gleichberechtigte Kirche

Für eine gleichberechtigte Kirche

Gestern Sam­stag, den 2. Juli 2016, wurde die Ankun­ft der Pil­gerin­nen gefeiert, die «Für eine Kirche mit den Frauen» von St. Gallen nach Rom gelaufen waren. Mehrere Hun­dert Unter­stützerin­nen und Unter­stützer beteten, san­gen und bestärk­ten sich in der ewigen Stadt. Das Pro­jekt soll weit­erge­führt wer­den, ver­sprachen die Ini­tianten gegenüber Radio Vatikan.Mit Trans­par­enten zogen sie zu Hun­derten am gestri­gen Sam­stag, den 2. Juli 2016, durch die ewige Stadt. Nach Angaben des katholis­chen Medien­zen­trums kath.ch erfüll­ten Alphorn­klänge die Kirche St. Maria del Popo­lo. Über 400 Frauen und Män­ner aus der Schweiz, Deutsch­land, Öster­re­ich und anderen Län­dern waren angereist, um gemein­sam mit jenen sechs Frauen und dem einen Mann, die 1 000 Kilo­me­ter von St. Gallen nach Rom gepil­gert waren, für das Mitbes­tim­mungsrecht der Frauen in der katholis­chen Kirche einzutreten.

Enttäuschung über Reaktion des Papstes

Unter den Unter­stützern vor Ort befan­den sich auch die Schweiz­er Bis­chöfe von Basel und St. Gallen, Felix Gmür und Markus Büchel. In der Kirche San­ta Maria Sopra Min­er­va, bei der zweit­en Sta­tion des Pil­gertags, bekräftigte der Basler Bischof Felix Gmür seine Unter­stützung für das Pro­jekt. Er ver­glich deren Pro­tag­o­nistin­nen mit der Uner­schrock­en­heit der Kirchen­lehrerin Katha­ri­na von Siena im 14. Jahrhun­dert und ermunterte die Frauen und sich selb­st dazu, der Vision weit­er zu fol­gen: «Nicht das Begin­nen wird belohnt, son­dern das Durch­hal­ten. Ich bemühe mich auch darum.»Bei aller Freude offen­barte sich gle­ich­wohl etwas Ent­täuschung, dass das Pro­jekt bei der Kirchen­leitung in Rom keine grössere Beach­tung fand. «Wir haben natür­lich Ver­ständ­nis dafür, dass wir keine Audienz haben, dass der Papst Ferien hat», erk­lärte Ini­tiantin Hilde­gard Aepli gegenüber Radio Vatikan. «Aber es hätte ja vielle­icht die Möglichkeit gegeben zu sagen: Das ist so eine tolle Sache, was die Frauen aus der Schweiz da machen, da schick­en wir einen Vertreter, der diese Frauen aus der Schweiz empfängt. Aber wir sind nicht emp­fan­gen wor­den. Wir sind ein­fach als Gruppe hier unter­stützt wor­den von einem Reise­car aus der Schweiz, die sind die let­zten Kilo­me­ter mit uns gelaufen. Aber hier auf dem Platz war nie­mand.» Erst im Hotel erhielt die Pil­ger­gruppe nach ihrer Ankun­ft am 28. Juni eine Nachricht aus dem Staatssekre­tari­at des Vatikans: Der Papst wisse um das Pro­jekt «Kirche mit den Frauen», er nehme aber in den Som­mer­monat­en keine offiziellen Ter­mine wahr.

Prominente Unterstützung aus der Schweiz

Das Anliegen hat­te im Laufe der Pil­ger­wochen seit dem Start Anfang Mai in St. Gallen eine bre­ite Öffentlichkeit erre­icht und dafür gesorgt, dass in let­zten Tagen vor Ankun­ft der Pil­ger­gruppe in Rom ver­schieden­ste promi­nente Schweiz­er Per­sön­lichkeit­en in kurzen Stel­lung­nah­men dem Pro­jekt ihre Unter­stützung zuteil wer­den liessen. Darunter Bun­despar­la­men­tari­erin­nen, der bekan­nte Herzchirurg Thier­ry Car­rel und sog­ar alt Bun­desrätin Miche­line Calmy-Rey.«Wir lei­den darunter, dass viele Frauen sich in unser­er Kirche fremd, nicht ernst genom­men oder unwillkom­men fühlen, weil sie zu wenig in ver­ant­wortlichen Gremien einge­bun­den und an Entschei­dung­sprozessen beteiligt sind», heisst es im Schreiben an den Papst, dass die Pro­jek­t­gruppe gestern Sam­stag auf ihrer Web­seite www.kirche-mit.ch veröf­fentlichte und stel­lvertre­tend Bischof Markus Büchel über­gab. «Lieber Papst Franziskus, wir bit­ten Sie, in den Insti­tu­tio­nen des Vatikans und in den gesamtkirch­lichen Entschei­dung­sprozessen dafür zu sor­gen, dass kün­ftig Frauen mitwirken, mit­gestal­ten und mitentschei­den kön­nen. Wir bit­ten Sie, entsprechende Ermu­ti­gun­gen und Weisun­gen auch für die Ort­skirchen zu geben.»

Dokumentarfilm geplant

Am gestri­gen Sam­stag wurde gemein­sam mit Bis­chöfen, Äbten und rund 500 Unter­stützern der Abschluss der Pil­ger­reise gefeiert. Der Gottes­di­enst zuvorder­st im Peters­dom, geleit­et vom St. Galler Bischof Markus Büchel, war eine freud­volle und berührende litur­gis­che Feier. Vorne am Altar angelehnt die Ruck­säcke, aus denen sie zwei Monate gelebt hat­ten. Beim litur­gis­chen Friedens­gruss. Wie von ein­er Last befre­it fie­len sich Män­ner und Frauen in die Arme, die Ordens­frau umarmte den Bischof, die Ärztin den Abt, die Pro­fes­sorin den Diakon. Ein Bild von ein­er ver­söh­n­ten Kirche.Das Pro­jekt soll nach der Rompil­ger­reise weit­erge­hen. Und auch ein Doku­men­tarfilm über den Weg der Pil­gerin­nen und Pil­ger ist geplant. Er soll «Habe­mus Fem­i­nas» heis­sen (über­set­zt: «Wir haben Frauen» — in Anlehnung an die lateinis­che For­mulierung, mit welch­er jew­eils nach ein­er Wahl im Kon­klave der neue Papst der Öffentlichkeit vorgestellt wird.
Andreas C. Müller
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