Sommerserie «Kirche backstage», Teil 1: Lisa Zandonella, Ministrantin

Sommerserie «Kirche backstage», Teil 1: Lisa Zandonella, Ministrantin

  • Wer macht eigentlich die Arbeit hin­ter den Kulis­sen der Kirche?
  • Die «Horizonte»-Sommerserie geht «back­stage» und stellt Men­schen vor, die ihre Auf­gabe im Hin­ter­grund erfüllen.
  • Zum Beispiel die Min­is­tran­tin Lisa Zan­donel­la, die sich in den Katakomben der Kirche St. Sebas­t­ian in Wet­tin­gen für den Gottes­di­enst bere­it macht.

Am Son­ntag­mor­gen, kurz nach neun Uhr, steigt Lisa Zan­donel­la hin­unter in die Katakomben. Dort erwarten sie aber wed­er dun­kle Gänge noch leere Gräber, son­dern säu­ber­lich aufgerei­hte Turn­schuhe und weiss gestrich­ene Schrank­türen. «Katakomben» ­nen­nen die Min­is­tran­tinnen und Min­is­tran­ten den Raum unter der Sakris­tei in der Kirche ­St. Sebas­t­ian Wet­tin­gen. Hier ziehen sie sich um und machen sich für den Gottes­di­enst bere­it. Lisa Zan­donel­la erk­lärt: «Bei einem nor­malen Gottes­di­enst tre­f­fen wir etwa 15 Minuten vorher in den Katakomben ein, bei ein­er speziellen Feier brauchen wir etwa 30 Minuten zum Vor­bere­it­en.»

«Schnuppertraining»

Lisa ist zehn Jahre alt und min­istri­ert seit einem Jahr. Von Gottes­di­en­st­be­suchen mit den Eltern kan­nte sie die Min­is, wie sich die Min­is­tran­tinnen und Min­is­tran­ten sel­ber nen­nen: «Es hat mich immer wun­dergenom­men, was die genau machen», erin­nert sich Lisa. Als dann Ober­min­is­tran­tin Tama­ra im Reli­gion­sun­ter­richt Wer­bung fürs Min­istri­eren machte, war Lisas Inter­esse geweckt, und nach einem «Schnup­per­train­ing» habe sie sich entsch­ieden, Min­is­tran­tin zu wer­den, erk­lärt Lisa. «Meine Eltern haben früher auch min­istri­ert. Sie waren mit mein­er Entschei­dung ein­ver­standen.» Vor einem Jahr wurde Lisa feier­lich in die Min­is­tran­ten­schar St. Sebas­t­ian aufgenom­men.

3 Fragen an Lisa Zandonella

Was würde passieren, wenn du deinen Job nicht machen würdest?

Dann müsste die Sakris­tanin ein­sprin­gen oder mein Mini-Gspändli müsste alles alleine machen. Es wäre schon ziem­lich blöd, wenn ich eingeteilt wäre und nicht erscheinen würde.

Was würde dir helfen, deine Arbeit noch bess­er zu machen?

Hmmm… wenn es statt der Hostie ein Kuchen­stück oder ein Glacé gäbe…

Woran glaub­st du?

Ich glaube an die Geschicht­en von Jesus, welche uns die Reli­gion­slehrerin erzählt und die ich in mein­er Bibel gele­sen habe.

Das lateinis­che «min­is­trare» bedeutet «dienen». Die Kinder und Jugendlichen bere­ich­ern mit ihrer Anwe­sen­heit den Gottes­di­enst. Die Min­is übernehmen in der Liturgie eine wichtige Funk­tion. Durch ihre Klei­dung zeigen sie, dass jed­er Gottes­di­enst ein beson­deres Fest ist. Sie tra­gen Kerzen in den Gottes­di­en­straum und beleucht­en das, was beson­ders wichtig ist bei diesem Fest, zum Beispiel den Moment, wenn aus dem Evan­geli­um vorge­le­sen wird. Auch deck­en sie den Altar mit einem Kelch und mit Brot und Wein, bei beson­deren Anlässen schwin­gen sie das Weihrauch­fass oder tra­gen das Kreuz.

Üben am Samstagmorgen

Etwa ein­mal im Monat hat Lisa Dienst. Falls ein Datum auf dem Plan ein­mal nicht passt, kann sie ver­suchen, mit einem anderen Mini zu tauschen. Die Min­is sind vor allem bei den Gottes­di­en­sten in der Kirche St. Sebas­t­ian im Ein­satz, helfen aber auch in der Kirche St. Anton und in der Klosterkirche in Wet­tin­gen aus. Vor dem ersten Ern­stein­satz übten die neuen Min­is mehrere Sam­stagvor­mit­tage lang die unter­schiedlichen Abläufe von Wort­gottes­di­enst und Eucharistiefeier mit ihren Beson­der­heit­en. Wann kom­men die Kerzen zum Ein­satz? Wann muss der Gong erklin­gen? Bis die Min­is in jedem Detail sat­telfest sind, braucht es ein wenig Erfahrung: «Manch­mal füh­le ich mich noch unsich­er und bin froh, dass ältere Min­is dabei sind.» Nach dem Gottes­di­enst geht die Arbeit hin­ter den Kulis­sen weit­er: «Wir Min­is erledi­gen dann unser Ämtli und leeren zum Beispiel die Kollek­tenkör­bli, zählen das Geld und ver­pack­en es in Cou­verts.»

Kurse und Anlässe für Minis

Die Deutschschweiz­erische Arbeits­gruppe für Ministrant*innenpastoral damp fördert seit 1984 die Arbeit von und mit Min­is­tran­tinnen und Min­is­tran­ten in den Pfar­reien der Deutschschweiz. Als ehre­namtliche Arbeits­gruppe im Auf­trag der Deutschschweiz­erischen Ordi­nar­ienkon­ferenz DOK bietet die damp Kurse und Events für Min­is, Minilei­t­erin­nen und ‑leit­er sowie für Präs­es an.

www.minis.ch

Ist Ministrieren gefährlich?

Ein grobes Miss­geschick ist Lisa beim Min­istri­eren noch nie passiert. «Ich habe aber schon von ein paar Pan­nen gehört», erzählt sie. Zum Beispiel, dass eine Min­is­tran­tin über ihren Rock­saum gestolpert sei und den Kopf am Altar angeschla­gen habe. Oder dass sich beim schwungvollen Seg­nen der Bürstenkopf vom Stiel löste und durch die Kirche flog. Doch Lisa beruhigt: «Ich glaube, wenn man das Min­istri­eren richtig macht, ist es nicht gefährlich.» Davor, dass sie – wie ander­norts schon geschehen – wegen der Weihrauchdämpfe in Ohn­macht fällt, hat sie keine Angst: «Ich ver­trage Weihrauch gut und rieche ihn eigentlich gerne.»

Achterbahn

In einem Werbespot fürs Min­istri­eren würde Lisa die läs­si­gen Aus­flüge und Anlässe erwäh­nen, die die Min­is rund ums Jahr erleben. Es gibt einen Skitag, einen Spaghet­ti­plausch, einen Filmabend oder einen Spiele­mor­gen. Höhep­unkt ist der Aus­flug in den ­Europa­park, wo sich Lisa auf fast alle ver­rück­ten Achter­bahnen traut. Das Fliegen fasziniert sie, und sie kann sich vorstellen, später ein­mal Rega-Pilotin zu wer­den. Auch ihr Lieblingsplatz in der Kirche ist in luftiger Höhe: «Auf der Empore bei der Orgel gefällt es mir am besten. Dort habe ich einen super Überblick über die Kirche.» Wenn Lisa einen Wun­sch frei hätte, würde sie gerne ein­mal auf den Kirch­turm steigen und den Blick über Wet­tin­gen geniessen.

Marie-Christine Andres Schürch
mehr zum Autor
nach
soben