Ecclesia semper reformanda
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Ecclesia semper reformanda

Lukas 5, 36–38[Jesus] erzählte ihnen aber auch ein Gle­ich­nis: Nie­mand schnei­det ein Stück von einem neuen Gewand ab und set­zt es auf ein altes Gewand. Son­st würde ja das neue Gewand zer­schnit­ten und zu dem alten würde das Stück von dem neuen nicht passen. Auch füllt nie­mand jun­gen Wein in alte Schläuche. Son­st würde ja der junge Wein die Schläuche zer­reis­sen; er läuft aus und die Schläuche sind unbrauch­bar. Son­dern: Jun­gen Wein muss man in neue Schläuche füllen.Ein­heit­süber­set­zung 2016

Ecclesia semper reformanda

Acht Jahre ist es her, dass etwa 1000 Men­schen mit dem Pro­jekt «Kirche mit* den Frauen» zu Fuss von St. Gallen nach Rom gepil­gert sind – für Gle­ich­berech­ti­gung in der Kirche. Am 2. Mai 2016, dem Wib­o­ra­datag, brach eine Gruppe von Pil­gerin­nen und Pil­gern auf und kam am 28. Juni auf dem Peter­splatz in Rom an. 1200 Kilo­me­ter haben sie unter die Füsse genom­men, unter­wegs haben sich ihnen immer wieder andere Men­schen angeschlossen. Hitze, Regen und Gewit­ter haben sie begleit­et, Blasen an den Füssen und Unterkün­fte ohne Strom und Wass­er macht­en ihnen den Weg schw­er. Doch mit dem Ziel, für eine Kirche mit allen Men­schen einzuste­hen, haben sie die Stra­pazen ertra­gen.Die erste Sta­tion eines Pil­ger­wegs durch Rom war am 2. Juli die Kirche San­ta Maria sopra Min­er­va, in der Katha­ri­na von Siena beige­set­zt ist. Katha­ri­na lebte in unruhi­gen Zeit­en, kirch­lich und poli­tisch. Mys­tisch begabt, hat­te sie mit sechs Jahren eine Jesusvi­sion. Sie richtete ihr Leben völ­lig auf ihn aus und weigerte sich mit zwölf Jahren zu heirat­en; vielmehr hat­te sie sich mit 16 Jahren gegen den Wider­stand ihrer Eltern dem Drit­ten Orden der Dominikan­er angeschlossen. Dort führte sie zunächst ein kon­tem­pla­tives Leben und begann nach ein­er weit­eren Vision Arme und Kranke zu pfle­gen. Zugle­ich engagierte sie sich für Refor­men in der Kirche: «Im Garten der Kirche müssten die faulen­den Pflanzen aus­geris­sen und durch frische, duf­tende neue Pflanzen erset­zt wer­den.» Das gefiel nicht jedem: 1374 erhielt sie eine Vor­ladung durch die Oberen ihres Ordens. Doch die Vor­würfe wegen Ket­zerei hat­ten keinen Bestand und for­t­an durfte sie offiziell predi­gen und ihre kirchen­poli­tis­chen, spir­ituellen und mys­tis­chen Schriften veröf­fentlichen. Sie sorgte sich um die Kirche und forderte vom Papst grundle­gende Kirchen­re­for­men. Lei­der verge­blich. Viel Ohn­macht wird deut­lich in den Briefen am Ende ihres Lebens. Sie wurde krank und starb im Alter von nur 33 Jahren.Sie hat sich mit aller Kraft einge­set­zt für die Erneuerung der Kirche, ähn­lich wie die Pil­gerin­nen und Pil­ger, die für eine «Kirche mit* den Frauen» unter Stra­pazen nach Rom gepil­gert sind. Und wie Katha­ri­na haben auch die Pil­gerin­nen und Pil­ger einen Brief geschrieben, der aber nicht direkt von den Ver­ant­wortlichen im Vatikan ent­ge­gengenom­men wurde und Papst Franziskus erst im Novem­ber 2016 erre­ichte. Unter anderem find­et sich darin fol­gende Bitte: «Wir bit­ten Sie, in den Insti­tu­tio­nen des Vatikans und in gesamtkirch­lichen Entschei­dung­sprozessen dafür zu sor­gen, dass kün­ftig Frauen mitwirken, mit­gestal­ten und mitentschei­den kön­nen. Wir bit­ten Sie, entsprechende Ermu­ti­gun­gen und Weisun­gen auch für die Ort­skirchen zu geben.»Dieses Anliegen ist weit­er­hin aktuell und auch wenn Frauen wie Schwest­er Nathalie Bec­quart aus dem Organ­i­sa­tion­steam der Welt­syn­ode im Vatikan inzwis­chen an entschei­den­den Stellen mitwirken kön­nen, reicht es noch nicht.Die Anliegen von Katha­ri­na von Siena, die Anliegen des Pro­jek­ts «Kirche mit* den Frauen», die Anliegen der Juni­aini­tia­tive und der «Allianz Gle­ich­würdig Katholisch» – sie brauchen einen lan­gen Atem und grosse Hoff­nung auf die Heilige Geistkraft.Dorothee Beck­er The­olo­gin und Seel­sorg­erin, Gemein­delei­t­erin der Pfar­rei St. Franziskus, Riehen-Bet­tin­gen
Dorothee Becker
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