Das Tagebuch aus Prag

Das Tagebuch aus Prag

  • Welche Fra­gen beschäftigten die Delegierten aus ganz Europa an der Kon­ti­nen­tal­syn­ode?
  • Wie liefen die Sitzun­gen ab, und wie gelang das gegen­seit­ige Zuhören?
  • Tat­jana Dis­teli, die Gen­er­alsekretärin der Römisch-Katholis­chen Kirche im Aar­gau, war als Delegierte in Prag und hielt jeden Tag etwas fest, was ihr per­sön­lich aufge­fall­en ist, was ihr beson­ders Ein­druck gemacht, sie gefreut oder gewun­dert hat.

Sonntag, 12. Februar 2023

Die Syn­odale Ver­samm­lung in Prag ist zu Ende

«Auch wenn Über­raschun­gen aus­blieben: Die meis­ten dürften Prag verän­dert ver­lassen», schreibt Lud­wig Ring-Eifel in sein­er Zusam­men­fas­sung der Syn­odalen Ver­samm­lung in Prag auf kath.ch. Hier sein Text, der den vor­läu­fi­gen Abschluss des Tage­buchs aus Prag bildet.

Einheit in Verschiedenheit: Wie die Bischöfe in Prag mit den Spannungen umgehen

Unter den knapp 200 Anwe­senden waren rund 50 Bis­chöfe, zudem Priester und Ordensleute, aber auch zahlre­iche Lai­in­nen und Laien. Diese Män­ner und Frauen kamen aus Bewe­gun­gen und Organ­i­sa­tio­nen, die in ihrer Vielfalt einen Teil der unter­schiedlichen Strö­mungen des Katholizis­mus in Europa abbilde­ten.

Die Gemein­schaft Sant’Egidio war eben­so dabei wie der deutsche Katho­lik­endachver­band ZdK mit sein­er Präsi­dentin Irme Stet­ter-Karp, das Opus Dei eben­so wie Lebenss­chützer-Vere­ine, eine Hand­voll Pro­fes­sorin­nen und Pro­fes­soren, die ver­schiede­nen Aus­prä­gun­gen der «katholis­chen Aktion» aus südlichen Län­dern und viele mehr.

Pro­gres­sive sind in der Min­der­heit

Eine her­aus­ge­hobene Rolle hat­te der tschechis­che Reli­gion­sphilosoph Tomas Halik. Er set­zte mit einem nach­den­klichen Eröff­nungsrefer­at Impulse, die im Laufe der Beratun­gen immer wieder aufge­grif­f­en und zum Aus­gangspunkt weit­erge­hen­der Über­legun­gen gemacht wur­den. Er ord­nete die gegen­wär­tige Kirchenkrise in den ideengeschichtlichen Rah­men ein­er Glauben­skrise ein und weit­ete damit den Hor­i­zont der Debat­te.

Den­noch wur­den häu­fig auch ein­fache Krisendi­ag­nosen und Antworten vor­ge­tra­gen: «Pro­gres­sive» (in Prag klar in der Min­der­heit) trat­en für Änderun­gen der kirch­lichen Lehre und Moral ein, um nie­man­den aus der Kirche auszuschliessen oder hin­auszu­drän­gen.

Erst tagen alle, dann nur noch die Bis­chöfe

«Kon­ser­v­a­tive» war­ben für ein Fes­thal­ten an Dog­men und Ver­boten als einzig sin­nvoller Reak­tion der Kirche auf die Beliebigkeit der post­mod­er­nen Welt. Kon­sens gab es darüber, dass die Kirche – wie vom Papst gefordert – neue Wege der Beratung und ein­er Beteili­gung des «Volkes Gottes» an Entschei­dun­gen find­en müsse. Dafür war das Tre­f­fen in Prag eine erste Einübung.

Die 39 Bischof­skon­feren­zen in Europa, die in einem «Rat» unter der Abkürzung CCEE mit Sitz in St. Gallen zusam­mengeschlossen sind, entsandten jew­eils ihren Vor­sitzen­den sowie drei weit­ere Vertreterin­nen und Vertreter. Die 39 Vor­sitzen­den tagten am Ende zwei Tage lang unter sich, um das zu reflek­tieren, was in den ersten vier Tagen von Bis­chöfen, Priestern und Laien gesagt wor­den war.

Das Fürsten­tum Liecht­en­stein war nicht vertreten: Erzbischof Wolf­gang Haas lehnt den syn­odalen Prozess ab. Das Erzbis­tum Vaduz ist auch nicht Mit­glied des CCEE.

Die Sprachen: Ital­ienisch, Englisch, Deutsch

Während im ersten Teil die Ple­nar­sitzun­gen im Livestream über­tra­gen wur­den, war der Abschluss nicht öffentlich. Zuvor hat­ten auch die Stuh­lkreis-Sitzun­gen der Kle­in­grup­pen ohne Medi­enöf­fentlichkeit­stattge­fun­den. Ausser­dem kon­nten sich Delegierte online beteili­gen – allerd­ings gelang es kaum, die Ver­samm­lung in Prag und die online disku­tieren­den Teil­nehmenden zusam­men­zubrin­gen.

Schnell zeigte sich, dass die Grup­pen­dy­namik der Präsen­zver­samm­lung für Online-Teil­nehmende unein­hol­bar war. Das galt für die Gespräche in den Kaf­feep­ausen eben­so wie für die Erfahrung gemein­samer Gottes­di­en­ste und Gebete, von denen viele in Latein gehal­ten wur­den. In den Debat­ten waren Ital­ienisch und Englisch die am meis­ten gesproch­enen Sprachen – gefol­gt von Deutsch.

Intrans­par­enter Redak­tion­sprozess

Intrans­par­ent war der Redak­tion­sprozess, der nach den Beratun­gen der ersten vier Tage zu einem gemein­samen Doku­ment führen sollte. Ein Team von Exper­tin­nen und Experten ver­suchte, die Kern­punk­te der im Plenum vor­ge­tra­ge­nen Ideen in einem Text zu bün­deln.

Dieser wurde am Don­ner­stag­mor­gen ver­lesen, dann kon­nten mündlich und schriftlich Änderungswün­sche einge­bracht wer­den. Am Ende der geschlosse­nen Bischofs­ber­atun­gen wurde ein kurz­er zweit­er Text ver­ab­schiedet, der als «Botschaft an das Volk Gottes» veröf­fentlicht wer­den sollte.

Kein eigen­er Text zum The­ma Miss­brauch

Anders als zunächst angekündigt gab es keinen eige­nen Text zum The­ma Miss­brauch. Es war der Bel­grad­er Erzbischof Las­z­lo Nemet, der eingeräumt hat­te, dass es sex­uellen Miss­brauch Min­der­jähriger durch Klerik­er auch in Osteu­ropa gab. Doch wegen der Unter­drück­ung der Kirche im Kom­mu­nis­mus fehlt bis heute ein klares Bild darüber – unter anderem, weil die Geheim­polizei ihre Fin­ger im Spiel hat­te und viele Akten später ver­nichtet wur­den. Nicht nur an diesem Punkt wurde in Prag deut­lich, dass das Erbe der Dik­taturen in Osteu­ropa bis heute nach­wirkt.

In Press­es­tate­ments zeigten sich am Ende Bis­chöfe aus allen Teilen Europas zufrieden mit dem in Prag erlebten Prozess des gegen­seit­i­gen Zuhörens – auch wenn die unter­schiedlichen Ansätze zur Über­win­dung der Kirchen- und der Glauben­skrise in Europa nicht in eine gemein­same Hand­lungsstrate­gie mün­de­ten.

«Ein­heit in Ver­schieden­heit»

Bei der Ver­samm­lung der Welt­syn­ode in Rom im Okto­ber dürften daher die Bis­chöfe aus Europa wie gehabt mit sehr unter­schiedlichen Akzen­ten auftreten. Neu ist, dass viele von ihnen nach der Erfahrung von Prag eine «Ein­heit in Ver­schieden­heit» eher für möglich hal­ten.

Donnerstag, 9. Februar 2023

Zwis­chen­stand

Kurz vor Tagungs­be­ginn bat eine junge Französin von KTO um einen Videoter­min.

Dann erk­lang die Glocke: Beginn des Tages.

Der erste Entwurf des Schluss­doku­ments der Europäis­chen Syn­ode ist die Bestand­sauf­nahme aller 39 Län­der­beiträge vor Ort und online. Die Fülle der Texte und Aus­sagen in ver­schieden­sten Sprachen ist enorm. Damit wartete mit der Auf­gabe ein­er vernün­fti­gen Zusam­men­stel­lung in ein einziges Doku­ment eine  Herkule­sauf­gabe auf das kom­pe­tente und redlich arbei­t­ende Redak­tion­skomi­tee. Die Expert:innen arbeit­eten durch bis mor­gens um 5 Uhr — und um 7 Uhr standen sie bere­its wieder auf. 

Das Komi­tee zeigt sich ver­let­zlich: In dieser kurzen Zeit hätte die Arbeit noch nicht adäquat been­det wer­den kön­nen. Und der Text sei auch erst in Englisch ver­fasst wor­den und nicht ide­al über­set­zt. Man bitte darum, die Herzen zu öff­nen und über diese Män­gel hin­weg zu sehen, damit der syn­odale Geist erfahrbar werde.

Ein englis­ch­er Priester wurde aufs Podi­um gebeten, er begann ab 9 Uhr durchge­hend bis 11 Uhr, dem Plenum das zur Diskus­sion ste­hende Abschluss­doku­ment vorzu­tra­gen. Lesen Sie es — es lohnt sich. Und leg­en Sie dabei nicht jedes Wort wer­tend auf die Gold­waage, son­dern erspüren Sie den syn­odalen Geist zwis­chen den Zeilen. Fühlen Sie ihn?

Ich war abso­lut pos­i­tiv über­rascht. 

Eben­falls wurde um Zus­tim­mung gebeten, alle Län­der­beiträge veröf­fentlichen zu dür­fen.

In der anschliessenden Diskus­sion melde­ten sich einige Bis­chöfe von östlichen Län­dern zu Wort. Ein jün­ger­er Wei­h­bischof merk­te an, dass wohl der Hl. Geist uns alle hier­herge­führt hätte, aber die Inhalte der Aus­sagen seinen nicht immer des Hl. Geistes. Der Teufel schlafe nicht. Man müsse die Sünde beim Namen nen­nen. Und er bitte darum, dass LGBTQ-The­men sich auf ein Kapi­tel beschränken.

Ich erin­nerte mich zurück an ein gestriges Online-Votum aus ein­er der englis­chsprachi­gen Gruppe: «Wie kön­nen wir denen die Sakra­mente als Zeichen der Liebe Gottes ver­weigern, die sie am meis­ten wün­schen oder benöti­gen?»

Auch das The­ma der Rolle der Frau wurde von diesen Her­ren abgelehnt. Präsenz der Frau hinge­gen sei sehr wichtig. Die Jungfrau Maria hat Chris­tus geboren.

Nach­dem die Kluft der ver­schiede­nen Glaubensver­ständ­nisse in diesen Tagen zu schrumpfen schien, kamen — angesichts dieses Textes — die Äng­ste ein­er Demon­tage der kirch­lichen Lehre wieder zum Vorschein. Einige kluge Men­schen ergrif­f­en das Wort, darunter eine deutsche Pro­fes­sorin und ein Neutes­ta­mentler. Aus Zeit­grün­den das let­zte State­ment abgeben durfte unser Bischof Felix Gmür: Zur Bitte um Konkre­tion der Span­nun­gen und zu den näch­sten Schritte unter Mitwirkung der Jugend und der Frauen für die Ver­samm­lung im Okto­ber in Rom. Da wird das defin­i­tive Schluss­doku­ment des Kon­ti­nents Europa entste­hen.

In den näch­sten Tagen wer­den sich die Bis­chöfe untere­inan­der über die Erfahrun­gen dieser beson­deren Tage aus­tauschen. Ich bin sehr ges­pan­nt, wie es weit­erge­ht.

Nach dem offiziellen Dank für die Präsenz, Arbeit und Mitwirkung in alle Rich­tun­gen, hat­ten viele Del­e­ga­tio­nen den Wun­sch, abschliessende Bilder zu erstellen: Wir begaben uns, wie vere­in­bart, umge­hend zu unseren Lux­em­burg­er Fre­un­den, gemein­sam mit Bischof Felix und Kar­di­nal Hol­lerich. Er sagte langsam und ein­dringlich zu uns: «Die Schweiz und Lux­em­bourg haben den sel­ben Traum von Kirche!» Und er ver­sicherte, dass er diese Anliegen mit ganzem Herzen und aller Kraft weit­er­tra­gen werde.

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Ich ver­ab­schiedete mich von Schwest­er Daniela aus Kiew, die sich um Geflüchtete aus dem Osten des Lan­des küm­mert. Ein Herz von ein­er Frau. Wenn ihr nur nichts geschieht.

Danach war es mir ein Anliegen, mich noch kurz mit Bischof Bänz­ing und Beate Gilles zum weit­eren Ver­lauf zu unter­hal­ten. Auch wir tauschen die Koor­di­nat­en aus. Man möchte immer­hin lock­er ver­net­zt bleiben, um sich gegen­seit­ig Inter­es­santes oder wichtige Doku­mente zusenden zu kön­nen.

Beim Dessert kam die junge Polin Maria zu mir, die gle­ich hin­ter der Gren­ze zur Ukraine lebt. Sie sagte in gebroch­en­em Deutsch: «Es tut mir so leid, dass wir uns nicht richtig ver­ste­hen, Ihr im West­en und wir im Osten.» «Ja, mir auch — aber, das wird mit der Zeit immer ein­fach­er wer­den.» Her­zliche Umar­mung. Aus­tausch der Tele­fon­num­mern und ein «Bless you!».

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Die Online-Del­e­ga­tion in Wis­likofen hat gemein­sam eine Stel­lung­nahme zur Kon­ti­nen­tal­syn­ode geschrieben. Sie wieder­spiegelt das Gehörte, die bish­eri­gen Diskus­sio­nen und die Forderun­gen, die noch im Raum ste­hen:

Die Grund­lage der Kon­ti­nen­tal­syn­ode in Prag ist das obige Doku­ment «Mach den Raum deines Zeltes weit». Das Schweiz­er State­ment an der Kon­ti­nen­tal­syn­ode in Prag beruht auf diesem Grund­la­gen­doku­ment und auf dem Syn­oden­bericht der Schweiz­er Pas­toralkon­ferenz: Hier geht es zum Syn­oden­bericht der Schweiz­er Pas­toralkon­ferenz.

Hier geht es zu den Schluss­be­merkun­gen der Kon­ti­nen­tal­syn­ode in Prag.

Mittwoch, 8. Februar 2023

Begeg­nung, von früh bis spät

Das öku­menis­che Mor­genge­bet nahm das Anliegen auf, über unsere eigene Kirche hin­aus in das weltweite Chris­ten­tum einzu­tauchen, mis­sion­ar­isch und diakonisch miteinan­der unter­wegs zu sein. Diese Erweiterung auf die anderen christlichen Kon­fes­sio­nen hin ist gut und wichtig, hat sich die Ver­samm­lung hier in Prag doch vor­wiegend über die interne Sit­u­a­tion­s­analyse unter­hal­ten.

Die dritte Work­ing Ses­sion stand im Zeichen der Pri­or­isierung der The­men und der weit­eren konkreten Schritte. Wir rangen miteinan­der und bracht­en rel­e­vante neue Gedanken ein. Die syn­odale Spir­i­tu­al­ität und die damit ver­bun­dene qual­i­ta­tiv hochste­hende Begeg­nungskul­tur übten wir hier bere­its mit Freude ein. Eben­so haben wir die Beto­nung auf eine Pas­toral der Beziehung gelegt. Die The­olo­gie der Syn­odal­ität hinge­gen muss nun fundiert erar­beit­et wer­den. Und der väter­liche sardis­che Bischof betonte die zen­trale Wichtigkeit der Def­i­n­i­tion für die «Unter­schei­dung der Geis­ter» , sprich, wir müssten im Hin­blick auf die Syn­ode in Rom (Okto­ber 2023) Kri­te­rien definiert wer­den, wie wir zur Entschei­dungs­find­ung gelan­gen. Wir sprachen mith­il­fe der Dolmetscher:innen in fünf Sprachen miteinan­der, stam­mend aus fünf kul­turellen Hin­ter­grün­den. 

Die eige­nen Pri­or­itäten blieben im Zen­trum ste­hen. Aber eine markante Erweiterung des per­sön­lichen Erfahrung­sh­in­ter­grun­des ereignet sich ganz automa­tisch: Andere Län­der, andere Freuden und Sor­gen. 

Über Mit­tag holten wir die Feed­backs unser­er Län­der-Online-Delegierten ab zum Prozess im All­ge­meinen und zum Entste­hung­sprozess unseres State­ments im Beson­deren. Zu Recht stell­ten sie uns die Frage, ob wir nicht in Betra­cht gezo­gen hät­ten, den Text im Vor­feld mit ihnen zu reflek­tieren. Wir feil­ten zweimal bis spät in die Nacht hinein am Text, aktu­al­isierten ihn auf­grund neuer Erken­nt­nisse — und agierten dadurch nicht wirk­lich syn­odal. Die Zeit dazu fehlte. Wir ler­nen dazu.

Am Nach­mit­tag kon­nten wir mit den exter­nen Online-Delegierten in Verbindung treten und viele inter­es­sante Berichte hören. Die meis­ten waren geprägt vom syn­odalen Geist der Öff­nung hin zu den Men­schen — mit den entsprechen­den Wün­schen und Forderun­gen an die Pas­toral bis hin zur Aktu­al­isierung des canon­is­chen Rechts.

Schliesslich wurde im Prager Dom die Messe gefeiert. Mit Live-Über­tra­gung im tschechis­chen Fernse­hen. 

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Kar­di­nal Mario Grech predigte, ein­er der starken Treiber und Förder­er des Syn­odalen Prozess­es. Ein Mann, geseg­net mit der Gabe der her­zlichen unmit­tel­baren Fähigkeit zur Begeg­nung. Ein inte­gerer, authen­tis­ch­er Mann. Vielle­icht der näch­ste Papst. 

Beim Abschied sagte er, wenn ich in Rom sei, soll ich in seinem Büro vor­beikom­men, er würde sich an mich erin­nern. Ich freue mich darauf. Der Sac­co di Roma ste­ht schon bald vor der Tür. 

Aben­dessen.

Danach hochspan­nende Hin­ter­grundge­spräche mit Jour­nal­is­ten aus Rom, Organ­isatorin­nen, Press­esprech­ern von Bischof­skon­feren­zen, Kardinälen und Bis­chöfen — rund um die Hotel­bar. Ja. Begeg­nung.

Es wird spät. Sehr spät. 🙂

Gute Nacht, Schweiz.

Dienstag, 7. Februar 2023

State­ment der Schweiz­er Del­e­ga­tion

Dieser Tag hat mich tief bewegt.

So viele Voten, so viele Berichte, Zwis­chenge­spräche, polar­isierende Work­ing­group-The­men, der Aus­tausch im Online-Meet­ing mit unseren Delegierten in der Schweiz, im aar­gauis­chen Wis­likofen:

Alle sind wir suchende und rin­gende Men­schen auf ihrem Glaubensweg.

Im Respekt vor diesen tiefen und ehrlichen Bericht­en will ich heute keine unnöti­gen Worte mehr ver­lieren. Lassen Sie sie per­sön­lich auf sich wirken — min­destens aber die Berichte aus Irland, Lux­em­bourg, Polen, Por­tu­gal, Ukraine, Slowakei und der Schweiz. Und das Friedens­ge­bet ganz zum Schluss.

Amen, so sei es.

Montag, 6. Februar 2023

From Head to Heart

Kaum aufgewacht höre ich die News — sofort kommt mir der fröh­liche Türkei-Delegierte in den Sinn, mit dem ich mich gestern länger unter­hielt. Das schwere Erd­beben zer­störte seine Heimatkirche, und zwei Bekan­nte liegen im Nebenge­bäude noch unter Trüm­mern.

Vor dem Gottes­di­enst suche und finde ich ihn. Er ist ble­ich, und das her­zliche Lachen ist aus seinem Gesicht ver­schwun­den. Er bedauert, nicht helfen zu kön­nen und zeigt mir das Bild der zer­störten Kirche sein­er Pfar­rei. Es sei momen­tan auch noch sehr kalt, fügt er hinzu…

Ja, dann begin­nt der Gottes­di­enst.

«Gott ist gröss­er, als unser men­schlich­es Herz», diesen Satz von Kar­di­nal Hol­lerich nehme ich mit, vor allem wegen des Kon­textes: moralis­ches Fehlver­hal­ten.

Die Kirche müsse jeden Men­schen bedin­gungs­los willkom­men heis­sen und es ihm ermöglichen, die Chris­tus­beziehung zu erfahren — auch dann, wenn «wir», die Kirche, das Gefühl hät­ten, jemand lebt ein unmoralis­ches Leben: «Gott ist gröss­er, als unser men­schlich­es Herz» — «Ubi Car­i­tas et Amor, Deus ibi est»… .

Beim Aus­gang wird uns die Work­ing Ses­sion-Liste mit den zuge­höri­gen Namen abgegeben. Wir drei wur­den in die deutschsprachige, in die ital­ienis­chsprachige und in die Mul­ti­lin­gual-Gruppe eingeteilt.

Die Gesprächs­führung mein­er Gruppe übern­immt ein deutsch­er Jesuit, der in Moskau tätig ist.

Dann sind dabei vier Per­so­n­en aus der Ukraine (davon die Kom­mu­nika­tionsver­ant­wortliche und zwei Ordenss­chwest­ern), ein Erzbischof der ortho­dox­en Kirche als Gast und Beobachter, ein ital­ienis­ch­er Kar­di­nal, der Vor­sitzende der Nordis­chen Län­der und ein irisch­er Priester, eine junge franzö­sis­che Mut­ter, ein Kat­e­chet Mitte Dreis­sig aus Mal­ta und die Gen­er­alsekretärin der Deutschen Bischof­skon­ferenz. Ein Stuhl bleibt frei für die Stimm­losen, die nicht anwe­send sind.[esf_wordpressimage id=42551][/esf_wordpressimage]

Eine inter­es­sante Mis­chung, bunter kön­nte sie nicht sein:

In diesen Begeg­nun­gen im Stuh­lkreis wur­den unter uns exis­ten­zielle Geschicht­en geteilt von Krieg und der Sehn­sucht nach Frieden. Von den Erfahrun­gen mit der Aufar­beitung der Miss­brauchs­fälle in Irland, von der His­to­rie zu den Syn­oden in der Alten Kirche, über die Anfra­gen zur Frauenor­di­na­tion, über die Sicht der gegen­wär­ti­gen Kirche in Kinder­au­gen bis hin zur Frage nach der Recht­gläu­bigkeit, nach dem Guten und dem Bösen, Wahrheit oder Barmherzigkeit.

Alles kam auf den Tisch, auch Span­nun­gen und Tabuthe­men — sie wur­den als Sorge vor­ge­tra­gen und ange­hört. Es war bewe­gend. Und es wurde rasch klar, dass wir erst am Beginn dieses Prozess­es ste­hen, in die Schuhe des je anderen zu schlüpfen. Den ersten Schritt sind wir bere­its bar­fuss gegan­gen.

Zurück im Plenum hörten wir uns einige Län­der­berichte zum DKE an, stets 2x3 Minuten lang. Aus mein­er Sicht bemerkenswert waren die Voten aus Deutsch­land, Bel­gien, Griechen­land und Frankre­ich.

Ein­drück­lich wurde klar, dass die Län­der Europas eins ums andere einen teils völ­lig anderen his­torischen und kul­turellen Hin­ter­grund mit­brin­gen, was die Kirche vor Ort natür­lich nach­haltig prägte. Die Prob­lem­felder sind dementsprechend ver­schieden. Und doch existieren auch Span­nungs­felder, die immer wieder auf­tauchen, beispiel­sweise die man­gel­hafte Par­tizipa­tion der Frau in der Kirche oder die mehrheitlich fehlende Jugend.

Einige State­ments waren — für unsere Ohren — rel­a­tiv nichtssagend. Plöt­zlich stand Bischof Bätz­ing auf, der Vor­sitzende der Deutschen Bischof­skon­ferenz. Es seien so viele Miss­brauch­sopfer zu bekla­gen: «Wo sind sie, wer erhebt die Stimme für sie?» Stille.

Später bedanken wir uns bei ihm für dieses mutige State­ment. Er antwortete beschei­den: «Ich musste das auch erst ler­nen.»

Das abendliche Taizége­bet mit den bei­den anwe­senden Brüdern war auf­bauend und ein guter Abschluss des Tages.

Geblieben sind mir viele ein­drück­liche Worte. Eines vergesse ich nicht:

«From Head to Heart», emp­fahl eine Delegierte: in den schwierig­sten Sit­u­a­tio­nen so vorzuge­hen.

Sonntag, 5. Februar 2023

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Offizieller Beginn der Kon­ti­nen­tal­syn­ode

Tagsüber führten wir viele inter­es­sante Gespräche mit Men­schen aus aller Her­ren Län­dern. Etliche Del­e­ga­tio­nen und einige Professor:innen haben wir ken­nen­gel­ernt: Darunter ist Bel­gien hochin­ter­es­sant, der zuständi­ge Kar­di­nal, Jozef de Kesel, schrieb das Buch «Glaube und Reli­gion in ein­er mod­er­nen Gesellschaft». Mit Lux­em­burg haben wir uns sofort gut ver­standen und einen kol­le­gialen Umgang gepflegt — und auch viel gelacht.

Schliesslich ver­bracht­en wir den Nach­mit­tag damit, einige Stun­den lang am Schweiz­er State­ment zu feilen.

Gegen 18.30 Uhr spazierten wir ins nahegele­gene Kloster zur Feier des Auf­tak­t­gottes­di­en­stes. Die Kirche war brechend voll. Viele, viele Bis­chöfe, Erzbis­chöfe und Kardinäle zogen ein. Und zwei Min­is­tran­ten. Nein, kein Mäd­chen und keine Frau.

Fotografen knip­sten und TV-Sender filmten, während die Eucharistiefeier zele­bri­ert und die Messe in Latein gesun­gen und gebetet wurde. Gesang und Musik wahren erhebend.

Nach ein­dreivier­tel Stun­den in der barock­en Kirche war uns so eiskalt, dass wir tat­säch­lich zit­terten. Die Predigt des Prager Erzbischofs ver­mochte uns, ehrlich gesagt, nicht beson­ders zu erwär­men… Doch das Evan­geli­um umso mehr, es erzählte näm­lich das Gle­ich­nis vom Salz der Erde.

Nach dem Aufwär­men begaben wir uns zum Buf­fet: Aben­dessen in divers­er Kon­stel­la­tion. Und um 22 Uhr set­zten wir uns hin zur Endredak­tion mit unserem Bischof Felix. Bis mor­gens um 01 Uhr haben wir disku­tiert, einan­der unsere Gedanken erk­lärt und die passenden Worte dafür gesucht.

Feier­abend und gute Nacht, Schweiz!

Samstag, 4. Februar 2023

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Am Nach­mit­tag und Abend vor Beginn der Syn­ode

«Alles wirk­liche Leben ist Begeg­nung.» M. Buber

Heute Nach­mit­tag wur­den wir von Susanne Andrea Birke im Namen der römisch-katholis­che Arbeits­gruppe des Europäis­chen Forums christlich­er LGBT-Grup­pen zu Begeg­nung und Gespräch ins alte Karmelitin­nen­kloster ein­ge­laden.

Wir irrten etwas umher und trafen zu spät ein. Jemand aber war schon da: Ein einziger Bischof hat­te die Ein­ladung angenom­men — deklar­i­ert als «Pri­vat­per­son». Es entwick­elte sich ein ehrlich­es, tiefes und gegen­seit­ig wertschätzen­des Gespräch:

«Wir sind keine ‘Gen­deride­olo­gie’, wir sind Men­schen.

Wir sind glaubende Men­schen in dieser Kirche, die wir lieben. In der uns Wür­den­träger immer wieder entwürdi­gen, auss­chliessen und wegschick­en. Weg vom Tisch des Her­rn.

In Tschechien, in der Slowakei, allen vor­ab in Polen, aber auch in Ungarn, Kroa­t­ien und in anderen osteu­ropäis­chen Län­dern bewege sich ein­fach nichts zum Besseren. Ulla aus Polen erzählt Erfahrungs­berichte zum Umgang mit queeren Men­schen: «Du kommst bess­er nicht mehr in die Kirche!» — Es ste­hen uns die Haare zu Berge. Ist denn so etwas im Namen Gottes über­haupt möglich!

«Gott ist gröss­er», sagt Miro leise.

Der Bischof zeigt gross­es Ver­ständ­nis, schüt­telt immer wieder betrof­fen den Kopf.

Die Wür­den­träger müssten sich ein­set­zen gegen Krim­i­nal­isierung und gegen die weitver­bre­it­eten Kurse zur «Heilung» von Homo­sex­u­al­ität, die Men­schen vol­lends trau­ma­tisiere.

Miki, non­binär, aus Deutsch­land, erwäh­nt, dass etwa 50 Prozent der Gewei­ht­en «zu ihnen gehörten» — und Miki sich eine ehrliche, der Wahrheit verpflichtete Kirche wün­sche.

Priester James aus Eng­land, der bezüglich sein­er Homo­sex­u­al­ität «ehrlich» gewe­sen sei und nicht mehr dienen dürfe, sagt, wer dies alles per­sön­lich miter­lebt hat und erlei­den müsse und immer noch hier sei, der habe echt­es Poten­zial, seinen tiefen Glauben weit­erzugeben. Dessen Spir­i­tu­al­ität habe die Kraft zur echt­en Neue­van­ge­lisierung.

Der deutsche The­ologe Michael, zuständig in München für die Regen­bo­gen­pas­toral, freut sich über die Fortschritte der let­zten 20 Jahre. Die anderen kön­nen nur staunen. Warum ihre Grup­pierung nicht als Gäste an der Kon­ti­nen­tal­en Syn­odalen Ver­samm­lung anwe­send sei? Sie hät­ten keine Ein­ladung erhal­ten.

«Wir wün­schen uns Akzep­tanz. Offene Arme. Gott hat uns so geschaf­fen, wie wir sind. Wir möcht­en auch nicht ein­fach geduldet sein — wir sind Geschenk für die Kirche, mit all unseren Charis­men und Tal­en­ten», sagt Chris aus Mal­ta.

Diese Per­sön­lichkeit­en hören einan­der aktiv zu. Immer wieder beto­nen sie, nicht «laut protestieren» zu wollen, das würde nur noch mehr Abwehrkräfte mobil­isieren. Ihre Inten­tion sei, als Men­schen präsent zu sein: «Wir wollen anderen in die Augen schauen — und begeg­nen. Vielle­icht möchte von den Delegierten jemand mit uns sprechen.»

Es ist ein riesiger Tisch, rund­herum sitzen knapp 20 Christi:innen mit erprobter, tiefer Spir­i­tu­al­ität, die geblieben sind und aus der Kraft des Evan­geli­ums leben. Sie wer­den nicht poltern. Sie ver­suchen, «den Bis­chöfen die Angst zu nehmen.» Da ist kein Hass, nur Schmerz. Kein Wille zur Pro­voka­tion. Nur das Samenko­rn der Hoff­nung.

Ich füh­le mich wohl in dieser Gemein­schaft. Mehr noch: Ich mag diese Men­schen. Sie haben uns bei­de, Hele­na Jeppe­sen und mich, tief beein­druckt. Wir wer­den Miro, Miki, Ulla, Anne, James, Michael, Thomas und all die anderen mit ihren je eige­nen Biografien nicht vergessen. Wir wer­den sie mit­nehmen in die Ver­samm­lung. In Gedanken und mit Worten — und im Gebet.

Freitag, 3. Februar 2023

Heute geht es los. Tat­jana Dis­teli und Hele­na Jeppe­sen reisen zusam­men mit dem Zug nach Prag. Vierzehn Stun­den sind sie unter­wegs. Kurz vor der Abfahrt notiert Tat­jana Dis­teli, was sie wenige Nächte zuvor geträumt hat­te.

Im Vor­feld

Der syn­odale Traum

Zum allerersten Mal träumte ich von unser­er Schweiz­er Del­e­ga­tion: Wir bere­it­en uns in einem hellen, grossen Raum auf die syn­odale Ver­samm­lung vor.

Pause.

Aus irgen­deinem Grund zieht mich der riesige Wand­schrank an. Ich öffne ihn, und sofort fall­en mir mehrere Gegen­stände ent­ge­gen: gebrauchte Klei­der, Taschen, aller­lei Krim­skrams. Hop­pla! Ich mache einen Satz nach hin­ten: «Da müssen wir jet­zt aber mal ziem­lich aufräu­men!»

Bischof Felix schaut zu und fragt: «Was würdest du aus dem Schrank mit­nehmen, wenn es nur ein einziger Gegen­stand sein dürfte?»

Ohne lange zu über­legen sage ich: «Das Herz.»

Er hält kurz inne, lächelt und nickt: «Ja. Das passt.»

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Freitag, 3. Februar 2023

Von Auf­bruch und Vorurteil — Gottes Werk und Teufels Beitrag

Auf dem Weg nach Zürich tre­ffe ich am Bahn­hof auf eine alte Kol­le­gin. Sie läuft gegen den Strom. Ursprünglich stammt sie aus Polen, aber sie lebt schon lange in der Schweiz. Ich rufe: «Hal­lo! Schade, kön­nen wir nicht kurz einen Kaf­fee miteinan­der trinken — gle­ich fährt mein Zug.»

Sie winkt ab: «Macht nichts, du gehst ja nach Prag. Damit will ich nichts zu tun haben.»

Ich kon­stern­iert: «Weisst du denn, was da gemacht wird?» Kun­st­pause. «Man will sich erst ein­mal gegen­seit­ig zuhören und dann den Dia­log pfle­gen.»

«Jaja. Dazu habe ich eine völ­lig andere Mei­n­ung!», sagt sie mit abwehren­der Hand­be­we­gung in meine Rich­tung.

Hä? Ich ver­ste­he die Welt nicht mehr. Ken­nt sie mich doch schon ewig. Sie set­zte sich immer gern zu mir, war empathisch und zuge­wandt. Diese unge­wohnt abweisende — ja aggres­sive — Hal­tung kann ich schlicht nicht nachvol­lziehen.

Auf dem weit­eren Weg denke ich immer wieder daran zurück. Was habe ich denn getan? Prag? Solch harte Reak­tio­nen sahen ihr über­haupt nicht ähn­lich. Schwarz und weiss. Klare Fron­ten von der ersten Sekunde an.

Es liess mir keine Ruhe. Ich fragte per What­sApp nach. Sie antwortete rasch und freimütig: Der syn­odale, nein, ’suizidale’ Weg sei das. Diese Ver­anstal­tung löse in ihr eine Law­ine von Schmerz aus.

Sie beze­ichne sich als Tra­di­tion­al­istin. Leute wie sie wür­den nicht nach ihrer Mei­n­ung gefragt, alle anderen aber schon. Sie (!) seien treu. Diese ‘mod­er­nen’ Forderun­gen inner­halb der heili­gen katholis­chen Kirche seien des Teufels. Man nenne die Sünde nicht mehr beim Namen, wolle sie ’neu definieren’. Dabei sei alles in der Bibel geof­fen­bart, immer gle­ich­bleibend, seit 2000 Jahren.

Prag? «Mit Häre­sien und Lügen gibt es keinen Dia­log.» Ihr würde die Petrus­brud­er­schaft helfen, zu über­leben.

Alles klar.

Donnerstag, 2. Februar 2023

Am Vor­abend der Abreise

Liebesmahl

Abschied­sessen bei mein­er 91-jähri­gen (evan­ge­lisch-reformierten) Mum.

Meine Teil­nahme in Prag wühlt sie auf.

Bevor sie mich ver­ab­schiedet mit einem «Bhüet Di Gott», ver­set­zt sie mich in ihre Kind­heit zurück, in ihre Jugend, in ihr Erwach­se­nen­leben:

«Weisst du, Tat­jana, als Kind war ich ein sehr gläu­biger Men­sch. Mit mein­er Kind­heits­fre­undin ging ich ein­fach mit in den katholis­chen Reli­gion­sun­ter­richt. Ich hat­te mir nichts dabei gedacht. Aber der Pfar­rer schick­te mich weg mit den Worten: “Du gehörst nicht hier­her!”. Ich hat­te es dir schon ein­mal gesagt, mein wun­der­bar­er Vater war katholisch und wurde exkom­mu­niziert, weil er über den Bach hin­weg im Aar­gauer Erlins­bach meine reformierte Mama heiratete.

Und ich selb­st musste ein Papi­er unter­schreiben, dass ich meine eige­nen Kinder katholisch erziehen würde. Und dann woll­test Du das auch noch studieren.»

Ich schluck­te.

Und ich erin­nerte mich daran, wie sie damals, während des Fest­gottes­di­en­stes zum Abschluss des The­olo­gi­es­tudi­ums mit Bischof Kurt Koch, als einzige Per­son in der Bank sitzen blieb. Noch heute sehe ich sie ganz alleine da sitzen.

«Mama, es tut mir so leid…!»

Nein. Die für die Kirche schön­ste und wichtig­ste Feier der Gemein­schaft — und meine Mut­ter fühlt sich mut­tersee­le­nallein.

Das hat mir das Herz zer­ris­sen.

Marie-Christine Andres Schürch
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