
Bild: © Leonie Wollensack
Sommerserie: Wanderglück am Blauen
Auf Römer- und Pilgerwegen durch ​den Solothurner und Baselbieter Jura
In unserer Sommerserie stellen wir Ihnen Sommerwanderungen zu spirituellen Orten vor. Diese Wanderung im «Lichtblick»-Gebiet hat unser Redaktionsteam selbst für Sie ausprobiert.
Der AufÂstieg von MariÂastein zu einem bekanÂnten WallÂfahrtÂsort begann vor über 600 Jahren mit einem tiefen Fall. Während eine MutÂter beim SchafeÂhüten einÂschlief, stürzte ihr Bub vom Felsen, der am NordÂfuss des Hügelzugs «Blauen» fünÂfzig Meter aus dem Tal ragt. Was für ein WunÂder, dass die MutÂter den Buben heil am Fuss des Felsens fand! Eine Frau – die GottesÂmutÂter Maria – habe ihn aufgeÂfanÂgen, berichtete der Bub. Heute pilÂgern jährlich 250 000 MenÂschen zur MarienÂfigÂur in der FelsÂgrotte von MariÂastein.
Höhen und Tiefen präÂgen unsere WanÂderung von Anfang an. Auf der Anreise geht es zuerst einÂmal bergauf. Von Flüh her erkÂlimÂmen wir mit dem PostauÂto die Strasse zum Kloster MariÂastein. Nach einem SpazierÂgang durch den KlosterÂgarten steigen wir ein erstes Mal steil ab, hinÂunter in die FelÂskapelle. Der Blick in den Abgrund ist schwindelÂerÂreÂgend. Zum Glück wacht Maria im Stein.
Durch das verwunschene Tobel hinauf zum Pass
Nach einem Gang durch die pastellÂfarÂbene barocke BasiÂliÂka ziehen wir hinÂaus ins Grüne. Bald beginÂnt der Weg zu steigen. Auf den Jurahöhen runÂdum entÂdeckÂen wir immer wieder BurÂgen. Eine davon lädt zum ÜberÂnachtÂen ein, die JugendÂherÂberge von MariÂastein.
Bevor wir den höchÂsten Punkt unserÂer WanÂderung, den BlauenÂpass, erreÂichen, mäanÂdern wir im ChäleÂgraben den Bach entÂlang. In diesem Tobel hat etwa auf halÂber Höhe einst eine FamÂiÂlie von Riesen Rast gemacht. Wie das so ist mit Kindern, auch die Riesenkinder konÂnten nicht still sitzen, sie wollÂten sich messen und einanÂder in die Schlucht ziehen. Im Eifer des Gefechts tratÂen sie mit ihren Armen und Beinen um sich, gruben ihre Fersen in den Stein und schluÂgen BrockÂen aus der FelÂswand. Davon zeuÂgen heute die vieÂlen FelÂslöchÂer. Auch für uns MenÂschen gibt es inmitÂten dieser verÂwunÂschÂenen Schlucht mit ihren kleinen WasserÂfällen und bemoostÂen BrügÂgli einen RastÂplatz mit FeuerÂstelle.

Wer seinen ProÂviant vergessen hat, kann noch etwas weitÂer aufÂsteigen und im RestauÂrant «BergmatÂten» bei phänomÂeÂnaler AusÂsicht über das DreilänÂdereck schlemÂmen, allerdÂings nur von DonÂnerÂstag bis SonÂntag. Gut gestärkt geht es für uns nun noch etwas weitÂer hinÂauf. Wir nehmen Kurs RichÂtung BlauenÂpass.
Im Grenzgebiet auf dem Blauen
Direkt hinÂter dem RestauÂrant müssen wir, um unserem Weg zu folÂgen, das Tor einÂer KuhÂweiÂde öffÂnen. Immer steilÂer stapfen wir durch das satÂte Grün, während die Kühe uns aus sicherÂer EntÂferÂnung beobachtÂen. NachÂdem wir die KuhÂweiÂde hinÂter uns gelassen haben, geht es an den steilÂsten Teil unserÂer WanÂderung, den AufÂstieg zum BlauenÂpass. Der KonÂtrast zur sonÂniÂgen WeiÂde ist gross, der AufÂstieg liegt im kühÂlenÂden SchatÂten des dichtÂen Waldes.
Auf dem höchÂsten Punkt der BlauenÂkette angekomÂmen, passieren wir alle paar Meter einen GrenÂzstein. Diese erinÂnern uns daran, dass wir auf der GrenÂze zwisÂchen den KanÂtoÂnen Solothurn und Basel-LandÂschaft unterÂwegs sind.
Wir erreÂichen den ChreÂmerÂpass. Der Namen des PassÂes zeugt von einem trauÂriÂgen EreigÂnis. Vor langer Zeit haben an dieser Stelle WegeÂlagerÂer einen Krämer überÂfallÂen und ermordet. Zu seinem Gedenken wurde das «ChreÂmerkreuz», das etwas abseits des Weges im Wald steÂht, errichtet.
Anreise, Abreise und AbkürzunÂgen
Unsere WanÂderung führte vom Kloster MariÂastein über den BlauenÂpass zum Kloster DorÂnach. Die An- und Abreise erfolÂgte mit öffentlichen VerkehrsmitÂteln. Anreise: Vom BahnÂhof Basel SBB mit Tram 10 oder S‑Bahn und Bus bis Flüh und PostauÂto bis MariÂastein, Kloster, dauert die Reise ca. eine Stunde.
RückÂreise: Das Kloster DorÂnach befindÂet sich gleÂich neben dem BahnÂhof DorÂÂnach-Arlesheim. Von dort braucht die S‑Bahn 12 Minuten bis zum BahnÂhof Basel SBB, mit dem Tram dauert es etwas länger.
Die WanÂderdisÂtanz beträgt insÂgeÂsamt 17 KiloÂmeÂter. Wer abkürzen möchte, kann nach dem AufÂstieg durch den ChäleÂgraben beim RestauÂrant «BergmatÂten» auf der Strasse in ​40 Minuten nach HofÂstetÂten-Flüh spazieren und von dort zurückÂfahren.
Eine weitÂere Abkürzungsmöglichkeit ist es die WanÂderung bereÂits am BahnÂhof Aesch zu beenÂden ​und den 40-minütiÂÂgen SpazierÂgang der Birs entÂlang zum Kloster DorÂnach wegzuÂlassen (oder mit dem ÖV zurückÂzuleÂgen). Hier gelanÂgen Sie zur Tour auf der Karte von SchweizÂmoÂbil

Hier haben die Römer Platten verlegt
Langsam geht es immer steilÂer bergab. Wir befindÂen uns nun auf dem PlatÂtenÂpass. Als die Römer im Jura lebten, war der Pass die wichtigÂste Verbindung zwisÂchen AvenÂticum (heute AvenchÂes) und AugusÂta RauÂriÂca (KaiserÂaugst). Doch der ÜberÂgang hatÂte seine TückÂen, denn das Gelände war grösstenÂteils sumpÂfig. Die Römer liessen sich dadurch nicht entÂmutiÂgen und legten kiloÂmeÂterÂweit SteinÂplatÂten aus, mit denen sie den Pass sogÂar mit KarÂren bequem befahren konÂnten. Die ÜberÂreste dieser PlatÂten sind noch heute zu sehen und beim WanÂdern auch zu spüren.
Wandern zwischen Reben und Ruinen
Wir verÂlassen den bewaldeÂten Pass und steigen weitÂer hinab ins Tal. Nun wanÂdern wir durch RebÂberge. Ob wir nach links oder rechts schauen: RebÂstöcke, soweit das Auge reicht. Hier in der Nähe befindÂet sich die Ruine der Burg «TschäpÂperÂli» (FroÂhberg). Ob in der Nacht zuvor wohl die Prinzessin der Burg – die sogeÂnanÂnte weisse Jungfrau – genau auf diesem Weg mit ihrem Hund entÂlangspaziert ist? Die MenÂschen in der Gegend pfleÂgen zu sagen, dass die beiÂden besonÂders in der DunkelÂheit gern hier unterÂwegs sind und diejeniÂgen WanÂderÂer, die sich zu später Stunde zwisÂchen den Reben herumtreiben, erschreckÂen. Wie sie das machen? Durch ihre schiere Grösse! Die beiÂden sind nämÂlich riesig. Das glauben wir spätestens, als wir die Bank entÂdeckÂen, auf der sich die Prinzessin bei ihren nächtlichen AusÂflüÂgen ausÂruht. Statt der Prinzessin begegÂnen wir jedoch nur einiÂgen WinzÂern oder ihren MitarÂbeitÂern, die ihre Reben hegen und pfleÂgen.
Ankommen in der blühenden Oase
Und dann komÂmen wir im Tal an. Wir könÂnen bereÂits die DächÂer von Aesch erkenÂnen und wanÂdern am ChlusÂbach entÂlang, vorÂbei an alten WeiÂden und anderen grossen BäuÂmen, bis wir unsere schon etwas müden Füsse wieder auf die Strassen und TrotÂtoirs der ZivilÂiÂsaÂtion setÂzen. Aesch kommt von Asche. Im Jahr 58 v.Chr. verÂliessen die MenÂschen, wohl auf der Flucht vor den Römern, ihre DörÂfer und branÂnten sie wahrscheinÂlich selbÂst nieder. Es blieb nichts als Asche, auf der eine neue SiedÂlung entÂstand. Sie trägt in ihrem Namen bis heute die ErinÂnerung an das Geschehene.
Ein Kloster lag am Anfang unserÂer WanÂderung – ein anderes empfängt uns am Ziel. Der Garten des Klosters DorÂnach wartet mit seinen vieÂlen verÂschiedeÂnen Pflanzen und bunÂten FarÂben auf uns. Im SchatÂten eines Baumes setÂzen wir uns und geniessen den Blick auf das sonÂnenbeschienene und bienenÂsumÂmende Fleckchen Grün.



