Mode macht noch keine moderneren Gottesdienste
- Ein neues Jahr beginÂnt und für viele MenÂschen in der Kirche bleibt der WunÂsch nach Erneuerung in der Kirche. Die Frage ist: Wo ansetÂzen, damit auch junge MenÂschen gerne in ein GotteÂshaus zurückÂkehren? Die Mode könÂnte ein Ansatzpunkt sein. Geistliche in trendiÂgen GewänÂdern? HorÂiÂzonte ist der Frage nachgeÂganÂgen.
- Die ModÂeÂschafÂfende CarÂoÂline EberÂle hat für HorÂiÂzonte Skizzen für liturÂgisÂche GewänÂder geferÂtigt. Das Kloster Fahr bietet neu eine farÂbige StoÂla auch für Nicht-Priester und ‑Diakone.
- Was wünÂschen sich die GläuÂbiÂgen? HorÂiÂzonte bat auf der Strasse vor MikroÂfon und KamÂera.
PfarÂrer AdriÂan BolzÂern aus Aarau müsste Feuer fanÂgen für die Idee: Als nebeÂnamtlichÂer SeelÂsorgÂer für ArtisÂten und GaukÂler sorgt er sich um MenÂschen, bei denen KleiÂdung Teil des ProÂgrammes ist. AufÂfallÂen, entzückÂen, ablenken: Das wäre doch eine priÂma SteilÂvorÂlage für die Kirche, optisÂches SpekÂtakel im GottesÂdiÂenst wäre garantiert.
«Liturgische Gewänder dienen der Orientierung»
AdriÂan BolzÂern schmunÂzelt und konÂtert: «EntscheiÂdend ist der Inhalt der Botschaft, die verkünÂdet wird, und nicht die VerÂpackÂung.» GewänÂder und die in der Liturgie verÂwenÂdeÂten FarÂben sollen oriÂenÂtieren. Welche Feier wird zeleÂbriÂert? Was erwartet die MenÂschen in der Kirche? Wer spricht zu ihnen? KleiÂdung, Gefässe und IngreÂdienÂzien wie beispielÂsweise Weihrauch dienen alleine dem Sinn. «Sinn berührende FeierÂlichkeitÂen im Namen Gottes, in der dazu besÂtimmten, würdiÂgen KleiÂdung», sagt AdriÂan BolzÂern. Dazu brauche es keinen stofÂflichen FirÂlefanz und auch keine modisÂchen AusÂrufezeÂichen. ÜberÂhaupt: «Jesus ChrisÂtus ist es piepeÂgal, was wir traÂgen, ihm geht es darum, wie wir unser Leben gestalÂten», ist der «ZirkuspÂfarÂrer» überzeugt.Eine ÜberzeuÂgung, die von CarÂoÂline EberÂle aus RomÂbach geteilt wird. Die 20-Jährige ist ModÂeÂschafÂfende, genauer gesagt «BekÂleiÂdungsÂgestalÂterin». Für HorÂiÂzonte hat sie zwei Skizzen von liturÂgisÂchen GewänÂdern angeÂferÂtigt. CarÂoÂline EberÂle kenÂnt sich aus mit kirchÂlichen GewänÂdern: In ihrer Freizeit minÂistriÂert sie in der katholisÂchen Kirche Aarau. Es fällt auf, wie würdeÂvoll sie dabei ihr Gewand (Albe) trägt. Fast wie eine Prinzessin. Ein guter VerÂgleÂich, findÂet CarÂoÂline EberÂle. Dieses lange, helle Kleid sei mit ein Grund geweÂsen, weshalb sie zum MinÂisÂtranÂtinnen-Dienst gefunÂden habe. «Damals war ich noch von der MärchenÂwelt fasziniert, habe PrinzessinÂnen, Elfen und Feen in ihren walÂlenÂden Roben bewunÂdert.» SelÂber im lanÂgen Kleid an der Seite des PfarÂrers ein bissÂchen im MitÂtelpunkt steÂhen zu dürÂfen, «ja, das hatÂte seinen Reiz und gefällt mir auch heute noch», gibt CarÂoÂline EberÂle zu.
«Das bestimmte Etwas steckt in der Schlichtheit»
Auch wenn schillernde MärchengestalÂten eine FaszÂiÂnaÂtion auf sie ausÂgeübt haben, eine Annäherung von liturÂgisÂchÂer KleiÂdung in RichÂtung FanÂtaÂsy findÂet CarÂoÂline EberÂle nicht opporÂtun. Das besÂtimmte Etwas steckt auch für sie in der Schlichtheit bei Schnitt und Muster. Zum AusÂdruck kommt das in den von ihr angeÂferÂtigten Skizzen, einÂerÂseits für eine Albe, anderÂerÂseits für eine Robe, die im KatÂeÂchÂeseÂdiÂenst getraÂgen werÂden könÂnte. CarÂoÂline EberÂle setÂzt farÂbliche Akzente, diskret, aber doch sichtÂbar (siehe Skizzen). Das gefällt PfarÂrer AdriÂan BolzÂern.KriÂtisÂche ZusÂtimÂmung gibt es auch von Manuela Camichel. Sie ist LeiÂtÂerin der ParaÂmentenÂwerkÂstatt im Kloster Fahr und ebenÂfalls eine standÂhafte Stimme für Schlichtheit in klerikaler Mode. «Ein guter Ansatz», meint sie zu den Skizzen von CarÂoÂline EberÂle. «Ja, es gibt sichÂer MenÂschen, die dieses Gewand mit den roten FarbÂtupfern läsÂsig findÂen». Die MinÂisÂtranÂten-Albe hat für ihren Geschmack jedoch zu viel Farbe: «Ich erkenne darin den Taufgedanken nicht mehr», zudem sei der KostenÂpunkt zu beachtÂen: «Wenn, dann müssten ja alle liturÂgisÂchen JahresÂfarÂben gekauft werÂden.»
Kirchliche Gewänder waren immer schon Inspiration
Schlichte EleÂganz, das scheint genÂerÂaÂtioÂnenüberÂgreifend der Tenor zu sein. Dabei wäre Mut zum WagÂnis geschichtlich legitÂimiert. Schliesslich war die Kirche in der Mode immer auch TrendÂsetÂterin. Religiöse SymÂboÂlÂik als InspiÂraÂtionsquelle für bekanÂnte Mode-Labels. KreatioÂnen aus den Häusern Lacroix, Dolce & CabÂbana, GucÂci oder Yves Saint LauÂrent waren grandiose EycatchÂer bei «HeavÂenÂly BodÂies», einÂer AusstelÂlung, die 2018 im MetÂroÂpolÂiÂtan MuseÂum of Art in New York für AufÂseÂhen sorgte. Sie zeigte prachtvolle Roben aus feinÂstem Stoff, reich verziert, begehrenswert, sinnlich, voller FanÂtasie und an OpuÂlenz kaum zu überÂbiÂeten.Ein KonÂtrast dazu sind TexÂtilien, wie sie im Kloster Fahr handgeÂwoben und zu ParaÂmenten verÂarÂbeitÂet werÂden. Ob MessÂgewänÂder oder Talare, PriesterÂstolen, ChorÂmänÂtel, DalÂmatiken, DiakonÂstolen und Tuniken: Was die ProÂdukÂte auszeÂichÂnet, ist ihre schlichte EleÂganz. Und natürÂlich die QualÂität, gepaart mit dem besonÂderen SpirÂit, der dem handgeÂwobeÂnen Stoff innewohnt: «Die FerÂtiÂgung im Kloster durch unsere OrdenssÂchwestÂern wird besonÂders geschätzt», bestätigt Manuela Camichel.
«Man muss bei den Kirchen als Orten anzusetzen»
Ob modisÂchere GewänÂder mehr MenÂschen in die GottesÂdiÂenÂste lockÂen, sei dahingestellt. Der WunÂsch nach VeränÂderung in der Kirche bleibt für die GläuÂbiÂgen jedoch wichtig. Was sich die MenÂschen erhofÂfen, hat HorÂiÂzonte in einÂer sponatÂen Umfrage auf der Strasse erfragt. AdriÂan BolzÂern wiederum würde vielmehr bei der ArchitekÂtur und der Wahl von LocaÂtions ansetÂzen. Er bezieht sich dabei auf Inputs von junÂgen MenÂschen sowie auf seine ErfahrunÂgen als ZirkuspÂfarÂrer: «Wir sprechen von GemeinÂschaft und sitzen verÂstreut in einÂer grossen Kirche», das komme nicht gut an. «In Aarau gibt es konkrete ÜberÂlegunÂgen, den WerkÂtag-GottesÂdiÂenst in die kleinere Kapelle zu verÂlagern», sagt AdriÂan BolzÂern. Näher zusamÂmenÂrückÂen und mitÂtels interÂakÂtivÂer GestalÂtung des GottesÂdiÂenÂstes den HerÂrn im HimÂmel erreÂichen: Das gefällt ihm bessÂer als Mode, die zum HimÂmel schreÂit.