Asylsuchende aufs Glatteis geführt

Asylsuchende aufs Glatteis geführt

  • Vom 6. bis 8. Feb­ru­ar 2019 lern­ten Kan­ti-Schüler und jugendliche Asyl­suchende einan­der im Rah­men ein­er Pro­jek­t­woche näher ken­nen und wagten sich aufs Eis. Vorurteile kon­nten beseit­igt, Ver­trauen geschaf­fen wer­den.
  • Nach der erfol­gre­ichen Zusam­me­nar­beit mit den Kan­ton­ss­chulen in Wohlen und Aarau hofft die Pro­jek­tver­ant­wortliche und Inte­gra­tions­beauf­tragte der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche Aar­gau, Myrosla­va Rap, eine solche Begeg­nungswoche für Jugendliche bald auch mit ein­er Aar­gauer Beruf­ss­chule durch­führen zu kön­nen.
 Hibo geniesst es, von ihren neuen Kan­ti-Fre­undin­nen übers Eis geführt zu wer­den. Auf bei­den Seit­en greift die junge Frau aus Soma­lia bei jeman­dem unter den Arm. Immer wieder muss die Gruppe anderen Läufern auf der Oltener Kun­steis­bahn auswe­ichen. Hibo lacht, als Sarah ihren Weg kreuzt – sie wird auf einem Stuhl sitzend übers Eis geschoben. Sarah stammt aus Afghanistan und kam wie Hibo vor etwa drei Jahren in die Schweiz – allein, als soge­nan­nt «Unbe­gleit­ete min­der­jährige Asyl­suchende (UMA).

Eine Initiative der Römisch-Katholischen Kirche

Mit­tler­weile haben es Hibo und Sarah zwar nicht an die Kan­ton­ss­chule geschafft, aber sie kom­men immer­hin einiger­massen mit ihrem neuen Leben in der Schweiz zurecht, besuchen den Unter­richt an der soge­nan­nten UMA-Schule im Aarauer Tel­li-Quarti­er und ler­nen dort Deutsch, Pünk­tlichkeit, Selb­stor­gan­i­sa­tion und vieles mehr.Den Nach­mit­tag auf der Eis­fläche im Oltener Sport­park ver­danken Hibo und Sarah sowie 10 weit­ere UMA der Ini­tia­tive der Inte­gra­tions­beauf­tragten der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche Aar­gau, Myrosla­va Rap. Vor knapp zwei Jahren hat­te die pro­movierte The­olo­gin die Idee, man kön­nte den Kan­ton­ss­chulen für deren Pro­jek­t­wochen doch ein Begeg­nung­spro­jekt vorschla­gen: Inter­essierte Kan­ton­ss­chü­lerin­nen und Schüler ler­nen jugendliche Asyl­suchende ken­nen und ver­brin­gen mit diesen ein paar Tage.

Vorurteile abbauen, Vertrauen schaffen

Ver­gan­genen Herb­st kon­nte Myrosla­va ihre Idee an der Kan­ton­ss­chule Wohlen erst­mals umset­zen. Let­zte Woche fol­gte die Fort­set­zung an der Alten Kan­ton­ss­chule Aarau: Während die einen Jugendlichen zum Ski­fahren in die Berge fuhren, Tanzs­tun­den nah­men, fotografierten oder sich mit griechis­ch­er Mytholo­gie beschäftigten, entsch­ieden sich 15 Schü­lerin­nen und Schüler für die Begeg­nung mit jugendlichen Asyl­suchen­den.«Ich wollte Asyl­suchende schon lange ein­mal näher kennnen­ler­nen», erk­lärt Tabea gegenüber Hor­i­zonte, und ihre Kol­le­gin Flu­ri­na ergänzt: «Ich finde es wichtig, dass wir uns unser eigenes Bild von den Geflüchteten machen und schauen, was es mit all den Vorurteilen auf sich hat, die wir auf­grund der Medi­en­berichter­stat­tung und all dem, was so erzählt wird, haben.»

«Menschen wie wir»

Die jugendlichen Asyl­suchen­den aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und Soma­lia ent­pup­pen sich «als Men­schen wie wir» — so jeden­falls bringt es Tabea auf den Punkt. Es zeigt sich: So schlecht Deutsch kön­nen sie gar nicht. Auch sind sie sehr kon­tak­t­freudig, inter­essiert und offen, Neues auszupro­bieren. Sog­ar Schlittschuh­laufen.«Eine gute ver­trauens­bildende Mass­nahme», meint Bär­bel Hess, die Beauf­tragte für kirch­liche Arbeit an der Alten Kan­ton­ss­chule Aarau. Die Reli­gion­slehrerin fungiert als direk­te Koop­er­a­tionspart­ner­in für Myrosla­va Rap. «Gestern wäre das so noch nicht möglich gewe­sen», freut sich Bär­bel Hess. Sie meint die her­zliche und ungezwun­gene Art, in der die Jugendlichen miteinan­der umge­hen. Als wür­den sie schon seit Langem in dieselbe Klasse gehen. «Dabei haben sich die Jugendlichen gestern erst ken­nen­gel­ernt – und es dauerte schon ein Weilchen, bis das Eis gebrochen war», erin­nert sich Bär­bel Hess. In der Zwis­chen­zeit hät­ten jedoch span­nende Gespräche stattge­fun­den. Auch ein Work­shop zum The­ma Vorurteile stand auf dem Pro­gramm. Dies in Zusam­me­nar­beit mit drei Vertreterin­nen vom «Nation­al Coali­tion Build­ing Insti­tute». Das NCBI hat sich darauf spezial­isiert, Gegen­sätze zwis­chen Men­schen ver­schieden­ster Herkun­ft und unter­schiedlichen Alters zu über­winden.

Ob der Kontakt die Woche überdauert, bleibt offen

Die 25-köp­fige Gruppe ver­bringt auch am Abend gemein­sam Zeit. Für die Dauer der Pro­jek­t­woche hat sich die Gruppe in Aar­burg in der «Vil­la Jugend» eingemietet – dem Jugend­haus der Römisch-Katholis­chen Lan­deskirche Aar­gau. Auf dem Pro­gramm stand dort ein spon­tan organ­isiert­er Tan­z­abend eben­so wie das gemein­same Kochen afghanis­ch­er Gerichte.Ob sich aus den gemein­sam ver­bracht­en Tagen ein bleiben­der Kon­takt ergibt? Vielle­icht sog­ar die ein oder andere Fre­und­schaft? «Ich weiss es nicht», meint Vivianne. Auf jeden Fall wolle man die Mobil­num­mern aus­tauschen und über die Sozialen Medi­en in Verbindung bleiben.Mit den Pro­jek­t­wochen für Schweiz­er Jugendliche und jugendliche Asyl­suchende soll es jeden­falls weit­erge­hen. Myrosla­va Rap hofft, schon bald an den Beruf­ss­chulen ein ähn­lich­es Begeg­nungsange­bot anbi­eten zu kön­nen: «Mir fehlt noch der passende Part­ner, aber das klappt bes­timmt».
Andreas C. Müller
mehr zum Autor
nach
soben