Halloween kann eine Chance sein
- An HalÂloween scheiÂden sich die GeisÂter. Viele Kinder, Jugendliche und zunehmend auch ErwachÂsene sind fasziniert von diesem Brauch.
- Anderen ist das grusÂlige Treiben am VorÂabend von AllerÂheiliÂgen susÂpekt.
- Die Kirche muss HalÂloween wedÂer lieben noch verÂteufeln, sollte aber die Chance nicht verÂpassen, das zenÂtrale TheÂma von HalÂloween aufzuÂgreifen.
Wenn an HalÂloween Kinder bei MoniÂka Thut BirchÂmeier an der Tür klinÂgeln, öffnet sie jewÂeils und fragt die kleinen VamÂpire und HexÂen: «Wisst ihr, warum ihr bei mir läutet?». KönÂnen die HalÂloween-GeisÂter die Frage nicht beantÂworten, erkÂlärt ihnen die TheÂoloÂgin Ursprung und Sinn von HalÂloween. Erst danach gibt es SüsÂsigkeitÂen.Ihre eigeÂnen Kinder fänÂden das manchÂmal peinÂlich. Doch MoniÂka Thut BirchÂmeier, die auf der FachÂstelle KirchÂlichÂer ReliÂgionÂsunÂterÂricht der Reformierten LanÂdeskirche AarÂgau arbeitÂet, ist überzeugt: «Man darf HalÂloween feiern. Wichtig ist, dass man weiss, warum man etwas tut.»
«Geben Sie uns auch Süssigkeiten?»
HalÂloween beschäftigte MoniÂka Thut zuerst einÂmal priÂvat: «Meine drei Kinder lagen mir jedes Jahr in den Ohren, weil sie sich an HalÂloween verkleiÂden und von Tür zu Tür ziehen wollÂten.» Sie habe das als Stress und HalÂloween als mühÂsam empÂfunÂden. «Da kam mir der Gedanke, dass HalÂloween ja eigentlich etwas ReligiösÂes aufÂgreift und ich froh wäre, die Kirche böte an diesem Abend ein religiös vertretÂbares HalÂloweenÂproÂgramm für Kinder an.»Aus diesem Gedanken entÂstand die WeitÂerÂbilÂdung «SüssÂes oder Saures – HalÂloween in der KatÂeÂchÂese», die MoniÂka Thut diesen August für katÂeÂchetisch Tätige anbot. Denn auch diese sind mit HalÂloween konÂfronÂtiert, wenn die Schüler etwa fraÂgen: «Heute Abend gehen wir wieder verkleiÂdet von Tür zu Tür. Geben Sie uns dann auch SüsÂsigkeitÂen?»
Wohl oder übel
Eine, die diese WeitÂerÂbilÂdung besuchte, war ChrisÂtine HütÂtner. Sie ist ausÂgeÂbildete Heil- und SozialpädÂaÂgogin, LeiÂtÂerin von Elternkursen und aktiv in der PfarÂrei St. VerÂeÂna in Bad Zurzach. Es war ihr ein Anliegen, das Gehörte weitÂerzugeben und AufkÂlärungsarÂbeit in Sachen HalÂloween zu leisÂten. Deshalb lud ChrisÂtine HütÂtner diese Woche zu einem InforÂmaÂtions- und DiskusÂsionÂsÂmorÂgen im Forum in Bad Zurzach ein. GekomÂmen sind ausÂnahmÂsÂlos MütÂter, und es wird rasch klar: Mit Kindern wird HalÂloween wohl oder übel ein TheÂma. «Kinder sind fasziniert von diesem Brauch», weiss ChrisÂtine HütÂtner.
Zeit, der Verstorbenen zu gedenken
Zum Ursprung von HalÂloween gibt es verÂschiedene TheÂoÂrien (siehe Text rechts). Als relÂaÂtiv sichÂer gilt, dass die Zeit um den 31. OktoÂber – zwisÂchen der Tag- und NachtÂgleÂiche und der WinÂterÂsonÂnenÂwende – schon bei den KelÂten vor etwa 2500 Jahren die Jahreszeit des TotengeÂdenkens war. «Man kann nicht sagen, HalÂloween gehe direkt auf die KelÂten zurück, richtig ist jedoch, dass in dieser Nacht Tod und JenÂseitsvorstelÂlunÂgen schon seit sehr langer Zeit eine Rolle spieÂlen», fasst ChrisÂtine HütÂtner zusamÂmen. In jedem Fest im KirchenÂjahr verdichte sich ein LebenÂsÂtheÂma, erkÂlärt sie. So, wie KarÂfreÂitag sich auf «SterÂben» konzenÂtriere und WeiÂhÂnachtÂen auf «Geburt», so verdichte sich anfangs NovemÂber der TheÂmenkreis «TotengeÂdenken und JenÂseits».
Kinder sehen keine Toten
Dieses zenÂtrale TheÂma von HalÂloween ist jedoch in unserem AllÂtÂag in VergessenÂheit gerÂatÂen. Genau da ortet ChrisÂtine HütÂtner das ProbÂlem. «Tod und JenÂseits sind in unserÂer Gesellschaft selÂten TheÂma. Kaum jemand stirbt noch zu Hause. Die AufÂbahrung von Toten ist nicht mehr üblich», führt sie aus. Kinder haben keine Erfahrung mit dem Tod, wisÂsen nicht, wie jemand aussieht, der gestorÂben ist. Zwei der anweÂsenden MütÂter erinÂnern sich, dass sie als Kinder – eine im MünÂsterÂtal, eine in Stans – noch ErfahrunÂgen mit aufgeÂbahrten Toten gemacht hatÂten. Innert weniger Jahrzehnte ist diese PraxÂis weitÂgeÂhend verÂloren geganÂgen.Das sei auch aus reliÂgionÂspädÂaÂgogisÂchÂer Sicht schade, sagt MoniÂka Thut BirchÂmeier: «Die meisÂten Kinder prakÂtizieren heute kein TotengeÂdenken mehr. AllerÂheiliÂgen, AllerseeÂlen und der reformierte EwigkeitssonÂntag haben an BedeuÂtung verÂloren, auch die früher übliche FriedÂhofsÂbegeÂhung machen die Eltern mit ihren Kindern kaum mehr mit.»
Gedenkbuch, Kerzen und Grabbesuch
HalÂloween, findÂet sie, wäre ein Anlass, diese Bräuche rund ums TotengeÂdenken zu reakÂtivieren. Sie zählt diverse MöglichkeitÂen auf, zusamÂmen mit Kindern der verÂstorÂbeÂnen FamÂiÂlienÂmitÂglieder oder FreÂunde zu gedenken. Etwa mit einem Gedenkbuch, in das die Kinder Fotos kleben dürÂfen. Oder indem man mit ihnen auf den FriedÂhof geht und das Grab schmückt. Auch ZeichÂnen oder Briefeschreiben oder gemeinÂsames KerzenanzünÂden helfen, das Gedenken an die Toten zu prakÂtizieren.
Der Tod ist «gfürchig»
HalÂloween könne ein guter Anlass sein, mit Kindern über ihre VorstelÂlunÂgen vom Tod und JenÂseits zu sprechen, findÂet ChrisÂtine HütÂtner. Den GruseÂlaspekt würde sie daher nicht ausklamÂmern. Der Tod hat etwas «Gfürchiges», das kommt in den grusÂliÂgen VerkleiÂdunÂgen zum AusÂdruck. Die VamÂpire, HexÂen und Skelette steÂhen als SymÂbol für diese Angst vor dem UnbekanÂnten. Damit soll man die Kinder nicht alleine lassen, sonÂdern das UnbeÂhaÂgen theÂmaÂtisieren.
Faszination ausnützen
Die Kirche täte gut daran, diese exisÂtenÂziellen TheÂmen nicht der UnterÂhalÂtungsinÂdusÂtrie zu überÂlassen, sonÂdern etwas Eigenes anzuÂbiÂeten für Kinder und Eltern. Man müsse doch die FaszÂiÂnaÂtion, die HalÂloween auf Kinder ausübt, nützen, findÂet auch ChrisÂtine HütÂtner. Denn klar ist: Die meisÂten Kinder kenÂnen HalÂloween, die wenigÂsten aber AllerÂheiliÂgen.