Einsiedler Madonna neu eingekleidet

Einsiedler Madonna neu eingekleidet

  • Zum Jubiläum von 888 Jahre Kloster Fahr schenk­ten die Schwest­ern der Gnaden­mut­ter im Kloster Ein­siedeln ein neues Gewand.
  • Ent­standen ist das grüne Gewand in der eige­nen Para­menten­werk­statt der Tex­til­w­erk­statt des Klosters.
  • Am Mon­tag, 2. Juli, wurde der Schwarzen Madon­na das neue Gewand im Rah­men ein­er Zer­e­monie übergeben. Ein beson­der­er Tag für bei­de Ordens­ge­mein­schaften.
 

Die Schwarze Madon­na in Ein­siedeln trägt ein neues Gewand: Es ist grün. Nach der feier­lichen Ves­per in der Haup­tkirche wollen sie alle sehen: Die Fig­ur, die aus der Gnadenkap­pelle mit ihrem rät­sel­haft-entrück­ten Blick auf ihre Besuch­er schaut. Anwe­send sind die Ordens­frauen des Klosters Fahr, die Mönche aus dem Kloster Ein­siedeln und zahlre­iche Gäste aus der ganzen Schweiz. Für die Schwest­ernge­mein­schaft von Fahr und die Geschichte ihres Klosters ist dies ein gross­er Moment. Endlich trägt die Madon­na ein Kleid aus ihrer Hand.

Ein voller Tag

Die Fahrer Ordenss­chwest­ern erzählen nach der feier­lichen Ves­per von einem vollen Tag, den sie im Kloster Ein­siedeln erlebten. Sie feierten die Eucharistiefeier, assen mit den Ordens­män­nern und besucht­en das Ate­lier von Pater Jean-Sébastien Char­rière. «Mit diesem Besuch wur­den im Jahr 2018 die Bande mit Ein­siedeln erneut gefes­tigt», erk­lärt Irene Gassmann, Pri­or­in des Klosters Fahr. Abt Urban Fed­er­er fügt hinzu: «Mit Aus­nahme von ein­er Abt-Instal­la­tion kam es noch nie vor, dass bei­de Ordens­ge­mein­schaften zusam­men hier waren.» Selb­st ältere Schwest­ern, die auf Roll­stüh­le angewiesen sind, seien da. «Das finde ich sehr beein­druck­end.» Urban Fed­er­er ist nicht nur Abt des Klosters Ein­siedeln, son­dern auch des Klosters Fahr.

Der Stolz der Weberinnen

Auf dem Kloster­platz ste­hen nun auch die vier Tex­til­handw­erk­erin­nen, die mass­ge­blich am neuen Kleid beteiligt sind: Die Lei­t­erin der Para­menten­werk­statt Priska Schmid zusam­men mit Maja Schmid und den Ordenss­chwest­ern Bernadette Meier und Matthea Wis­mer. Während zweier Jahre woben sie das Kleid aus Sei­de und Wolle von Hand. Die Kreation wurde mit einem zusät­zlichen, weit­en, weichen Schleier ergänzt.Es ist das einzige Stück in der Garder­obe der Schwarzen Madon­na aus der Para­menten­werk­statt des Klosters Fahr und ist vom Design über den Stoff und die Nähar­beit­en voll­ständig dort ent­standen. Mit­ge­holfen haben auch zwei tibetis­che Frauen, die zeitweise im Kloster Fahr gelebt haben.

Schlichtheit als Markenzeichen

Sie alle sind stolz, das sie dieses Kun­sthandw­erk, das in Benedik­tin­erk­löstern eine lange Tra­di­tion hat, weit­er­führen kön­nen. Die Ordens­frauen waren schon immer inno­v­a­tiv: Bere­its 1956 ging im Kloster Fahr der erste grosse Web­stuhl in Betrieb.Schwest­er Paula Gal­lik­er hat damals für die Fahrer Stoffe zusam­men mit dem Luzern­er Kun­st­gewer­belehrer Gody Hirschi einen eige­nen Stil kreiert, dessen Schlichtheit auch beim neuen Gewand zu sehen ist. In der Para­menten­werk­statt des Klosters Fahr entste­hen bis heute sakrale Tex­tilien wie Mess­gewän­der, Stolen und Tuniken. Auch Altartüch­er, Kelch­wäsche, Min­is­tran­ten- und Taufk­lei­der find­en von hier aus den Weg nach draussen.

Weiterweben an unserer je eigenen Geschichte

Pri­or­in Irene Gassmann erzählt den Gästen Inter­es­santes über das neue Gewand der Schwarzen Madon­na, das bewusst nicht mit Edel­steinen und Gold bestückt sei, son­dern schlicht daherkomme. Auch die Farbe Grün sei kein Zufall. «Die Mit­brüder wün­scht­en sich ein grünes Gewand», erk­lärt Gassmann. Grün sei die Farbe der Hoff­nung, der Schöp­fung und ste­he für einen Neube­ginn. «Täglich sind wir ein­ge­laden, neu zu begin­nen und weit­er zu weben an unser­er je eige­nen Geschichte.» Das Grün erin­nere die Schwest­ern zudem an die Buche, die bei ihnen im Kloster Fahr ste­he und im Früh­ling so schön blühe.

Unter dem Rockzipfel der Mutter

Im Kloster Fahr fragten sich die Tex­til­handw­erk­erin­nen zusam­men mit den Ordens­frauen vor der Anreise nach Ein­siedeln: Ist Maria nur noch eine Holz­fig­ur, die in der Ecke ein­er Kirche ste­ht und Staub anset­zt? Oder sagt sie den Men­schen noch immer etwas? Für Irene Gassman ist klar: Nur schon das Kleid verkör­pert eine tiefe Sym­bo­l­ik: «Das Gewand von Maria bietet Schutz, damals wie heute. Bes­timmt hat sich Jesus ab und zu unter dem Rockzipfel der Mut­ter ver­steckt und dort Trost gesucht.»

Maria ist eine Frau von heute

Maria, die Mut­ter der Kirche, gebe auch ihrer Gemein­schaft unter ihrem Man­tel Schutz und all den Men­schen, die hier­her nach Ein­siedeln kom­men. Für die Pri­or­in und ihre Mitschwest­ern aus Fahr ist Maria keine Fig­ur aus dem Mit­te­lal­ter. Maria sei eine Frau von heute, die «zu den Men­schen und mit den Men­schen geht». Auf dem Kloster­platz erfahren einige Gäste, dass es gar nicht so selb­stver­ständlich ist, dass dieses grüne Gewand entste­hen kon­nte. Erst vor etwa fünf Jahren haben sich die Fahrer Benedik­tiner­in­nen entsch­ieden, ihre Para­menten­werk­statt weit­erzuführen. «Mit den Para­menten präsen­tiert sich das Kloster nach Aussen», sagt Pri­or­in Irene Gassmann. Zudem habe sich über eine lange Zeit ein reich­er Schatz an Fach­wis­sen ange­sam­melt, den es zu bewahren gelte.Die Fahrer Para­mente geniessen in vie­len Kirchge­mein­den der Schweiz und auch im Aus­land einen aus­geze­ich­neten Ruf. So tra­gen auch Priester in Deutsch­land, in den USA und sog­ar in Argen­tinien Fahrer-Mess­gewän­der. Und nun auch die Schwarze Madon­na in Ein­siedeln. Pri­or­in Irene Gassmann sagt: «Ein Teil von uns ist jet­zt hier in Ein­siedeln.»
Marie-Christine Andres Schürch
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