Was isst ein Schweizergardist?

Über Schweiz­er­gardis­ten kann man ziem­lich viel in Reise­führern nach­le­sen: Dass ihre bunte Uni­form nicht von Michelan­ge­lo stammt etwa, oder dass man min­destens 1,74 Meter sein muss, um in der Wachtruppe Dienst zu tun. Doch was so ein Schweiz­er­gardist gerne isst, darüber war bis­lang so gut wie nichts bekan­nt. Man kon­nte allen­falls ver­muten, dass jemand, der fünf Stun­den mit ein­er schw­eren Helle­barde in der Hand unter der römis­chen Sonne still ste­hen muss, eine solide Grund­lage braucht. Diese Wis­senslücke wird nun gefüllt.

Das Kochbuch mit dem Titel «Buon Appeti­to», das am Dien­stagabend im Vatikan vorgestellt wurde, bietet dem Leser die Lieblings­gerichte von Offizieren der Schweiz­er­garde sowie die Rezepte von alltäglichen Speisen aus der Kan­tine der Wachtruppe. Auch Promi­nente im Vatikan wur­den nach ihren kuli­nar­ischen Vor­lieben gefragt; Erzbischof Georg Gän­swein, Kar­di­nal­staatssekretär Pietro Parolin und der Schweiz­er Kar­di­nal Kurt Koch.

Gute Grund­lage
Dass die Verpfle­gung für die Schweiz­er­garde ganz und gar nicht neben­säch­lich ist, machte ihr Kom­man­dant Daniel Anrig gle­ich zu Anfang der Präsen­ta­tion deut­lich: «Eines ist klar, ein Sol­dat kann nur kämpfen und Krieg führen, wenn er vorher ordentlich gegessen hat». Das gelte auch für die Schweiz­er­garde. Wer fünf Stun­den in der Sonne Wach­di­enst schieben müsse, der brauche vorher ein kräftiges Früh­stück. So gese­hen behan­dle das Kochbuch ein The­ma, das für die Schweiz­er­garde «fun­da­men­tal» sei, sagte Daniel Anrig. Das Werk wolle nicht nur eine Rezepte-Samm­lung sein, son­dern wolle auch die Schweiz­er­garde und ihren Dienst vorstellen, erk­lärte der Kom­man­dant. Er ver­wies auf die Infor­ma­tio­nen über den All­t­ag der Garde ausser­halb der Kan­tine, die zwis­chen den Rezepten eingeschoben sind.

«Gnoc­chi al Vat­i­cano»
Eine Kost­probe von Seite 57: «Gnoc­chi al Vat­i­cano». Man nehme für die Gnoc­chi 600 Gramm blaue Kartof­feln, zwei Eier, zwei Eigelbe, 200 Gramm Weiss­mehl. Dazu 80 Gramm geriebe­nen Parme­sankäse und 80 Gramm weiche But­ter. Ein selb­st gemacht­es Basi­likum-Pesto und eine Sosse mit Speck­wür­feln und Zwiebeln, deren Her­stel­lung eben­falls beschrieben wird, ergeben das vatikanis­che Aro­ma. Das Gericht ste­ht unter dem Namen von Pietro Parolin. Der aus Nordi­tal­ien stam­mende Kar­di­nal­staatssekretär hat­te angegeben, dass er gerne Gnoc­chi esse. Das spezielle Rezept hat sich dann allerd­ings ein­er der drei Her­aus­ge­ber des Buchs, der Schweiz­er­gardist David Geiss­er, über­legt. Der in Zürich geborene David Geiss­er hat in sein­er Heimat eine Kochlehre absolviert und bere­its mit einigem Erfolg zwei Kochbüch­er veröf­fentlicht.

Ver­schiedene Geschmäck­er
Georg Gän­swein beken­nt sich übri­gens eben­falls zur ital­ienis­chen Küche: Der Pri­vat­sekretär von Benedikt XVI. gab Saltim­boc­ca alla Romana als Lieblingsessen an, Kalb­ss­chnitzel mit luft­getrock­netem Schinken und Sal­bei. Kurt Koch hinge­gen out­ete sich als Wiener-Schnitzel-Fan. Doch was ist der nor­male Gardist tagein tagaus? Auf­fal­l­end wenig heimatliche Gerichte, dafür umso mehr Ital­ienis­ches: Rezepte für Mine­strone und vor allem für Nudeln in allen Vari­a­tio­nen, aber auch geschmorter Schweine­hals und Kabel­jau wer­den in der Rubrik «All­t­ag in der Schweiz­er­garde» aufge­führt.

«Grit­tibänz»
Wenn die Speisen tat­säch­lich auch nur annäh­ernd so appeti­tlich angerichtet auf den Kan­ti­nen­tisch kom­men, wie sie in dem Kochbuch nach mehrstündi­gem Foto­shoot­ing optisch präsen­tiert wer­den, müsste man sagen: Davon kön­nten sich die meis­ten Betrieb­skan­ti­nen eine Scheibe abschnei­den. Die alltägliche Verpfle­gung der Garde liegt allerd­ings nicht mehr in ital­ienis­chen Hän­den, son­dern ist von fünf pol­nis­chen Ordenss­chwest­ern über­nom­men wor­den. Eine typ­is­che Schweiz­er Spezial­ität mit einem eben­so typ­is­chen Namen gibt es aber doch in dem Kochbuch: die soge­nan­nten «Grit­tibänz». Ins­ge­samt bestätigt der Speise­plan der Schweiz­er­gardis­ten den­noch die Ein­schätzung von Wacht­meis­ter Erwin Nieder­berg­er, einem der Her­aus­ge­ber des Buch­es: «Es ist gut, dass der heilige Petrus in Rom gestor­ben ist und nicht irgend­wo anders». kipa/aj

Redaktion Lichtblick
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