«Wer nur Asyl­su­chen­de sieht, sieht nicht die Menschen»

  • Am 10. Novem­ber fei­ert die Römisch-Katho­li­sche Lan­des­kir­che Aar­gau den Abschluss ihres Legis­la­tur­ziels «Fremd­sein». Der «Club Asyl» will im Rah­men die­ser Ver­an­stal­tung auf die Anlie­gen von Flücht­lin­gen auf­merk­sam machen.
  • Der Club ist ein Pro­jekt des «Netzt­werk Asyl Aar­gau» — ein Gefäss für Geflüch­te­te, die bei Asyl­fra­gen im Kan­ton Aar­gau mit­ar­bei­ten wol­len und kön­nen. Bekannt­heit erlang­te der Club mit einem offe­nen Brief am Flücht­lings­tag 2016.
 Fünf Mit­glie­der des «Club Asyl» sit­zen über ver­schie­de­ne Zet­tel gebeugt in einem Sit­zungs­zim­mer des offe­nen Pfarr­hau­ses Peter und Paul in Aar­au. Der Club ist ein Pro­jekt des «Netzt­werk Asyl Aar­gau» — ein Gefäss für Geflüch­te­te, die bei Asyl­fra­gen im Kan­ton Aar­gau mit­ar­bei­ten wol­len und kön­nen. Bekannt­heit erlang­te der Club mit einem offe­nen Brief am Flücht­lings­tag 2016. Ziel der Akti­on war es, die hie­si­ge Bevöl­ke­rung für die Lebens­si­tua­ti­on von Geflüch­te­ten im Kan­ton zu sen­si­bi­li­sie­ren.

Akti­on «Hand rei­chen»: Soli­da­ri­tät zeigen 

Zum Abschlus­se­vent des Legis­la­tur­the­mas «Fremd­sein» der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau am 10. Novem­ber (sie­he Kasten) will der «Club Asyl» neu­er­lich ein Zei­chen set­zen und auf ver­schie­de­ne Kern­an­lie­gen von Geflüch­te­ten auf­merk­sam machen. Die Teil­neh­men­den am Event vom 10. Novem­ber sol­len dar­auf ange­spro­chen wer­den, was sie per­sön­lich zur Ver­bes­se­rung der Situa­ti­on von Geflüch­te­ten bei­tra­gen kön­nen. «Wer sich mit die­sen Anlie­gen iden­ti­fi­zie­ren kann, soll dies mit einem far­bi­gen Hand­ab­druck auf einem Ban­ner kund­tun«, erklärt Anna Susan­ne von Wyl die geplan­te Akti­on «Hand rei­chen». Die 24-jäh­ri­ge Stu­den­tin koor­di­niert an jenem Abend die Vor­be­rei­tungs­ar­bei­ten.Mit Anna am Tisch sit­zen zwei jun­ge Män­ner, ein Tibe­ter und ein Afgha­ne, eine Tami­lin und José. «Ich bin eigent­lich gar nicht da», meint Letz­te­rer, und alle lachen. Dass ein Jour­na­list die Run­de besucht, ist für José noch gewöh­nungs­be­dürf­tig. Zudem ist er neu zur Grup­pe gestos­sen. Der Kon­takt zu Geflüch­te­ten sei ihm wich­tig, meint er auf Nach­fra­ge. «Wenn man nur Asyl­su­chen­de sieht, sieht man die Men­schen nicht mehr», meint er und erklärt zugleich, war­um er in sei­ner Frei­zeit bewusst an Orte geht, wo sich Geflüch­te­te tref­fen.

Eine Chan­ce für Ausreisepflichtige 

«Mir ist wich­tig, dass auch Aus­rei­se­pflich­ti­ge eine Chan­ce erhal­ten», benennt Tser­ing Nam­gyab aus Tibet sein Kern­an­lie­gen, für das er am 10. Novem­ber wer­ben will. Nicht ohne Grund: Der 26-Jäh­ri­ge, der seit fünf Jah­ren in der Schweiz lebt, berich­tet von einem Lands­mann mit einem abschlä­gi­gen Asyl­be­scheid. Aus­ge­schafft wird die­ser zwar nicht, aber in der Schweiz lebt er von Not­hil­fe, erhält kei­ner­lei För­de­rung, um die Spra­che zu ler­nen oder sich sonst­wie zu inte­grie­ren und darf auch nicht arbei­ten. «Das ist doch ver­rückt», meint José. «Die wis­sen doch, dass, wenn sie ihn aus­wei­sen, er unter Umstän­den getö­tet wird. Und trotz­dem geben Sie ihm kei­ne Auf­ent­halts­be­wil­li­gung und schlies­sen ihn aus.»Für Sri Sub­aji­ni Robert Tha­ya­la­ra­jah – kurz Suba, ist wich­tig, dass sich die Aar­gau­er Bevöl­ke­rung kri­tisch mit Asyl­fra­gen aus­ein­an­der­setzt. «Vie­le Schwei­zer hel­fen uns, unter­stüt­zen aber an der Urne eine Poli­tik, die gegen uns ist», erklärt die 41-jäh­ri­ge Tami­lin, die seit 6 Jah­ren in der Schweiz lebt und zu den Grün­dungs­mit­glie­dern des «Club Asyl» gehört. «Wenn du das näch­ste Mal abstimmst, den­ke an mich – das meinst du, nicht wahr?», fragt José nach – wie um zu unter­strei­chen, wor­um es Suba geht. Die­se nickt.

«Ohne Ver­trau­en ist Inte­gra­ti­on nicht möglich» 

«Ich wün­sche mir mehr Ver­trau­en in das, was Geflüch­te­te mit­brin­gen», bekennt Mos­lem Afza­li aus Afgha­ni­stan. Der 29-Jäh­ri­ge lebt seit drei Jah­ren in der Schweiz und wur­de vor­läu­fig auf­ge­nom­men. «Nur wenn die Leu­te von hier uns Ver­trau­en schen­ken, so dass wir auf Augen­hö­he auf­ein­an­der zuge­hen kön­nen, wir aus einem Kon­takt eine wirk­li­che Begeg­nung. Pas­siert das nicht, blei­ben wir allein.»Auf dem Tisch im Sit­zungs­zim­mer lie­gen noch wei­te­re Blät­ter mit Noti­zen aus dem inten­si­ven Gespräch, das der «Club Asyl» in sei­nem letz­ten Sams­tag­nach­mit­tags­mee­ting zusam­men­ge­tra­gen hat. Im Ver­lau­fe des Abends will sich die Grup­pe auf vier Kern­an­lie­gen beschrän­ken. Über die­se wol­len die Club­mit­glie­der dann am 10. Novem­ber mit den Event­be­su­chern ins Gespräch kom­men.   Andre­as C. Müller 
Andreas C. Müller
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