Bewahrung der Schöpfung als christlicher Auftrag

Bewahrung der Schöpfung als christlicher Auftrag

Sep­tem­ber ist Schöp­fungsZeit. Den Zeitraum vom 1. Sep­tem­ber bis zum 4. Okto­ber wid­met die Kirche der Bewahrung der Schöp­fung. Treibende Kraft hin­ter der Aktion Schöp­fungsZeit ist der Vere­in oeku Kirche und Umwelt, das öku­menis­che Beratung­sor­gan für ökol­o­gis­che Fra­gen inner­halb der Kirchen. Vroni Peter­hans, Vizepräsi­dentin der oeku, spricht über ihre Erfahrun­gen an der Basis, während oeku-Präsi­dent Stephan Degen-Ballmer im Inter­view am Schluss des Textes in die Zukun­ft blickt.  Eine Law­ine geht nieder. Alle Zugänge zur Berghütte sind ver­schüt­tet und eine Schulk­lasse muss eine ganze Woche von der Umwelt abgeschnit­ten darin aushar­ren… Mit diesem Szenario kon­fron­tierte die Kat­e­chetin Vroni Peter­hans ver­gan­gene Woche ihre Schü­lerin­nen und Schüler. Sie spiel­ten gemein­sam das Spiel«Ich packe i min Ruck­sack…» und über­legten , was sie dabei­haben müssten, um diese Woche gut zu über­ste­hen. Vroni Peter­hans war über­rascht ob der clev­eren Über­legun­gen ihrer Klasse. Warme Klei­der sowie genü­gend Wass­er und Essen standen zuoberst auf der Pack­liste, dazu kamen Feuerzeug und Funkgerät. «Handy, Spielkon­sole und solche Dinge fehlten auf der Liste. Und das, obwohl man immer wieder hört, unsere Jun­gen hät­ten den Bezug zur Natur ver­loren.», erzählt Vroni Peter­hans. Die Kat­e­chetin und Bäuerin aus Kün­ten ist Vizepräsi­dentin des Vere­ins oeku Kirche und Umwelt. In ihrem Unter­richt bekommt die Schöp­fungszeit jedes Jahr genü­gend Platz und dabei stellt sie fest: «Kinder sind für ökol­o­gis­che Fra­gen sehr offen, Natur und Umwelt inter­essieren sie. Ich spüre, dass die Jun­gen sen­si­bel sind für die Anliegen des Umweltschutzes und der Bewahrung der Schöp­fung.»Mit­glieder sind das Rück­grat Der Bewahrung der Schöp­fung wid­met sich der Vere­in oeku Kirche und Umwelt seit fast dreis­sig Jahren. Im Jahr 1986 gegrün­det, zählt der Vere­in heute rund 600 Mit­glieder. Davon sind etwa 200 Kollek­tiv- und 400 Einzelmit­glieder. Mit­glied wer­den kön­nen Kirchge­mein­den, kirch­liche Organ­i­sa­tio­nen und Einzelper­so­n­en. Sie sind das Rück­grat der Organ­i­sa­tion: sie set­zen die The­men, machen mit bei den Aktio­nen und tra­gen die oeku ideell und finanziell. Die oeku ist von der Schweiz­er Bischof­skon­ferenz (SBK) und dem Schweiz­erischen Evan­ge­lis­chen Kirchen­bund (SEK) als Beratung­sor­gan für ökol­o­gis­che Fra­gen anerkan­nt. Der öku­menis­che Vere­in wird von einem ehre­namtlichen Vor­stand geführt und ver­fügt über eine eigene Arbeitsstelle in Bern. Die Arbeit der oeku wird durch ver­schieden Ein­nah­men ermöglicht: Mit­glieder­beiträge, Beiträge von Kan­ton­alkirchen und der Römisch-katholis­chen Zen­tralkon­ferenz RKZ und dem Fas­tenopfer, Spenden, Kollek­ten. Dazu kom­men ver­schiedene pro­jek­t­be­zo­gene Beiträge von Bund, Kan­to­nen und einzel­nen Kan­ton­alkirchen.Einen Monat für die Schöp­fung Seit 1993 erar­beit­et die oeku Mate­ri­alien zum Feiern der Schöp­fungsZeit in den Kirchge­mein­den und Pfar­reien. Die Schöp­fungsZeit begin­nt am 1. Sep­tem­ber, der bei den ortho­dox­en Kirchen als Tag der Schöp­fung gilt. In der katholis­chen Kirche hat Papst Franziskus erst kür­zlich dazu aufgerufen, den 1. Sep­tem­ber als Welt­ge­bet­stag für die Bewahrung der Schöp­fung zu bege­hen. Am 4. Okto­ber, dem Gedenk­tag des Franz von Assisi und Welt­tiertag, endet die Schöp­fungsZeit. Der Monat schliesst damit den Bet­tag und das Erntedank­fest mit ein. Oeku Kirche und Umwelt ruft alljährlich zum Feiern der Schöp­fungsZeit auf und stellt dazu ein aktuelles The­ma in den Mit­telpunkt. Der Vere­in gibt dazu Texte und Hand­lungsim­pulse für Gottes­di­en­ste und den kirch­lichen Unter­richt her­aus. In den Jahren 2011 bis 2015 standen die ver­schiede­nen Leben­sräume im Fokus. Auch Hor­i­zonte berichtete in den ver­gan­genen Jahren über die schützenswerten Beson­der­heit­en von Wald, Kul­tur­land, Wass­er, Sied­lungsraum und Bergen. Dieses Jahr endet die Leben­sraum-Rei­he mit dem The­ma Berge.Kluft zwis­chen The­o­rie und Prax­is Eine Bilanz zu ziehen, wie die Bemühun­gen der oeku bei den Pfar­reien ankom­men, ist nicht ein­fach. Vizepräsi­dentin Vroni Peter­hans erk­lärt: «Weil wir von der oeku keine Umfra­gen machen, ist es schwierig abzuschätzen, welche Bedürfnisse die Pfar­reien in Bezug auf die Schöp­fungsZeit-Unter­la­gen haben. Unsere oeku-Arbeitsstelle in Bern hat zwar Ken­nt­nis von den Anlässen, die im Zusam­men­hang mit der Schöp­fungszeit stat­tfind­en – jedoch nur von den­jeni­gen, deren Ver­anstal­ter sich bei der oeku melden.» Einen Anhalt­spunkt, wie die Schöp­fungsZeit ankommt, bieten allen­falls die Teil­nehmerzahlen an Gottes­di­en­sten und anderen Anlässen zum The­ma. Dazu sagt Vroni Peter­hans: «Rein the­o­retisch sind die Leute gut ansprech­bar und find­en es gut, dass oeku oder Frauen­bund Anlässe zum The­ma Ökolo­gie organ­isieren. Geht es aber darum, an diesen Anlässen teilzunehmen, kom­men nur wenige. Dieses Ver­hal­ten stelle ich lei­der bei vie­len ökol­o­gis­chen The­men fest.»«Ganz ein­fach, weil das unser Auf­trag ist» Bei ihrer Arbeit als Kat­e­chetin und Vor­standsmit­glied des Schweiz­erischen Katholis­chen Frauen­bunds erhält sie zwar immer wieder sehr pos­i­tive Reak­tio­nen auf Kur­sauss­chrei­bun­gen zu Umwelt­the­men: «Irgend­wie scheinen solche The­men doch einen Nerv zu tre­f­fen». Auf die Teil­nehmerin­nen­zahl wirke sich das dann aber meist doch nicht aus. So auch bei einem Weit­er­bil­dungskurs für Kat­e­chetinnen und Kat­e­cheten, den Vroni Peter­hans zusam­men mit dem Präsi­dent der oeku, Stephan Degen-Ballmer, anbot. Der Kurs hätte eine Ein­führung in die Schöp­fungsZeit 2015 wer­den sollen, kon­nte aber trotz gross­er Res­o­nanz wegen zu weniger Anmel­dun­gen nicht stat­tfind­en. «Eigentlich hat­ten wir bewusst ein Ange­bot für Kat­e­chetinnen gewählt, weil ich aus Erfahrung weiss, wie offen Kinder für Umweltan­liegen sind.» Dabei liege das The­ma Bewahrung der Schöp­fung im Moment in der Luft , find­et Vroni Peter­hans. «Mit der Papst-Enzyk­li­ka «Lauda­to si» im Juni und der Kli­makon­ferenz im Dezem­ber wäre jet­zt der Zeit­punkt gekom­men, dem The­ma mehr Schub zu geben.» Sie hätte sich speziell dieses Jahr mehr Res­o­nanz gewün­scht. «Aber man hat manch­mal auch die Auf­gabe zu sen­si­bil­isieren, wenn der Erfolg nicht sicht­bar oder mess­bar ist», fügt Vroni Peter­hans an. «Ganz ein­fach, weil die Bewahrung der Schöp­fung unser christlich­er Auf­trag ist. Wir von der oeku und die Seel­sor­gen­den in den Pfar­reien müssen von diesem Auf­trag überzeugt sein.»Eine Liste mit Pos­i­tiv-Beispie­len Es gibt aber dur­chaus Beispiele, die zeigen, dass die Bemühun­gen der oeku Wirkung zeigen und viele Kirchge­mein­den zunehmend Gewicht auf Energies­paren oder die Erhal­tung der Arten­vielfalt leg­en. Auf der Web­seite der oeku find­et sich eine Liste, die pos­i­tive Beispiele aufzählt. Aar­gauer Beispiele aus dieser Rubrik «Good Prac­tice» sind die Ein­rich­tung eines Öko­fonds durch die Römisch-Katholis­che Lan­deskirche des Kan­tons Aar­gau zur Unter­stützung von Energies­parbe­mühun­gen in den Kirchge­mein­den. Rund 50% der Unter­stützungs­gelder in der Höhe von 1 Mio. Franken sind für indi­rek­te Mass­nah­men wie vorgängige und baube­glei­t­ende Energieber­atung vorge­se­hen. Die andere Hälfte soll für direk­te Mass­nah­men zur Reduk­tion des Energie­ver­brauchs und zur Förderung von erneuer­bar­er Energie in kirch­lichen Gebäu­den gesprochen wer­den. Weit­er haben sich einige Kirchge­mein­den vorgenom­men, mit ein­fachen Mass­nah­men Energie zu sparen. So beträgt zum Beispiel die Betrieb­stem­per­atur in der katholis­chen Kirche in Schö­nen­werd nur noch 15 Grad. Warm geben soll den Gottes­di­en­st­be­such­ern eine leb­hafte und bewe­gende Predigt, so ein scherzhafter Kom­men­tar. Die reformierte Kirchge­meinde Man­dach verzichtet bewusst auf die Beleuch­tung ihres Kirch­turms. Und die katholis­che Stadtkirche und die Sebas­tian­skapelle in Baden wer­den auss­chliesslich von Energies­par­lam­p­en beleuchtet. Das Ergeb­nis: Für die bei­den Kirchen müssen für die Beleuch­tung ins­ge­samt 15 500 Watt weniger aufgewen­det wer­den. Die reformierte Kirchge­meinde Rup­per­swil ren­ovierte ihr Kirchge­mein­dezen­trum und erset­zte die Öl-Heizung durch eine kleinere Holzpel­let-Heizung und eine verbesserte Heizungss­teuerung. Die Energiebuch­hal­tung des Sigrists zeigt, dass die Kirchge­meinde vor der Sanierung rund 15 000 Liter Öl pro Jahr zum Heizen der Kirche und des Kirchge­mein­de­haus­es bezog, für die neue Pel­letheizung dage­gen nur noch 20 000 Kilo Holzpel­lets (entspricht ca. 10 000 Litern Öl) benötigt.Im Inter­view erk­lärt der Präsi­dent des Vere­ins oeku Kirche und Umwelt, Stephan Degen-Ballmer, was der «Grüene Güggel» ist, warum die näch­ste Schöp­fungsZeit uns via Ohren erre­icht und wie der Papst die oeku indi­rekt unter­stützt.Herr Degen-Ballmer, welchen Stel­len­wert hat die Schöp­fungsZeit inner­halb der Arbeit des Vere­ins oeku Kirche und Umwelt? Stephan Degen-Ballmer: Die Schöp­fungsZeit ist das wichtig­ste Stand­bein der oeku. Für die Vor­bere­itung bilden wir jedes Jahr eine Arbeits­gruppe aus eini­gen Vor­standsmit­gliedern. Die Arbeits­gruppe erstellt das Mag­a­zin mit Artikeln zum The­ma der Schöp­fungsZeit sowie die Arbeits­doku­men­ta­tion mit Anre­gun­gen für Unter­richt und Gottes­di­en­ste.Wie ist die Res­o­nanz aus den Kirchge­mein­den auf die Unter­la­gen der oeku? Wir bekom­men prak­tisch keine Rück­mel­dun­gen dazu aus den Pfar­reien, wed­er pos­i­tive noch neg­a­tive. Was wir meis­tens erfahren, ist, wenn in ein­er Pfar­rei ein Anlass zur Schöp­fungsZeit stat­tfind­et, sei es ein Gottes­di­enst oder eine Ver­anstal­tung im Zusam­men­hang mit dem aktuellen The­ma.Wie gut sind denn die Anlässe besucht, die in der Romandie und in der Deutschschweiz während der Schöp­fungszeit stat­tfind­en? Im Kan­ton St. Gallen zum Beispiel organ­isiert die Kom­mis­sion zur Bewahrung der Schöp­fung jedes Jahr eine Auf­tak­tver­anstal­tung zum Beginn der Schöp­fungsZeit. Dort sind jew­eils gegen 50  Teil­nehmerin­nen und Teil­nehmer zu verze­ich­nen. Die vie­len Besuch­er kom­men, weil die Ver­anstal­tung sorgfältig organ­isiert ist und seit Jahren kon­stant stat­tfind­et. Der Erfolg solch­er Anlässe ste­ht und fällt mit den Men­schen vor Ort.Dieses Jahr schliesst die oeku mit dem Schöp­fungsZeit-The­ma Berge die Rei­he ab, die seit 2011 jedes Jahr einen Leben­sraum in den Fokus gerückt hat. Was erwartet uns näch­stes Jahr? Mit der Schöp­fungsZeit 2016 begin­nen wir einen neuen Zyk­lus zum Oberthe­ma «Sinne». Den Anfang machen wird der Sinn «Hören». Für die oeku hat es sich bewährt, eine mehrjährige The­men­rei­he zu real­isieren, das gibt uns in der Vor­bere­itung eine Pla­nungs­grund­lage. Und ich bin sich­er, dass es für die Pfar­reien eben­falls angenehm ist, wenn sie abschätzen kön­nen, in welche Rich­tung die jew­eils neue Schöp­fungsZeit etwa gehen kön­nte.Woran arbeit­et die oeku abge­se­hen von der Schöp­fungsZeit? Das andere Stand­bein unser­er Arbeit ist die Beratung und Begleitung der Kirchge­mein­den im Zusam­men­hang mit ökol­o­gis­chen Fra­gen. Begonnen haben wir mit den so genan­nten Sigris­tenkursen, die prak­tis­ches Wis­sen ver­mit­teln. Diese organ­isieren wir nach wie vor. Ein neuer Zweig, der uns rel­a­tiv viel Arbeit beschert, ist das Zer­ti­fikat «Grüene Güggel», ein Qual­ität­sla­bel für umwelt­be­wusste Kirchge­mein­den. Der Name des Zer­ti­fikats lehnt sich an das deutsche Vor­bild «Grün­er Gock­el» an, und die oeku prüft vor der Ver­gabe an eine Kirchge­meinde ver­schiedene Aspek­te wie Energie­ver­brauch und Umge­bungsar­beit­en. Diesen Herb­st wer­den voraus­sichtlich die ersten Kirchge­mein­den den «Grüene Güggel» bekom­men.Sind diese Kirchge­mein­den mit ihrem Anliegen auf die oeku zugekom­men? Die Kirchge­mein­den woll­ten von sich aus ein umfassendes Umwelt­man­age­ment auf­bauen. Vor diesem Hin­ter­grund ist die oeku auf die Ver­ant­wortlichen zuge­gan­gen und hat die Zer­ti­fizierung vorgeschla­gen. Unser Anliegen und Ziel mit dem «Grüene Güggel» ist, dass es eine ein­heitliche und nachvol­lziehbare Zer­ti­fizierung gibt.Auf der Arbeitsstelle der oeku arbeit­en drei Per­so­n­en mit ins­ge­samt 200 Stel­len­prozen­ten. Ist die Arbeitsstelle aus­ge­lastet? Ja, auf jeden Fall. Je bess­er wir ver­net­zt sind, desto mehr Arbeit kommt auf die Arbeitsstelle zu. Sie funk­tion­iert als eine Art Drehscheibe, die Kirchge­mein­den bei ökol­o­gis­chen Fra­gen unter­stützt oder – zum Beispiel für finanzielle Unter­stützung – an die ver­schiede­nen Öko­fonds der Lan­deskirchen weit­er­ver­weist. Die Öko­fonds wur­den eigens geschaf­fen, um ökol­o­gis­che Verbesserun­gen in Kirchge­mein­den zu finanzieren. Die oeku sel­ber unter­stützt Kirchge­mein­den nicht finanziell.Was gibt es zur Umweltar­beit der Kirchen son­st noch zu sagen? Das The­ma ist sehr aktuell. Es unter­stützt uns in unser­er Arbeit, dass Papst Franziskus diesen Juni die Enzyk­li­ka «Lauda­to si» her­aus­gegeben hat und darin mit Nach­druck zur Bewahrung der Schöp­fung aufruft. Ausser­dem würde der Papst einen Welt­ge­bet­stag für die Schöp­fung begrüssen, er soll zum Beginn der Schöp­fungszeit am 1. Sep­tem­ber stat­tfind­en. In diesem Vorhaben wer­den wir Papst Franziskus unter­stützen.www.oeku.ch 
Marie-Christine Andres Schürch
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