Aus zwei wird eins Wandern im neuen «Lichtblick»-Land
Die Pfarrblätter «Kirche heute» und «Horizonte» werden zum «Lichtblick für die Nordwestschweiz». Ich, Leonie Wollensack, «Kirche-heute»-Redaktorin, habe mich von Basel aus auf den Weg in Richtung meiner neuen Kolleginnen gemacht und dabei die Eindrücke der Wanderung mit meinen Gedanken zur neuen Publikation verbunden. © Leonie Wollensack Meine Wanderung beginnt am Basler Münster. Es ist noch früh am Morgen und ich geniesse im Licht der aufgehenden Sonne fast allein den Ausblick über den Rhein und die Stadt. Was mir direkt auffällt: Rund um das Münster sind mehrere Schüler/innen unterschiedlichen Alters aus der Schweiz und Frankreich dabei, das Gebäude auszukundschaften. Ich kann drei jugendliche Mädchen beobachten, die eine Inschrift entziffern, ein paar jüngere Kinder messen an einem Tor etwas aus. Es ist schon spannend. Obwohl die Kirche im Leben der meisten Menschen kaum noch eine Rolle spielt, ist das Münster eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Basel. Die Gebäude bleiben als Kulturgut wichtig, sie haben Bestand. Wo und wie können wir da anknüpfen? Wie können wir den Menschen entgegenkommen, ihnen einen Mehrwert bieten, damit am Ende nicht nur die steinernen Gerüste bleiben?Ich laufe los. Die Stadt ist lebendig und wuselig, in einer Strasse werden gerade Pflastersteine erneuert. Altes erhalten und mit Neuem ausbessern. Nicht alles auf einmal verändern, sondern Stein für Stein. Ein Sinnbild unserer Kirche? Einige wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Andere können es kaum erwarten, Reformen umzusetzen. Ich glaube, die Kirche ist wie diese Strasse. Wahrscheinlich wäre es schlau, viele Steine auf einmal zu ersetzen, aber es ist nicht realistisch. Der neue Stein muss auch hineinpassen in die Lücke, die der alte Stein hinterlässt.Nach einiger Zeit erreiche ich Augusta Raurica. Egal wie oft ich an diesem Ort schon war, die alten Gemäuer, diese Zeugen einer anderen Epoche beeindrucken mich. So viele Tausende Jahre stehen sie schon hier. Menschen haben vor 2000 Jahren ihren Fuss darauf gesetzt, Menschen vor 500 Jahren haben sich hier aufgehalten, genau so, wie ich heute. Wir sind mit den Menschen, die vor uns lebten, verbunden durch ihr materielles und immaterielles Erbe.Ab Kaiseraugst gibt es keine Sehenswürdigkeiten mehr auf meiner Route. Der Weg an sich rückt ins Zentrum. Was bedeutet das, «auf dem Weg sein»? Wo komme ich her? Was habe ich an Ballast dabei? Wo ist mein Ziel? Was erwartet mich dort? Bald werde ich auf Eva Meienberg und Marie-Christine Andres, meine neuen Kolleginnen und Redaktorinnen des ehemaligen «Horizonte», treffen. Wir kommen buchstäblich, aber auch im übertragenen Sinne aus verschiedenen Richtungen. Wir haben als Pfarrblätter eine Geschichte, unseren eigenen Stil, verschiedene Dinge, auf die wir ein besonderes Augenmerk legen. Beide Redaktionen haben ihren Rucksack mitgebracht mit Dingen, die auf jeden Fall mit dabei sein sollen, am Ziel, dem neuen gemeinsamen Pfarrblatt. Aber sicherlich sind im Rucksack auch eine Menge Dinge, die einfach so mitgetragen werden, «weil es eben schon immer so war». Können wir Ballast abwerfen? Und der Weg zu meinem Ziel, wie sieht der aus? Mal brennt die Sonne mir unerbittlich auf den Kopf, mal fröstelt es mich im kühlen, feuchten Dickicht, durch das der Waldweg sich schlängelt. Mal zu heiss, mal zu kalt, mal genau richtig; das kennen wir auch aus den letzten Monaten, von unserem «Vorbereitungsweg», hin zum neuen Pfarrblatt.Und dann bin ich da. Wir haben Rheinfelden als Treffpunkt ausgewählt; den Ort, an dem die Verbreitungsgebiete unserer beiden Pfarrblätter aneinandergrenzen. Das Ziel ist erreicht, meine neuen Gspänli kommen mir entgegen. Wir freuen uns. Ab hier gehen wir den Weg nicht mehr allein, nicht mehr aufeinander zu, sondern miteinander in die gleiche Richtung. Aus zwei Gruppen wird eine. Gemeinsam findet man neue Wege doppelt so schnell. Und wenn es zunächst nur der Weg zum nächsten Glace ist.
Leonie Wollensack — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — -— - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — -
«Jesus ist Siger», steht in blassblauen Grossbuchstaben auf den Holzbrettern. Jemand hat sie mit Kreide auf die Brücke geschrieben, die von Stein nach Säckingen führt. Wir überqueren den Rhein, der hier die Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland bildet, um nach Rheinfelden zu gelangen. Dort treffen wir unsere neuen Redaktionskollegin. Eine Steilvorlage ist dieses Graffiti für uns Pfarrblatt-Redaktorinnen. Der perfekte Anfang für den Bericht von unserer gemeinschaftsbildenden Wallfahrt, der in beiden Pfarrblättern erscheint und eine Brücke schlagen soll. Wie diese überdachte Holzbrücke, die schon seit Jahrhunderten die Menschen verbindet. Wir wünschen uns, dass das neue Pfarrblatt der Nordwestschweiz, das ab August die Gebiete Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und einen Teil des Kantons Solothurn umfassen wird, möglichst viele Menschen in diesem Gebiet erreicht, nicht nur postalisch, sondern auch thematisch.Die Aussage des Graffitis nehmen wir unkommentiert zur Kenntnis, obwohl es viel dazu zu sagen gäbe. Aber unser Glaube spielt in unserem Arbeitsalltag keine Rolle. Unsere Arbeit dreht sich um journalistische Fragen. Welche Themen sind relevant? Wie erzähle ich eine Geschichte so, dass sie nachvollziehbar, ausgewogen und interessant ist?Der Glaube der Menschen, über die wir berichten, spielt hingegen eine wesentliche Rolle. Er kommt manchmal als Antrieb zu grossem Engagement daher, manchmal als Hindernis, um mit Andersgläubigen im Gespräch zu sein. Manchmal hat der Glaube in die Irre geführt und manchmal heraus aus schwierigen Situationen.
© Eva Meienberg Schwierig ist für uns heute die Hochwassersituation. Der Rhein überspült an verschiedenen Stellen den Weg. Wir ziehen die Turnschuhe aus, krempeln die Hosen um und gehen barfuss weiter. Unsere Wanderung ist abenteuerlicher als gedacht, was uns beiden gefällt. Abenteuerlust tut der journalistischen Recherche gut und macht unseren Beruf interessant. Dazu fällt Marie-Christine sofort die Reise nach Rom zur Vereidigung der Schweizergardisten ein:Meine abenteuerlichste Recherche für «Horizonte» nahm ihren Anfang ganz in der Nähe unserer Wanderroute, in Wallbach. Einige Monate, nachdem ich einen jungen Mann, der in die Schweizergarde eintrat, porträtiert hatte, lud mich seine Familie ein, mit zur Vereidigung nach Rom zu reisen. Das halbe Dorf fuhr mit dem Car in die Ewige Stadt. Es folgten drei turbulente Tage in und um den Vatikan. Der junge Gardist bot seiner Gästeschar einen unvergesslichen Blick hinter die Kulissen des Vatikanstaats. Mit tausend Eindrücken, tollen Fotosujets und mehreren Dutzend Gesprächspartnern war diese Romreise meine ergiebigste Recherche. Ab und zu setzte ich mich auf eine Treppe oder an eine Bar und tippte das Erlebte und Gehörte in den Laptop. Hatte ich mal einen Durchhänger, hat mich ein Espresso gerettet.Kaffee ist eine unverzichtbare Zutat in unserem journalistischen Alltag. Wenn wir Interviewpartner/innen treffen oder in einer Pfarrei zu Besuch sind, sitzen wir fast immer bei einem Kaffee zusammen. Gemeinsam einen Kaffee zu trinken, steht sinnbildlich dafür, sich Zeit für ein gutes Gespräch zu nehmen.So kommt es gerade recht, dass in einem Camping-Park direkt am Rhein die Gastgeberin gerade das Beizli aufschliesst und die Kaffeemaschine einschaltet.Während sie unsere Becher füllt, erklärt sie im schönsten Fricktalerdialekt, dass es besser sei, nicht am Rheinufer entlangzuwandern, sondern ennet der Autobahn bergauf zu gehen.Bevor wir auf den Panoramaweg am Fuss des Chriesi- und Zeinigerbergs wechseln, entdecken wir in Mumpf auf dem Rasen neben der Kirche St. Martin ein gelbes Schild. «Privatgrundstück. Betreten verboten», steht drauf. «Hier ist Religion Privatsache», frotzeln wir und ziehen weiter. Aber das Verbotsschild macht uns auch nachdenklich. Wir lernen bei unserer Arbeit so viele Projekte der Kirche kennen, in denen sich Freiwillige um andere Menschen kümmern: Sterbebegleitung, Mittagstische, Begleitung von Asylsuchenden, Jugendarbeit, kirchliche Sozialdienste… Nimmt die Akzeptanz der Gesellschaft gegenüber religiösen Institutionen ab, driftet Religion ins Private. Das hat auch zur Folge, dass die Mittel für solche Projekte fehlen.In Zeiningen sind auch wir inmitten privater Themen: Wir sprechen über Badezimmerrennovationen, Haushaltsfinanzen, Pflege im Alter und die Ausbildung der Kinder. Es tut gut, sich auszutauschen, zu merken, dass wir ähnliche Fragen haben. Auf neue Ideen zu kommen, sich inspirieren zu lassen. Wir wünschen uns, dass uns das auch im neuen Pfarrblatt gelingt. Wir wollen die Leserinnen und Leser inspirieren, ihnen Lust auf Neues machen und zum Nachdenken anregen. Vielleicht fühlt sich die eine oder der andere nach der Lektüre weniger allein mit all den Fragen, die das Leben einem stellt.In Rheinfelden treffen wir nach vier Stunden auf unsere neue Redaktionskollegin, Leonie Wollensack. Es ist ein gutes Gefühl, gemeinsam etwas Neues zu beginnen. Zu spüren, dass alle motiviert sind und sich anstrengen, um Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, alle zwei Wochen einen Lichtblick zu schenken.
Marie-Christine Andres, Eva Meienberg