38 Stunden in Ruhe vor Gott

38 Stunden in Ruhe vor Gott

38 Stunden in Ruhe vor Gott

Kontinuierliches Gebet für ein gestilltes Herz

Rund um die Uhr beten. Diese Tra­di­tion, die seit langer Zeit in der katholis­chen Kirche existiert, erlebt seit einiger Zeit in ein­er mod­er­nen geistlichen Bewe­gung einen neuen Auf­schwung. Auch in unser­er Nähe, im badis­chen Herten, kön­nen Gläu­bige am unun­ter­broch­enen Gebet teil­haben.Men­schen aus den Regio­nen Basel-Stadt, Basel-Land­schaft und Solothurn, die sich für diese Gebet­sprax­is inter­essieren, mussten bish­er nach Zürich fahren. Seit der Adventszeit 2023 ist der Weg nun nicht mehr so weit: In Herten, auf der anderen Seite des Rheins wurde das kon­tinuier­liche Gebet, das dort bere­its seit elf Jahren prak­tiziert wird, aus­geweit­et. «Bish­er gab es jeden Dien­stag im Wech­sel 17 und 24 Stun­den am Stück stilles Gebet in unser­er Kirche», erk­lärt Gertrud Heggen­berg­er, die die Gebets­gruppe ehre­namtlich koor­diniert. Von nun an begin­nt jeden Dien­stag­mor­gen eine 38-stündi­ge «Gebets­kette», in der die Beter/innen nacheinan­der zum Gebet in die Kirche kom­men.

Kraft für den Alltag

Die Motive der Men­schen, die hier am Gebet teil­nehmen, sind ganz unter­schiedlich. Viele stossen eher zufäl­lig dazu, andere ver­brin­gen in dieser beson­deren Atmo­sphäre einen Teil ihrer Mit­tagspause, und wieder andere beten abends oder sog­ar nachts für eine Stunde. «Ich bekomme hier mein Herz gestillt», erzählt Cor­nelia Bergmann. Sie sei früher schüchtern gewe­sen und erfahre in der Anbe­tung eine innere Gemein­schaft, die sich spür­bar auf ihre Beziehun­gen mit ihren Mit­men­schen auswirke. Andere sprechen von Kraft für den All­t­ag, die ihnen die Teil­nahme am kon­tinuier­lichen Gebet spendet. «Hier klären sich viele Fra­gen, die mich im All­t­ag beschäfti­gen», erk­lärt Richard Müller aus dem Pfar­rge­mein­der­at. «Ich habe in der Anbe­tung einen Ort, wo ich meine Sor­gen loslassen und meine Freuden teilen kann.» Pfar­rer Andreas Brüs­tle berichtet von den pos­i­tiv­en Auswirkun­gen, die das Gebet auf die Gemein­demit­glieder habe: «Die Leute haben gel­ernt, offen und natür­lich über ihren Glauben zu reden und von eige­nen Erfahrun­gen zu erzählen.» Die Kirche hat die Gläu­bi­gen sein­er Mei­n­ung nach viel zu lange nur als pas­sive Kon­sumenten ange­se­hen. «Das Resul­tat: Eine geringe Sprach­fähigkeit über den eige­nen Glauben», so Brüs­tle.

Prioritäten neu setzen

Doch wie kommt es, dass Bewe­gun­gen wie diese in den let­zten Jahren wieder mehr Zulauf bekom­men haben? Die Koor­di­na­tion­s­gruppe des Pro­jek­ts sieht gle­ich mehrere Fak­toren als Grund. Zum einen strebten die Men­schen in ihrem Leben ver­mehrt eine Bal­ance aus Aktion und Kon­tem­pla­tion an. In den Beschäf­ti­gun­gen des All­t­ags brauche es einen Ruhe­p­ol, um die eigene innere Mitte nicht zu ver­lieren. Die Men­schen ord­neten ihre Pri­or­itäten neu. Auch eine wach­sende Sehn­sucht nach Orten des Friedens sei zu bemerken. Ausser­dem gebe das Gebet die Moti­va­tion und die Kraft, die prak­tis­che Seite des Glaubens zu leben. Wie sich das zeige? Durch den Dienst am Näch­sten und den eige­nen Beitrag für das Gemein­wohl.Leonie Wol­len­sack
Leonie Wollensack
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