200 Jahre Provisorium

200 Jahre Provisorium

«Ein ide­ales Bis­tum ist nicht zu gross und nicht zu klein und hat sein Zen­trum in der wichtig­sten Stadt» wird Wal­ter Müller, Sprech­er der Schweiz­er Bischof­skon­ferenz am 3. Mai 2015 in der Zen­tralschweiz am Son­ntag zitiert. Das The­ma der Neuein­teilung der Schweiz­er Bistümer geis­tert derzeit durch die Medi­en.Im März erschien ein Artikel in der Schweiz am Son­ntag: Die Schweiz­er Bischof­skon­ferenz (SBK) prüfe derzeit eine Neuein­teilung der Bistümer. Bere­its in den 1970er Jahren hat­te eine Kom­mis­sion im Auf­trag der SBK ver­schiedene Vorschläge vorgelegt. Eben­so richteten die Zürcher Katho­liken 1990 an die SBK ein Gesuch, die Errich­tung eines eige­nen Bis­tums zu prüfen. Wohlge­merkt: Mit Unter­stützung des dama­li­gen Bischofs von Chur, Johannes Von­der­ach. Erneut aufge­grif­f­en wurde dieses Anliegen 2011, bis­lang ohne konkrete Ergeb­nisse.Motion im Thur­gau Im Thur­gau gab es im Jahr 2014 eine Motion, die einen Anschluss des Thur­gau an das Bis­tum Sankt Gallen, ein neues Bis­tum Zürich oder ein neues Bis­tum Nor­dostschweiz vorschlug. Der Kirchen­rat emp­fahl die Motion zu Ablehnung. Es sei nicht Auf­gabe der Lan­deskirche, aktiv eine Verän­derung zu fordern, die erhe­blichen Ein­fluss auf das Ver­hält­nis der Kirche zu den Kan­to­nen habe. Detlef Kiss­ner, lei­t­en­der Redak­tor des Pfar­reiblatts der Bis­tum­skan­tone Thur­gau und Schaffhausen, meint dazu: «Ich habe den Ein­druck, dass viele im Thur­gau und Schaffhausen offen einem Bis­tum­swech­sel gegenüber­ste­hen, es aber nicht als ihr Auf­gabe anse­hen, die Ini­tia­tive dafür dazu ergreifen.» Die Syn­ode fol­gte der Empfehlung des Kirchen­rates und lehnte die Motion ab.Zwei Fra­gen Den­noch: Die Frage ste­ht im Raum. Die SBK bestätigt, dass sie sich mit dem The­ma beschäftigt. Den Bis­chöfen sei bewusst, dass die derzeit­ige, 200 Jahre alte und ursprünglich pro­vi­sorische Aufteilung, ein Ungle­ichgewicht aufweise. «Es geht konkret um zwei Fra­gen», erk­lärt Wern­er Müller auf Anfrage. «Ein­er­seits ste­ht die Anfrage aus Zürich im Raum. Ander­er­seits wird geprüft, ob Genf als eigenes Bis­tum errichtet wird. Bischof Charles Morerod führt dazu derzeit Kon­sul­ta­tio­nen durch. Auch, weil der derzeit­ige Wei­h­bischof bald die Alters­gren­ze erre­icht. Es ste­hen klar pas­torale Über­legun­gen im Vorder­grund. Auch, wenn eine Errich­tung struk­turelle und finanzielle Rück­wirkun­gen mit sich brin­gen wür­den.» Noch nicht entsch­ieden sei derzeit, ob es beim Studi­um der zwei Einzel­pro­jek­te bleibt, oder ob eine schweizweite Neuein­teilung der Bistümer näher geprüft wer­den soll.Bischof Felix ist zufrieden Und das Bis­tum Basel? Zumin­d­est der Artikel in der Schweiz am Son­ntag, der sich auf alte Pläne von 1986 bezieht, weist unter Anderem ein Bis­tum Luzern aus, das Bis­tum Basel würde dem­nach nicht nur im Osten ter­ri­to­r­i­al klein­er. Tobias Fontein, Bis­tum­sre­gion­alver­ant­wortlich­er der Region Sankt Urs, zeigte sich über­rascht über den entsprechen­den Artikel: «Mein Ken­nt­nis­stand ist, dass eine Neufestle­gung von Bis­tums­gren­zen im Bis­tum Basel über­haupt kein The­ma ist.» Und Bischof Felix stellt in ein­er Medi­en­mit­teilung klar, er sei mit dem Bis­tum Basel, wie es ist, zufrieden.Über­schaubares Bis­tum Den­noch: Das Bis­tum Basel ist gross, erstreckt sich über zehn Kan­tone. Wäre es nicht prak­tis­ch­er, wenn es über­schaubar­er wäre? Der Kom­mu­nika­tionsver­ant­wortliche des Bis­tums Basel, Han­srue­di Huber, sagt dazu: «Das Bis­tum Basel ist sehr über­schaubar. In anderen Län­dern sind die Bistümer viel gröss­er. Der Vorteil eines grossen Bis­tums ist der Aus­tausch zwis­chen den einzel­nen Regio­nen. Ausser­dem funk­tion­iert die Zusam­me­nar­beit mit den staatskirchen­rechtlichen Kör­per­schaften gut, es gibt also grund­sät­zlich keinen Anlass, die Bis­tums­grösse zu verän­dern.»Struk­turen sind reformbedürftig Auch im Aar­gau ist die Frage nach ein­er Neuregelung kein The­ma. «Wir fordern das nicht proak­tiv. Auch, weil wir son­st unser­er Mitbes­tim­mungsrechte ver­lustig gehen kön­nten. Prak­tis­ch­er wäre ein kleineres Bis­tum bes­timmt, denn die Struk­turen sind auf die heutige Zeit umge­set­zt dur­chaus reformbedürftig. Unab­hängig davon, welche Gren­zen wo gezo­gen wür­den, müsste mitangedacht wer­den, welche diöze­sa­nen Dien­ste in welchen neuen Bistümern zwin­gend ver­ankert wer­den müssten», gibt Luc Hum­bel, Kirchen­rat­spräsi­dent der Lan­deskirche Aar­gau, zu bedenken.Mitbes­tim­mung erhal­ten Die Frage nach der Mitbes­tim­mung wird durch­weg als wichtiger Punkt genan­nt. Wür­den die Gren­zen eines Bis­tums verän­dert, müssten die Konko­r­date, also die Verträge zwis­chen der Kirche und den einzel­nen Kan­to­nen, aufgelöst wer­den. Das berührt in den Bistümern Basel und Sankt Gallen die Bischof­swahl, und darüber hin­aus die Mitbes­tim­mung auf allen Ebe­nen und damit einen zen­tralen Punkt der Katholis­chen Kirche Schweiz. Es ist fraglich, ob diese Mitbes­tim­mung im Fall der Fälle erhal­ten wer­den kön­nte.
Anne Burgmer
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