Zwischen Bewahrung der Tradition und Öffnung nach aussen
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Zwischen Bewahrung der Tradition und Öffnung nach aussen

Zwischen Bewahrung der Tradition und Öffnung nach aussen

50 Jahre Verein der Freunde des Klosters Mariastein

1974 aus den Bemühun­gen um die staat­srechtliche Wieder­her­stel­lung des Klosters Mari­astein her­vorge­gan­gen, leis­tet der Vere­in sei­ther einen wichti­gen Beitrag zur Unter­stützung des Klosters in den ver­schieden­sten Bere­ichen. Glenn Steiger, seit 2020 Präsi­dent des Vere­ins, ste­ht Frage und Antwort zu den Auf­gaben des Vere­ins, der Moti­va­tion der Mit­glieder und zur Rolle von Klöstern in unser­er Gesellschaft all­ge­mein.Was sieht der Vere­in als seine Auf­gaben an?Glenn Steiger: Die Haup­tauf­gabe ist die Finanzierung von Pro­jek­ten im und rund um das Kloster, also beispiel­sweise Sanierun­gen. Ins­ge­samt, sprich, seit der Grün­dung, waren das über 3 Mil­lio­nen Franken, die der Vere­in beiges­teuert hat. Im Schnitt sind das 60 000 Franken pro Jahr, momen­tan sind es rund 120 000 im Jahr. Auch die Zeitschrift, früher «Mari­astein» heute «Zeit Schrift Mari­astein», ist ein wichtiges Pro­jekt, das mass­ge­blich vom Vere­in mit­fi­nanziert wird. Sie stellt eine Art Vere­in­spub­lika­tion­sor­gan dar und ist gle­ichzeit­ig das Sprachrohr des Klosters. Für die Zukun­ft ist angedacht, dass ein Teil der Öffentlichkeit­san­lässe, die bere­its existieren, vom Vere­in im Patronat über­nom­men wird. Dabei sollen Ver­anstal­tun­gen, die bish­er ein­ma­lig stattge­fun­den haben, wie beispiel­sweise der Tag der Jugend, wiederkehrend einge­führt wer­den.Intern kön­nen wir bei Diskus­sio­nen Denkanstösse von «vor den Kloster­mauern» ein­brin­gen, beispiel­weise bei der Entschei­dungs­find­ung, wie man an Pro­jek­ten arbeit­en und Dinge vor­wärts­brin­gen kön­nte. In solchen Sit­u­a­tio­nen tra­gen wir einen frischen Blick hinein. Und wie gesagt hoffe ich, dass wir das Kloster in Zukun­ft bei eini­gen Auf­gaben ent­las­ten kön­nen. Wir haben unter den Mit­gliedern viele Men­schen mit Fach­wis­sen in bes­timmten Bere­ichen, die sich frei­willig ein­brin­gen. Im Vor­stand haben wir zum Beispiel einen Architek­ten, der in der Infra­struk­tur­gruppe mitar­beit­et oder His­torik­er, die in der Redak­tion der Zeitschrift oder am Buch über den Vere­in arbeit­en.Der Vere­in ist für Men­schen aller Kon­fes­sio­nen offen. Wer engagiert sich bei Ihnen? Die Mit­glieder sind mehrheitlich katholisch, viele stam­men aus dem Kan­ton Solothurn und der Region Basel. Einige Men­schen hier haben noch immer eine starke Bindung zu Mari­astein, denn es war und ist ein Ort, an dem die Men­schen aus der Region ein­mal im Jahr zusam­menkom­men, es ist ein Anker für den Zusam­men­halt des Kan­tons, auch im tra­di­tionellen Sinne. Neben den katholis­chen gibt auch einige reformierte Mit­glieder. Was alle gemein­sam haben: Sie fühlen sich dem Ort auf irgen­deine Art ver­bun­den. Was ist die Moti­va­tion Ihrer Mit­glieder, sich für das Kloster einzuset­zen?Ich denke, das ist sehr divers. Einige sind regelmäs­sige Kirchgänger, die das Kloster erhal­ten wollen und denen es wichtig ist, dazu ihren Beitrag zu leis­ten. Dann gibt es Men­schen von weit­er weg, die sich darüber freuen, mit Infor­ma­tio­nen über das Kloster ver­sorgt zu wer­den. Darunter sind auch ältere Men­schen, denen es vielle­icht nicht mehr möglich ist, selb­st zum Kloster zu kom­men. Und es sind Leute dabei, die sich all­ge­mein lokal engagieren.Wie sind Sie selb­st denn dazu gekom­men und was bedeutet Ihr Engage­ment für das Kloster Mari­astein per­sön­lich für Sie?Ich hat­te irgend­wann ange­fan­gen, mich poli­tisch zu engagieren und dadurch bin ich zu meinem Engage­ment für Mari­astein gekom­men. Bei einem Podi­um in der öku­menis­chen Kirche in Flüh kam Mar­i­ano Tschuor, Pro­jek­tleit­er des Pro­jek­ts «Mari­astein 2025», auf mich zu, wir tauscht­en uns ein wenig aus und blieben in lock­erem Kon­takt, der dann mit der Zeit immer enger wurde. Auch einige der anderen Mit­glieder sind gesellschaftlich sehr engagiert und waren präsent, sodass ich sie vom Sehen kan­nte. Ausser­dem kenne ich einige der Mönche per­sön­lich, da ich in Bät­twil aufgewach­sen bin.Warum ich mich engagiere: Ich finde, Mari­astein ist ein wichtiger Ort für meine Heimat. Ich mag ihn sehr und ich mag auch die Mönche per­sön­lich, also da gibt es diese men­schliche Ebene. Ausser­dem finde ich es auch span­nend, in das Kloster­leben einzu­tauchen. Ich meine, wer kann schon diese Erfahrung machen und, wenn auch par­tiell, am Kloster­leben teil­haben? Das ist sehr beein­druck­end.Auch der Blick in die Zukun­ft des Klosters ist ein Grund, warum ich mich engagiere. Man darf die Augen nicht ver­schliessen vor dem, was da auf uns zukommt und denken: «Das wird sich schon alles richt­en» und in 20 Jahren ste­ht man da und es ist kein Geld mehr da, es ist nie­mand mehr hier. Und der Let­zte schliesst die Tür? Es ist ein­fach so, dass immer weniger Men­schen hier­herkom­men, vor allem immer weniger junge Men­schen. Und vor diesem Hin­ter­grund den Ort Mari­astein zu bewahren, darum geht es mir.Mit welchen Aktiv­itäten gewin­nen Sie neue Mit­glieder?Wir möcht­en die Men­schen ideell abholen und ihnen Pro­gramm bieten. Bei der let­zten Gen­er­alver­samm­lung haben wir mit den Teil­nehmenden eine Tour durch den Kloster­garten gemacht. Nach ein­er anderen Ver­samm­lung sind wir gemein­sam in die Kloster­bib­lio­thek gegan­gen. Ausser­dem möcht­en wir zeigen, dass unsere Mit­glieder ein Mit­spracherecht haben, dass sie sich inner­halb des Vere­ins demokratisch äussern kön­nen. Sie kön­nen sagen: «Wir find­en, das Geld sollte man für diesen und nicht für jenen Zweck ver­wen­den» oder fra­gen: «Warum habt ihr dieses oder jenes nicht finanziert?» Das ist eine wertvolle Möglichkeit der Mit­sprache, die es in Klöstern son­st nicht gibt. Unser Ziel ist es, die Mit­glieder­ba­sis zu erhal­ten oder vielle­icht sog­ar auszubauen, um dann ver­mit­teln zu kön­nen: Dafür ste­ht Mari­astein.Was macht Klöster aus? Braucht es Klöster noch in der heuti­gen Zeit? Hier gibt es eine Menge Ange­bote wie Schweige­sem­inare, Kurse zu bib­lis­chen The­men und so weit­er. Mari­astein ist darüber hin­aus ein wichtiger Wall­fahrts- und Pil­gerort. Hier kön­nen Men­schen erfahren: Der Glaube kann einen grossen Halt geben, er kann Men­schen Ori­en­tierung geben. Ich habe den Ein­druck, das ist etwas, was den Men­schen heute oft fehlt. Hier kann ich gebor­gen sein und werde aufge­fan­gen in schwieri­gen Lebenssi­t­u­a­tio­nen. Auch das fehlt vie­len Men­schen. Diese The­men sind sehr aktuell und sie wer­den auch nicht an Rel­e­vanz ver­lieren. Solange es Men­schen gibt, wird es Fra­gen nach Halt, nach Gege­nen­twür­fen, nach Ori­en­tierung, nach Werten, nach Glauben geben.Was muss sich verän­dern, damit das Kloster Mari­astein oder Klöster all­ge­mein erhal­ten bleiben kön­nen?Wenn es da ein Paten­trezept gäbe und wir es ken­nen wür­den, dann wür­den wir es machen.Ich glaube, die Tra­di­tion aufzugeben, kann nicht der Weg sein. Mari­astein ist ein christlich­er Ort. Es ist ein katholis­ch­er Ort. Hier sind die Benedik­tin­er zuhause. Sobald man das been­det, verän­dert man die DNA, die ganze Struk­tur dieses Ortes. Ich glaube, was helfen kann, ist mehr zu ver­mit­teln zwis­chen dieser Tra­di­tion und den Men­schen und ihrer Lebenswelt. Man sollte ver­suchen, sich in die Men­schen hineinzu­ver­set­zen und sich bewusst zu wer­den, dass die meis­ten nicht viel an «Wis­sen» über die Tra­di­tion und das Kloster­leben haben. Wenn Men­schen nicht wis­sen, wie sie sich ver­hal­ten sollen, sollte man sie nicht ablehnen, son­dern aufk­lären. Da muss man auf Messers Schnei­de gehen zwis­chen «Tra­di­tion bewahren» und «sich den Men­schen öff­nen und sie ansprechen». Ausser­dem kön­nte man noch mehr den kul­turellen, his­torischen, geschichtlichen Hin­ter­grund und den Wert und die Wichtigkeit des Ortes für die ganze Region in den Vorder­grund stellen und das auch ver­mit­teln und öffentlich kom­mu­nizieren.Das Inter­view führte Leonie Wol­len­sack
Leonie Wollensack
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